Der neue Sonnenwinkel Box 11 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Box 11 – Familienroman - Michaela Dornberg


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auf, glaubte, sich an diese wohlklingende Stimme zu erinnern, doch das konnte nicht sein, sie kannte hier niemanden und einen Sportler auf keinen Fall, in diesen Kreisen hatte sie sich auch früher nicht bewegt.

      »Ich hatte es mir einfacher vorgestellt«, gab sie zu, »es reichen offensichtlich nicht das richtige Outfit und die perfekten Schuhe. Na ja, es war wohl keine gute Idee.« Sie blickte ihn an. »Danke noch mal, dass Sie mich vor einem Sturz bewahrt haben. So ist ja noch mal alles gut gegangen, es tut mir nur leid, dass dieser Zwischenfall Sie in Ihren Aktivitäten gestört hat.«

      Sie nickte ihm zu, wollte den Rückweg antreten, diesmal allerdings, ohne loszurennen, und dann würde sie sich in den Gasthof setzen, etwas essen und trinken und alles, was geschehen war, als Spaß verbuchen.

      »Geht es Ihnen wieder gut?«, erkundigte er sich, und das ließ sie innehalten. Sie wusste nicht, was er jetzt mit dieser Frage bezweckte. »Aber ja, dank Ihrer Hilfe ist ja nichts geschehen.«

      Damit war es für sie erledigt, für ihn nicht.

      »Ich meine nicht diesen kleinen Zwischenfall hier. Wir sind uns schon einmal begegnet …, am See …, da waren Sie sehr unglücklich, und ich gab Ihnen mein Taschentuch.«

      Jetzt dämmerte es Ulrike, und sie wäre am liebsten im Erdboden versunken. Klar, da war ein Mann gewesen, der ihr ganz spontan sein Taschentuch gereicht hatte. Doch sie war so durch den Wind gewesen, hatte so sehr geweint, dass sie ihn nicht bewusst wahrgenommen hatte.

      Sie schenkte ihm einen vorsichtigen, einen verunsicherten Blick, denn ihr war alles ganz furchtbar peinlich.

      »Auch dafür danke, offensichtlich scheinen Sie mein Retter zu sein …, äh …, wenn Sie mir sagen, wohin ich es schicken soll, bekommen Sie das Taschentuch zurück.«

      Er winkte ab.

      »Behalten Sie es, ich …«

      Sie standen sich gegenüber, schwiegen, es war nicht unangenehm, Ulrike sagte ganz spontan: »Jetzt ist es ja wohl nicht so passend, doch ein andermal würde ich Sie gern auf einen Drink einladen …, als Gegenleistung gewissermaßen.«

      Ihm war anzusehen, wie erfreut er war. Sie konnte ja nicht ahnen, dass ihm auch so etwas bereits durch den Kopf gegangen war, er es nur nicht aussprechen wollte, um nicht aufdringlich zu erscheinen.

      »Ich nehme die Einladung gern an, gleich«, beeilte er sich zu sagen aus Angst, sie könnte es sich sonst gar noch anders überlegen. Sie gefiel ihm, hatte ihm schon am See gefallen. »Am Anfang der Strecke ist ein Gasthof.«

      »Ja, da wäre ich eh gleich hingegangen, also, wenn ich Sie in Ihrer Aktivität nicht störe, dann bin ich einverstanden.«

      Sie drehten um, gingen gemeinsam Seite an Seite den Weg zurück, sie war insgeheim froh, dass sie nicht mehr laufen musste.

      An seiner Seite hätte sie sich furchtbar blamiert.

      »Ich bin übrigens Achim Hellenbrink«, stellte er sich vor, »und oft auf dieser Strecke zu finden, in meiner Freizeit bin ich ein begeisterter Marathonläufer.«

      Auch das noch!

      »Ich bewundere jeden, der das macht, für mich wäre es niemals eine Option, ich bin ja noch nicht einmal in der Lage, ein paar Kilometer einfach nur zum Spaß herunterzureißen.«

      »Man kann alles üben«, entgegnete er, »es ist noch kein Meister von Himmel gefallen, wenn Sie möchten, zeige ich es Ihnen.« Als er ihren entsetzten Blick bemerkte, fügte er lachend hinzu: »Es muss ja kein Marathon sein. Aber würden Sie mir jetzt verraten, wer Sie sind?«

      Sie wurde verlegen, er machte sie verlegen.

      »Scheibler, Ulrike Scheibler.« Ihren Doktortitel ließ sie weg, sie gehörte nicht zu den Menschen, die damit angaben.

      Er blickte sie verblüfft an.

