Geballte Ladung Liebe - Katharina Wolf Sammelband. Katharina Wolf

Geballte Ladung Liebe - Katharina Wolf Sammelband - Katharina Wolf


Скачать книгу
meines Namens gegen meine Lippen, das mich aus seinem Bann befreite. Ich stand ruckartig auf und starrte ihn entsetzt an. Kopfschüttelnd berührte ich mit meinen Fingern kurz meine geschwollenen Lippen. Und dann?

      Dann lachte ich.

      »Was ist das denn für eine Ironie?«, prustete ich und konnte mich kaum noch beherrschen.

      Jan zog die Augenbrauen zusammen.

      »Du küsst mich? Echt jetzt? Dabei ist dir doch Treue das Wichtigste auf der Welt! Du bist doch ein verdammter Heuchler, Jan.«

      Die Runde im Riesenrad war zu Ende. Die Gondel hielt an und wir hatten wieder Boden unter den Füßen. Genau rechtzeitig.

      Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, stieg ich aus und lief zu den anderen, die bereits auf uns warteten. Kurz danach kamen auch Jan, Sebastian und Christian dazu. Sebastian sah mich besorgt an und suchte etwas in meinem Blick. Aber ich hatte schon wieder meine gleichgültige Maske aufgelegt.

      Ich glaube, das machte Sebastian mehr Angst.

      Wir stiegen wieder in die Limousine ein und fuhren zur nächsten Station, die sich Jan ausgedacht hatte. Ich saß zwischen Sebastian und Christian. Sebastian links von mir versuchte, mich in ein Gespräch zu verwickeln, aber ich winkte einfach nur ab. Ich wollte definitiv nicht jetzt mit ihm darüber sprechen. Ich wollte nicht mal darüber nachdenken. Abschalten. Das Hirn abschalten wollte ich. Ich wusste, wie es ging. Nur war nun leider gänzlich der falsche Zeitpunkt dafür. Ich hatte nichts dabei und von den anderen hier wirke keiner wie jemand, der etwas mit Drogen am Hut hatte. Dankend nahm ich die Flasche Champagner entgegen und schenkte mir ein. Ohne die Flasche weiterzugeben, trank ich das Glas aus und füllte es ein weiteres Mal bis zum Rand. Erst dann reichte ich sie an Christian rechts von mir, der gierig danach griff.

      »Wo fahren wir denn jetzt hin?«, fragte ein schlaksiger braunhaariger Kerl, der mir vorhin als Paul vorgestellt worden war. Wohl ein Arbeitskollege von Sebastian.

      »Bevor wir alle zu nüchtern werden, sollten wir für Nachschub sorgen oder?«, antwortete Jan und alle jubelten als Antwort zustimmend. Wenn es mir nicht so dreckig gegangen wäre, hätte ich mich wohl auch mitgefreut. Wenn schon keine illegalen Substanzen, dann wenigstens reichlich von der legalen Sorte.

      Wir betraten eine Karaokebar. Was ich davon halten sollte, wusste ich nicht so ganz, aber Sebastian jauchzte überglücklich und klatschte ekstatisch in die Hände und legte den Arm um Jan.» Wir zwei singen später noch was, damit das klar ist.«

      Jan zog eine Augenbraue hoch.

      »Nicht, wenn ich es verhindern kann.«

      »Kannst du aber nicht!«, gab Sebastian selbstsicher zurück.

      Wir ließen uns an einer großen Tafel nieder, die Jan natürlich vorab reserviert hatte. Unaufgefordert brachten zwei Bedienungen vier Pitcher Bier. Eine weitere kam mit einem Tablet voll Tequila Shots, Zimt und Orangenscheiben. Jan hatte wirklich alles perfekt geplant, das musste man ihm lassen.

      Die folgenden vier Stunden ließen sich einfach und schnell zusammenfassen. Die ganze Zeit über sangen untalentierte und sturzbetrunkene Menschen schreckliche Lieder auf einer kleinen Erhöhung vor uns. Auch Sebastian, Christian und ein sehr betrunkener Paul schmetterten eher schlecht als recht ein Lied von ABBA. Sie lagen sich dabei zu dritt im Arm und trällerten gemeinsam in ein Mikrofon in ihrer Mitte. Ein weiteres Mal ging er mit Jan auf die Bühne und sie versuchten, irgendein Lied von Eminem zu rappen, brachen aber stattdessen immer wieder in schallendes Gelächter aus, weil sie einfach mit dem viel zu schnell runtergeratterten Text nicht klarkamen. Ansonsten befanden wir uns in einem Sumpf aus kreischenden Whitney Houstons, plärrenden Christina Aguileras und einigen grölenden Backstreet Boys.

