Feuerjäger: Sammelband. Susanne Pavlovic

Feuerjäger: Sammelband - Susanne Pavlovic


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Leuten zurückkehren. Es war richtig, auch wenn es sich nicht richtig anfühlte.

      Gegen Mittag kam sie aus dem Wald ins freie Feld. Sie trieb den Schwarzen zum Galopp und jagte in die Ebene hinein, und der Wind peitschte ihr ins Gesicht und trocknete ihre Tränen. Der Schmerz würde vergehen, irgendwann. Sie musste nur die Zähne zusammenbeißen und durchhalten, und dann wäre alles wieder wie früher.

      Sie hatte nicht erwartet, innerhalb der nächsten drei Tage auf ihre Leute zu treffen, doch sie mussten ihr entgegen gefahren sein. Es war noch nicht ganz Abend, sie folgte der Straße durch welliges Grasland, als sie plötzlich spürte, wie ein Ruck durch den Schwarzen ging. Seine Muskeln strafften sich, bis das ganze Pferd unter ihr zu vibrieren schien. Er hob den Kopf, die Ohren gespitzt, und gleich darauf gab er ein trompetengleiches Wiehern von sich, das aus einiger Entfernung vielstimmig beantwortet wurde. Sie ließ ihn in Galopp fallen und zügelte ihn hart, um nicht die Kontrolle zu verlieren, denn er drängte nun ungestüm vorwärts, seinen Stuten entgegen, die er gewittert hatte. Sie überquerten den Hügelkamm, und vor sich sah Lianna das Wagendorf liegen, klein und bunt wie Spielzeug in der weiten Ebene, und verstreut umher die Herden: die Stuten mit ihren halbjährigen Fohlen, die Gruppe der halbwüchsigen Jährlinge, die schweren Zugpferde, ihre Felle leuchteten rot und braun in der tief stehenden Sonne. Es wirkte alles vertraut und sah aus wie immer, und doch erschien es ihr fremd. Sie atmete tief die klare Abendluft und zügelte den Schwarzen erneut. Sie wollte ihre Ankunft noch einen Moment hinausschieben, Klarheit gewinnen, ruhiger werden, doch der Schwarze schüttelte wild den Kopf, vollführte eine Reihe kleiner Bocksprünge und wieherte erneut, sodass die Köpfe aller grasender Pferde in die Höhe schnellten.

      Damit war ihre Ankunft öffentlich. Ein Hirte erkannte sie und rannte in vollem Tempo hinüber ins Wagendorf.

      »Die Prinzessin ist zurück!«, hörte sie ihn schreien. »Sie ist zurück!«

      Die Entscheidung war ihr abgenommen. Sie ließ sich von dem Schwarzen hinunter ins Dorf tragen, wo die Menschen zusammenströmten, um sie zu begrüßen. Auf dem Platz in der Mitte hielt sie den Schwarzen an. Plötzlich verspürte sie tiefe Erschöpfung.

      »Ja«, sagte sie. »Ich bin zurück.«

      3: SCHUTT UND ASCHE

      »Alle gütigen Götter«, sagte Nardon Haltir. »Wie konnte das nur passieren?«

      Nichts als ein riesiger, rauchender Trümmerhaufen war vom Wohnhaus der Priester übrig. Es war ein lang gestreckter, zuverlässiger Steinbau gewesen, mit dunklem Schiefer gedeckt, umgeben von Werkstätten und einem liebevoll gepflegten Garten. Nun war die Fläche schwarz verkohlt, und dünne Rauchfäden stiegen noch immer von ihr auf. Beißender Gestank lag über der Ruine und erschwerte Nardon das Atmen. Mit dem Ärmel wischte er sich Schweißperlen von der Stirn; die geborstenen Steine kühlten nur sehr langsam aus. Er ließ den Blick wandern. Das Zerstörungswerk war vollständig. Obwohl die Zwerge sich bemühten, war wohl aus diesen Trümmern nichts Brauchbares mehr zu bergen.

      »Ich habe genug gesehen«, sagte er zu dem rotbärtigen Priester, der ihn begleitete. »Nun möchte ich gerne erfahren, warum Ihr mich habt rufen lassen. Es sieht nicht aus, als wäre hier viel zu retten.«

      »Ich bringe Euch zu unserem Abt«, sagte der Priester. »Er wird Euch den gesamten Sachverhalt schildern.«

      Nardon nickte und war erleichtert, sich von dem beißenden Rauch und der Hitze entfernen zu können. Asche und Kohle knirschten unter seinen Stiefeln, als er dem Priester über eine kleine Anhöhe folgte. Einst hatte hier ein sauberer Kiesweg zwischen Obstbäumen hinunter zum Heiligtum geführt. Nardon senkte den Blick auf seine Stiefelspitzen, um dem traurigen Anblick der verkohlten Baumgerippe zu entgehen.

      Es war unbegreiflich. Die Nachricht, die ihn in Westspitze erreicht hatte, es habe gebrannt und seine Gegenwart sei gewünscht, hatte ihn nicht im Mindesten auf dieses Maß der Zerstörung vorbereitet. Zwerge bauten mit Stein, sie deckten mit Ziegeln oder Schiefer, und sie mauerten ihre Wände. Niemals hatte er ein Zwergenhaus so brennen sehen. Er hatte mit einigen ausgebrannten Räumen gerechnet und mit einem Haufen aufgeregter Zwergenpriester, die ihre gerettete Habe hüteten.

