Red Dirt Heart: Ungezähmte Erde. N.R. Walker
Pick-ups und die Hitze im Fahrerhaus spürte ich jede Stunde Schlaf, die mir fehlte. Ich blinzelte träge und erinnerte mich, dass ich dachte, es würde mir gut gehen, wenn ich meinen Kopf eine Minute an Charlies Schulter lehnte.
Das Nächste, was ich wusste, war, dass mich lautes Scheppern aufweckte, als George die Fahrertür zuschlug. Hunde bellten und als ich mich langsam aufsetzte und gegen die Verspannungen in meinem Nacken drückte, sah ich Ma auf der Veranda stehen. Sie lächelte mich an. Na ja, uns. Mich und Charlie, wie wir aufeinander geschlafen hatten.
Ich stupste Charlie an und schließlich regte er sich. Er richtete sich auf und stöhnte, stieß aber die Beifahrertür auf und glitt aus dem Pick-up. Er nahm seine Tasche vom Rücksitz, als wäre sie eine Tonne schwer.
»Geht's dir gut, Liebling?«, rief Ma.
»Travis hat versucht mich umzubringen«, antwortete er.
»Gib mir nicht die Schuld«, sagte ich und nahm meine Tasche.
»Ich gebe dir die Schuld«, grummelte er. Es war erbärmlich.
Ich lachte ihn aus und sagte zu Ma: »Selbst zugefügte Wunden. Seine Waffe der Wahl war der Bourbon. Dann Sambuca-Shots, ich glaube, so hieß das Zeug. In verschiedenen Farben.«
Charlie gab wieder dieses Fiepen von sich und sah aus, als würde er sich allein bei der Erwähnung übergeben.
Ma schnalzte mit der Zunge, lächelte aber. »Tja, es ist trotzdem schön, dass ihr Jungs wieder zu Hause seid.«
Wir brachten unsere Sachen ins Haus und zwei Stunden Schlaf auf dem Nachhauseweg waren einfach nicht genug. Ohne Nugget auch nur zu begrüßen, legte sich Charlie aufs Bett, also folgte ich ihm. Ich schlief noch eine Weile und als ich aufwachte, war Charlie verschwunden.
Ich hörte ihn vor dem Haus lachen und folgte dem Geräusch. Mein Hut – na ja, eigentlich war es der, den Charlie mir gegeben hatte – hing als einziger noch am Haken im Flur neben der Tür, sodass ich wusste, dass Charlie und George draußen waren. Ich nahm den Hut vom Haken und öffnete die Tür. Charlie lehnte mit dem Hintern an der Veranda und genau, wie George gesagt hatte, war er barfuß. Er trug kurze Hosen und ein T-Shirt – Standardkleidung im Nordterritorium – und vergrub die Füße in der Erde.
Alle bis auf Ernie waren da und standen irgendwie herum. Trudy saß mit Gracie auf dem Schoß auf der Veranda und Ma neben ihnen. Seltsamerweise stand ein Mülleimer mitten auf dem Hof. Es ging definitiv etwas vor. Charlie lächelte mich warm und breit an, als ich nach draußen kam. Offensichtlich ging es ihm besser. »Da ist er ja«, sagte Charlie. »Ich wollte dich gerade wecken. Du bist in meinem Team.«
Ich sah die anderen an, unsicher, was er meinte. »Team wofür?«
In dem Moment kam Ernie aus dem Schuppen. »Hab ihn gefunden.« Er hielt etwas nach oben, das ich aus dem Fernsehen kannte. Es war ein Kricketschläger.
Ich stöhnte und alle lachten – vor allem George. Er hatte mir gesagt, dass im Haus im Hochsommer in Australien nur eine Sache im Fernsehen erlaubt war.
Kricket.
George hatte den Großteil des letzten Sommers damit verbracht, mir die Regeln und das Spiel selbst zu erklären und warum sie diese widersinnigen Dinge auf dem Spielfeld taten.
Es war wirklich ein Sport, den ich nie verstehen würde. Der Schläger hatte die falsche Form, sie warfen den Ball mit Anlauf und rannten um ein rechteckiges und nicht um ein rautenförmiges Feld herum.
»Irgendwas stimmt mit deinem Baseballschläger nicht«, sagte ich.
Charlie lachte, verdrehte aber die Augen. »Wir fangen als Feldmannschaft an. Der Mülleimer steht für die Stäbe, die Hunde sind die Outfielder. Wenn du das Haus triffst oder über den Zaun schlägst, bist du raus.«
Es musste früher Abend sein. Im Sommer war es im Nordterritorium so, dass es, wie in jeder Wüste, gegen acht Uhr abends dunkel wurde, während es immer noch brütend heiß war. Wir arbeiteten früh am Morgen oder spät in der Nacht und verbrachten die zu heißen Tage im Haus.