      Ich für meinen Teil trank. Ich trank, als gäbe es kein Morgen, und zwischendurch dachte ich, dass es vielleicht wirklich so war. Dass die Welt vielleicht wirklich heute unterging. Zumindest für mich. Ich war mir durchaus darüber im Klaren, dass ich es nicht nur übertrieb, sondern definitiv zu weit ging. Eine Alkoholvergiftung nahm ich in Kauf. Forderte sie geradezu heraus.

      Es dauerte nicht lange und ich war nicht mehr in der Lage, aufrecht zu sitzen oder auch nur geradeaus zu schauen. Ich lag mit meinem Kopf erschöpft auf dem Tisch und konnte kaum mehr etwas um mich herum erkennen. Das Licht einer Diskokugel blendete mich alle paar Sekunden. Man hätte die Uhr danach stellen können, so regelmäßig kam der Lichtschein und strahlte mich an. Ab und an wurde ich von jemandem gerüttelt und immer mal wieder hörte ich meinen Namen. Wer das war? Keine Ahnung? Vielleicht Sebastian oder Jan?

      Jan.

      Ich dachte seinen Namen und es tat nicht weh. Ich fühlte nichts.

      Ziel erreicht.

      Erwachen

      Ich schlug die Augen auf und bereute es sofort. Warum musste ich nur immer wieder aufwachen? Mit Schmerzen und Übelkeit in einem fremden Bett mit einem fremden Kerl.

      Verdammt.

      Ich schaute mich mit müden Augen um.

      »Oh«, entwich es mir. Das war hier gar nicht mal so fremd. Langsam nahm mein Hirn wieder seine Arbeit auf und ich verstand. Ich wohnte ja bei Sebastian und Hiroki und das hier war ihr Büro. Kleine Erinnerungsfetzen drängten sich in mein verkatertes Hirn. Gestern war Sebastians Junggesellenabschied gewesen. Und ich hatte gesoffen. Okay. Das erklärte einiges. Ich drehte meinen Kopf langsam nach rechts und mir entfuhr ein entsetzter Laut.

      Was zur Hölle machte Jan hier? Bei mir auf meiner Schlafcouch?

      Ich strampelte meine Bettdecke hektisch von mir, sprang hinaus, stolperte und knallte ziemlich laut gegen den Kleiderschrank.

      »Fuck«, entfuhr es mir. Ich hatte mir den eh schon schmerzenden Kopf gestoßen. Wie ich soeben feststellen musste, hatte ich noch recht viel Restalkohol im Blut. Ich wankte zur Zimmertür, verfing mich in der Decke, die auf dem Boden lag, und knallte mit den Knien unsanft auf Laminat.

      »Verdammter Mist!« Ich hörte Jan stöhnen und hielt mir die Hände vor den Mund. Bevor er komplett aufwachen konnte, verließ ich das Zimmer fluchtartig, betrat das Badezimmer und schloss hinter mir ab.

      Ich hatte keine Ahnung, was hier los war. Ich schaute an mir hinunter und registrierte Kleidung. Ich war angezogen. Wir hatten also höchstwahrscheinlich heute Nacht nicht miteinander gevögelt. Ich trug immerhin Unterwäsche und das gleiche Shirt wie gestern Abend.

      Ich schlurfte in die Küche und setzte eine Kanne Kaffee auf. Am liebsten würde ich sofort die Wohnung verlassen und erst wieder betreten, wenn sie Jan-frei war. Dafür müsste ich allerdings Hose und Schuhe anziehen und die befanden sich wiederum in meinem Zimmer. Genau wie Jan.

      Mist!

      Ich war zittrig, voller Adrenalin und Restalkohol. Erst fiel mir eine Tasse um und dann stieß ich gegen einen Stuhl, der krachend umfiel. Außerdem fluchte ich ziemlich viel und laut. Aber dazu hatte ich auch allen Grund, denn immerhin war mein Leben ganz einfach scheiße! Und Besserung war nicht in Sicht.

      Irgendwann kam Hiroki aus dem Schlafzimmer und schaute gequält in die Küche. Bei dem Lärm, den ich verursachte, war es nur eine Frage der Zeit gewesen, bis jemand aufwachte und nach dem Rechten sah.

      »Ich dachte, der unglaubliche Hulk wütet hier.«

      »Leg dich einfach wieder hin, Hiro. Okay?«, pflaumte ich ihn an. Für Nettigkeiten hatte ich gerade keinen Nerv und für dumme Sprüche keine Geduld.

      »Was ist denn los?«

      »Wo ist Sebastian?«

      »Im Bett, wie jeder andere normale Mensch um diese Uhrzeit.«

      »Dann geh da auch wieder hin, verdammt.« Jetzt hatte ich mich auch noch am Papier der Kaffeeverpackung geschnitten. Konnte ein Mensch noch mehr Pech haben? Wahrscheinlich lag ein Fluch auf mir. Ja, das war die einzig logische Erklärung. Ich war verflucht!

      Ich hörte Schritte hinter mir und als ich mich umdrehte, stand Hiro nur noch wenige Millimeter hinter mir und


Скачать книгу