      »Die Ulrike Scheibler?«, erkundigte er sich ungläubig. »Haben Sie das Buch über die Trennung von Paaren geschrieben?«

      Sie nickte, wusste nicht, wie sie jetzt damit umgehen sollte, denn es war schon ein wenig absurd, dass jemand, noch dazu ein Mann, sie auf einer Laufstrecke, die immer voller wurde, weil sie offensichtlich sehr beliebt war, auf eines ihrer Bücher ansprach, das übrigens ebenfalls ein Bestseller gewesen war.

      Ulrike erfuhr, dass ein Freund ihm ans Herz gelegt hatte, dieses Buch zu lesen, als er sich in der Trennungs- und Scheidungsphase von seiner Frau befunden hatte.

      »Es ist ein großartiges Buch, und es war für mich sehr hilfreich, es zu lesen.« Er blickte sie ungläubig an. »Und nun steht die Erfolgsautorin vor mir. Das ist etwas, womit ich niemals im Leben gerechnet hätte. Ich will nicht indiskret sein, es interessiert mich wirklich, machen Sie Urlaub hier?«

      »Nein, ich habe im Sonnenwinkel ein Haus gemietet.«

      »Das ist noch besser, und vor allem ist es eine sehr gute Entscheidung, Auch wenn es mit dem unseligen Brand nicht mehr ganz so friedlich ist, kann man hier doch zur Ruhe kommen, und gewiss werden die Ideen für ein neues Buch nur so sprudeln.«

      Sie hätte es jetzt richtigstellen können, sie tat es nicht, denn sie kannte ihn nicht, musste ihm nicht die wahren Gründe nennen, weswegen sie hier war. Er erwartete es offensichtlich auch nicht, sie erfuhr von ihm, dass er Architekt war, geschieden, kinderlos. Danach warf er ihr einen fragenden Blick zu, und diese unausgesprochene Frage konnte sie beantworten. »Ich war noch nie verheiratet, und Kinder habe ich auch nicht.«

      »Und dennoch können Sie so kluge Bücher über Beziehungen, Trennungen, menschliche Verhaltensweisen schreiben«, sagte er voller Bewunderung.

      »Um das schreiben zu können, muss man nichts davon persönlich erlebt haben, ich habe es studiert, mich immer weitergebildet, über das, was ich schreibe, geforscht.«

      Am liebsten hätte sie hinzugefügt, dass ihr persönlich es nichts gebracht hatte, sondern dass sie, obwohl sie es anders wusste, in eine der typischen Fallen getappt war.

      Sie hatten den Gasthof erreicht, betraten ihn. Er war gut besucht, meistens hielten sich Sportler und Sportlerinnen im Raum auf, und Achim Hellenbrink kannte man hier, begrüßte ihn freundlich und schenkte Ulrike neugierige Blicke. Entweder war das ein Zeichen dafür, dass er immer wieder mit ständig wechselnden Partnerinnen herkam oder meistens allein.

      Was kamen ihr denn da für Gedanken?

      Dieser Mann, auch wenn er sympathisch war, war eine Zufallsbekanntschaft. Und aller Wahrscheinlichkeit würden sie sich kaum noch sehen, denn für sie stand eines fest, dass sie diese Laufstrecke in ihrem Leben nicht mehr betreten würde, man musste nicht alles können, und Marathon, für den er schwärmte, der sein Hobby war, so was lag für sie in den Sternen.

      Sie musste sich keine Gedanken machen, über nichts, sie begann allerdings, seine Gegenwart immer mehr zu genießen, Achim Hellenbrink sah nicht nur sehr gut aus, war nicht nur sehr sympathisch, sondern er konnte gut erzählen, und ein wenig später stellte Ulrike voller Verwunderung fest, dass er ein Mann war, der sie zum Lachen bringen konnte.

      Die Zeit verging.

      Gäste kamen und gingen, sie bekamen nichts davon mit, und wer weiß, wie lange sich das fortgesetzt hätte, wären sie nicht durch das Klingeln seines Handys unterbrochen worden. Ein wenig widerwillig meldete er sich, hörte zu, dann sagte er beinahe liebevoll: »Nein, natürlich habe ich es nicht vergessen, Hulda, ich wurde aufgehalten. Doch das Mühlenbrot werde ich dir auf jeden Fall noch vorbeibringe. Ich habe es dir doch versprochen.« Sie sagte etwas, er lächelte. »Weiß ich doch, Hulda, dann bis später, ja?«

      Das Gespräch war beendet, Hulda … Ulrike wusste nicht, warum das jetzt etwas mit ihr machte, auch wenn er geschieden war, bedeutete das noch lange nicht, dass es keine Frau in seinem Leben gab, es musste schließlich nicht immer die Ehefrau sein. Und Ulrike konnte jetzt überhaupt nicht begreifen, warum ihr das jetzt so sehr missfiel.

      Sie wurde hektisch.

      »Es tut mir leid, dass ich Sie aufgehalten habe, und dass Sie nun …«

      Was


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