Aber der Frühling war meine liebste Jahreszeit im australischen Outback. Warme Tage zum Arbeiten, nicht brütend heiß, und die Nächte waren kühl genug, dass man Decken und Körperwärme brauchte.
Allerdings sagte ich das auch über Herbst und Winter.
»Hey, Trav«, rief Bacon. »Geh zu den Slips rüber.«
Keine Ahnung, was das heißen sollte. »Was zum Teufel heißt das auf Englisch?«
Charlie lachte auf der anderen Seite des Spielfelds, oder eher Dreckfelds, denn nichts anderes war es. »Er meint, dass du näher zum Schlagmann gehen sollst.«
»Warum hast du das nicht einfach gesagt?«, fragte ich und kam näher.
Und so spielten wir verdammtes Kricket. Leider sagte ich Oh, Gott sei Dank und wollte verschwinden, als jemand Over rief. Charlie zerrte sich beinahe etwas, als er mich auslachte. Ich sah ihn finster an und er pfefferte den Ball zu mir herüber und meinte, dass ich werfen konnte. Also bowlen. Was auch immer.
Es war überhaupt kein Bowling. Es war auch kein Werfen. Es war eine Art Überkopf-Wurf, bei dem ich den Ball einmal auf dem Boden aufkommen lassen und versuchen musste, den Mülleimer hinter Bacon zu treffen, der der Schlagmann war. Natürlich war ich beschissen. Beim vierten Versuch – und der vierten Runde Gelächter von Bacon – warf ich den verdammten Ball im Baseball-Stil nach ihm und der Mülleimer fiel um.
Dadurch war er raus und alle jubelten und lachten. Natürlich mit Ausnahme von Bacon. »Was zum Teufel war das?«, schrie er mich an.
»Du bist raus«, sagte Ma von der Veranda aus. Sie war der Schiedsrichter, da sie die Einzige war, deren Entscheidungen niemand infrage stellen und mit der niemand diskutieren würde.
Bacon fauchte mich an und reichte mir den Schläger. »Komm schon, Yank. Du bist am Schlag. Ich bowle.«
Grinsend nahm ich den Schläger und stellte mich vor den Mülleimer. Charlie warf Bacon den Ball zu und murmelte etwas, das ich nicht verstehen konnte. Es klang wie eine Warnung und als Bacon die Augen verdrehte, war ich ziemlich sicher, dass Charlie ihn gewarnt hatte, nicht auf meinen Kopf zu zielen.
Ich stellte mich seitlich, wie sie es taten, und tippte wie sie mit dem Schläger auf den Boden, aber als Bacon angerannt kam, um zu bowlen, hob ich den Kricketschläger über meine Schulter und benutzte ihn, als wäre er ein Baseballschläger mit flachem Ende. Der Ball flog über Billys Kopf hinweg und fast fünfzig Meter in Richtung der Gehege.
Alle lachten und selbst Bacon schüttelte den Kopf. Beim nächsten Ball warf er mich raus und wir waren quitt. Charlie schlug als Nächster und da er eben Charlie war, spielte er auf Sicherheit und holte dadurch Punkte, ohne den anderen die Chance zu geben, ihn rauszuwerfen. Schließlich warf Billy ihn raus. Am meisten verblüffte mich George. Er war mindestens zwanzig Jahre älter als alle anderen hier, aber verdammt, er war schnell. Ich war überrascht, wie flink er war und dass er jeden Bowl lesen und die Bälle mit absoluter Genauigkeit treffen konnte. Niemand sonst war überrascht davon, alle änderten einfach ihre Positionen auf dem Feld, als wüssten sie, dass es der alte Mann draufhatte.
Ma rief uns alle zum Abendessen ins Haus, bevor jemand ihren Mann rauswerfen oder durch gefangene Bälle aus dem Spiel nehmen konnte. Natürlich beschwerten wir uns alle, dass das ein Foul und unlautere Vorteilnahme war. Aber es wurde sowieso dunkel, es war kühler geworden und ich war am Verhungern. Wir alle lächelten und lachten beim Essen und es war ein perfekter Abschluss für unser Wochenende. Charlie war hin- und hergerissen, ob er Nugget oder Grace auf dem Schoß haben wollte, aber am Ende gewann das kleine Mädchen.
Als das Abendessen beendet war und alle verschwunden waren, saßen Charlie, Ma, George und ich um den alten Küchentisch. Wir tranken Tee und aßen zum Nachtisch selbst gemachte Butterkekse, während wir uns über unseren dreitägigen Aufenthalt in Darwin unterhielten. Charlie erzählte ihnen von seinen Tagen mit Sam und Laura und ich berichtete von den Sehenswürdigkeiten.
Ma und George waren wirklich gute Menschen und