      Doch hier war nichts zu retten gewesen, und es hatte sogar zwei Tote gegeben.

      Er warf einen Blick zurück. Die vertraute Linie der nahen Berge gegen den blauen Himmel, der Waldrand und das satte, fruchtbare Braun der umgepflügten Felder, über denen ein Mäusebussard seine Kreise zog. Davor, wie ein hässlicher Fremdkörper aus einer anderen Wirklichkeit, der riesige schwarze Fleck, der das Wohnhaus gewesen war. Er sah es, aber ein Teil von ihm konnte es immer noch nicht glauben.

      »Das Heiligtum blieb verschont, Gròr sei Dank«, sagte der Priester und zeigte nach vorne. Da lag der flache, steinerne Kuppelbau, unberührt, als sei nichts geschehen, überschattet von den ausladenden Zweigen der alten Linde. Die Tür stand offen. Als sie sich näherten, erschien ein junger Zwerg im Türrahmen und winkte sie eilig ins Innere.

      Nardon beugte den Kopf und führte die Hand zur Stirn, wie man es tat, wenn man geheiligten Boden betrat. Der Raum war angefüllt mit Stimmen und Schritten, viel zu laut, viel zu betriebsam. Er hob den Blick.

      Die Priester hatten das Heiligtum zur Zuflucht umfunktioniert. Decken waren auf dem Boden ausgebreitet, wo Zwerge offenbar genächtigt hatten. Schalen mit Brot und Äpfeln und Krüge mit Wasser standen auf den Bänken bereit, die sonst der Andacht dienten. Nardon sah einige Menschen sich zwischen den Zwergen bewegen, und als er den Hauptgang hinunterging, stolperte er über ein weißes Huhn, das beleidigt gackernd das Weite suchte.

      »Das sind unsere menschlichen Nachbarn aus Wildenau«, erklärte der junge rotbärtige Priester, der Nardon begleitete. »Sie kamen noch in der Nacht, als es brannte, und halfen beim Löschen. Seither haben sie uns mit dem Nötigsten versorgt.«

      »Es geht doch nichts über eine gute Nachbarschaft.« Nardon bemühte sich um ein Lächeln.

      »Ja«, sagte der junge Priester, »wenngleich niemand uns über die eigentlichen Verluste hinweg trösten kann.«

      »Heldur und Aki.«

      »Wir kamen nicht mehr zu ihnen durch.« Die Stimme des jungen Priesters zitterte. »Aki lag im Krankenzimmer, er hatte ein Bein gebrochen, und Heldur wollte ihn ins Freie bringen. Sie wurden vom Feuer eingeschlossen. Wir hörten sie schreien, aber wir konnten nichts tun … das Feuer war überall …« Er wandte sich ab und wischte sich mit dem Ärmel seiner schmutzigen Robe übers Gesicht. Nardon blieb stumm. Er fühlte sich elend. Er war ein Wissenschaftler, kein Mann des Glaubens, er hatte sich nie dazu durchringen können, das Gelübde abzulegen. Dennoch hatte er viele Jahre in der Gemeinschaft der Priester zugebracht, hatte hier den Grundstein zu seiner wissenschaftlichen Karriere gelegt. Er dachte an die Bibliothek, in der er ungezählte Stunden verbracht hatte, die langen Regale aus dunklem Holz, die schrägen Lichtstrahlen, die durch die Fenster fielen, wenn die Sonne abends tief stand, die Stille. Der Geruch von Papier und Tinte, der den schweren Folianten entstieg, wenn er sie aufschlug. Die Erregung, die ihn oft bis tief in die Nacht gepackt gehalten hatte, wenn er einer neuen Erkenntnis auf der Spur war. Alles vorbei, alles verloren. Verbrannt, all das unschätzbar wertvolle Wissen, von dem er sich nur Bruchteile hatte aneignen können, vom Feuer gefressen die Bücher, zu Asche zerfallen die einzigartige Sammlung von Schriftrollen. Hilflose Wut packte ihn. Wie hatte das nur passieren können.

      »Nardon«, sagte jemand hinter ihm. Er drehte sich um, bemerkte erst in der Bewegung, dass er die Fäuste geballt hatte.

      »Grani!« Herzlich erwiderte er den Handschlag, den der dunkelhaarige Priester mit dem wilden Bart ihm anbot. Ein dicker, weißer Verband schimmerte unter dem verkohlten Ärmel seiner Robe hervor, und Rußspuren lagen auf seinen Wangen. Wie alle, die Nardon bisher hier getroffen hatte, sah er erschöpft aus.

      »Es ist gut, dich zu sehen«, sagte Grani mit der Andeutung eines Lächelns, »wenngleich die Umstände günstiger sein könnten, mein Freund.«

      »Das ist wohl kaum eine zureichende Umschreibung für eine solche Katastrophe. Bitte! Erkläre mir, was geschehen ist. Ich brauche dringend ein paar Antworten.«

      »Die Geschichte ist


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