Jesus und die Kirchen. Jona Jackson
Hundertwasser ist ein bekannter Künstler, der rechte Winkel und gleichförmige Fassaden verabscheute. Lässt man ein von ihm geschaffenes Haus von vier Betrachtern aus jeweils einer der Himmelsrichtungen beschreiben, so wird man den Berichten kaum entnehmen können, dass sie alle ein und dasselbe Haus beschreiben.
Manchmal ist es auch mit JHWHs Wahrheiten so. Wir können gerade mal eine Facette erfassen, jemand anderes sieht eine andere. Unsere Ansichten mögen sich unterscheiden, obwohl wir alle dieselbe göttliche Wahrheit betrachten.
Hält man einen Brillanten in seiner Hand und betrachtet ihn, so beginnt man ganz unwillkürlich, ihn zu drehen und aus verschiedenen Richtungen und Winkeln zu bewundern. Man lässt das Licht aus verschiedenen Winkeln auf ihn fallen und freut sich an dem Funkeln und dem Farbspiel. Es ist unmöglich, die ganze Pracht eines solchen Brillanten aus einem einzigen Blickwinkel, von einer einzigen festen Position aus zu erfassen.
Ähnlich ist es auch mit dem Zusammenspiel zwischen Auge und Gehirn: Das Auge hat nur ein relativ kleines Sehzentrum, das scharfes Sehen mit dem Erkennen vieler Farben ermöglicht. Der größere Bereich darum herum sieht nur wenig Farbe und Details. Hier nehmen wir im wesentlichen Bewegungen wahr, die unseren Blick unwillkürlich wandern lassen. Dass wir dennoch den Eindruck eines hochaufgelösten, scharfen und großen Gesamtbildes haben, liegt daran, dass unser Gehirn aus den unzähligen kleinen Teilbildern, die das Auge liefert, ein großes Ganzes zusammensetzt. Genau genommen hat also das, was wir als ganzes Bild wahrnehmen, mit dem, was unser Auge sieht, nicht viel zu tun. So wundert es nicht, dass Hirnforscher mehr und mehr nachweisen, wie wenig unsere Wahrnehmung und Erinnerung mit der Wirklichkeit zu tun haben.
Wir sind gut beraten, wenn wir uns bei der Wahrheitsfindung nicht nur auf uns selbst verlassen, sondern nach objektiven Maßstäben Ausschau halten und uns mit anderen austauschen.
Genauso sollten wir auch an die Bibel herangehen. So einfach das Evangelium, die Gute Nachricht vom Messias, selbst ist, so detailreich und vielfältig ist der Einblick, den uns die Heilige Schrift in die Weisheit JHWHs gewährt. Es ist nicht gut, hier eine Facette herauszugreifen, sie zur vollständigen und alleinigen Wahrheit zu erklären und gegen eine andere Facette desselben Brillanten zu stellen. Damit würden wir eine wichtige Eigenschaft der für uns nicht fassbaren Weisheit JHWHs, der göttlichen Wahrheit, verkennen: Wir können uns dieser Wahrheit eher durch ein Sowohl-als-auch als durch ein Entweder-oder nähern. Die meisten Streitereien unter Christen würden gar nicht erst entstehen, wenn wir nur begreifen würden, dass die Meinung des anderen eine Bereicherung und nicht ein Ärgernis ist. Die Wahrheit JHWHs ist klar und eindeutig, unsere Ansichten darüber sind es oft nicht.
Menschen sind verschieden, haben aber einen gemeinsamen Nenner.
Die vier Evangelien sind ein gutes Beispiel für den Reichtum an Facetten der biblischen Berichterstattung. Jeder der Autoren schreibt als Zeuge, was ihm in den Jahren mit JESUS besonders wichtig wurde, jeder setzt seinen Schwerpunkt. Vieles kann besser verstanden werden, wenn uns der jeweilige Schwerpunkt des Autors gegenwärtig ist. Da können einleitende Worte zu den Büchern in den sog. Studienbibeln helfen. Vieles, was vordergründig widersprüchlich scheint, lässt sich mit dieser Sicht als ergänzend verstehen. JHWH ist so vielschichtig, so unfassbar, dass ein einzelner Mensch immer nur einen kleinen Bruchteil der göttlichen Wahrheit erfassen kann. