Jahrbuch Franz-Michael-Felder-Archiv 2020. Jürgen Thaler

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(postum 1954 veröffentlicht: New York, The Noon Day Press), Four Poems of the Occult (Multiple Woman, Magic Circles, The Myth of the Pierced Rock, Ihpétonga Elegy) (San Francisco: The Allen Press 1962) Le Char triomphal de L’Antimoine (Paris: Editions Hémisphères 1949). Mit der ersten Veröffentlichung seiner Traumkraut-Gedichte unter dem Pseudonym Tristan Thor kehrte Goll spontan und endgültig zur deutschen Sprache zurück: In der „Monatsschrift für Literatur und Kunst“, Das Goldene Tor, herausgegeben von Alfred Döblin (Lahr, Schwarzwald: Verlag von Moritz Schauenburg 1948) veröffentlichte er sein letztes Credo, seine berühmtesten Gedichte wie Die Angsttänzerin, Der Regenpalast, Das Wüstenhaupt, Der Salzsee, Der Staubbaum und Die Aschenhütte:

      Wir hatten kein Haus wie die andern an sicherem Berghang

      Wir mussten immer weiterwandern

      Im Schnee der weder Salz noch Zucker war

      An runden Kegeln des Mondes entlang

      Du riefst nach deinen Schutzvögeln

      Die hoch im Äther zu den Gräbern Afrikas flogen

      Die Straße des Vergessens machte große Schleifen

      Und keine blasse Blume sann am Weg

      Gen Mitternacht fand sich eine Aschenhütte

      Man hörte das lachende Bellen der Wölfe

      Mit Fackeln hielt ich sie fern

      Und fing im Nesselbach einen Ölfisch

      Der uns lange erwärmte

      Breit war das Bett aus geschnitztem Schnee

      Und da geschah das Wunder:

      Dein goldener Leib erstrahlte als nächtliche Sonne

      Nach mehreren Krankenhausaufenthalten in Straßburg und Paris starb Yvan Goll am 27. Februar 1950 im amerikanischen Hospital in Neuilly bei Paris und wurde am 3. März 1950 auf dem Cimétière Père Lachaise in Paris provisorisch beigesetzt. Am 20. Dezember 1955 fand er ebendort seine letzte Ruhestätte gegenüber dem Grab des Komponisten Frédéric Chopin. Das Grabrelief mit der Zeichnung Marc Chagalls aus dem Jahr 1925 schuf Jean Longuet, ein Urenkel von Karl Marx. Die Totenrede hielt der französische Dichter Jules Romains. Der Spruch auf der Grabplatte stammte aus Golls Gedicht Identité de Jean sans Terre:

      Je n’aurai pas duré plus que l’écume

      Aux lèvres de la vague sur le sable

      Né sous aucune étoile un soir sans lune

      Mon nom ne fut qu’un sanglot périssable

      *

      Bald geh ich wie ein flüchtiger Schaum verloren

      Den auf den Strand die Wogenlippe schob

      Mondlos und unter keinem Stern geboren

      Mein Name war ein Seufzer der zerstob

      Deutsch von Lothar Klünner

      Yvan Goll: Tagebucheintrag am 15. Dezember 1939

      „Einmal öffnet sich in jedem menschlichen Leben ein goldenes Tor. Es dreht sich langsam wie eine Drehtür, in ein niegesehenes Licht gebadet, dich mit tausend Strahlen blendend. Du ahnst es nicht, daß dies der Einlaß ist zur Erfüllung deines Lebens. Du gehst, die Hände ausgestreckt, denn eine seltsam warme Stimme ruft von innen. Es hängt von deinem Genius ab, von deinen Gaben, instinktiven Erfahrungen, ob du hindurchgelangst. Gelingt es, so wird alles einfach und leicht, du wirst ein Hochgeborener, du hast das Wunder erlebt ein Sieger zu sein. Wenn nicht, schließt sich die Pforte für immer. Sie wird schwarz und schwer. Eine hohe Wand trennt dich vom ewigen Licht. Du fällst in die Nacht der Sklaven zurück. Nie wieder öffnet sich das helle Tor.“

      (In: Barbara Glauert-Hesse, Yvan und Claire Goll, Bücher und Bilder. Katalog der Ausstellung im Gutenberg-Museum zu Mainz. Mainz: von Zabern 1973, S. 86)

Aufsätze

      BARBARA WIEDEMANN

      „Celan zerrüttet, C.G. zerrüttet, die ganze Welt ein Hospital.“

      Neues Material zur sogenannten Goll-Affäre


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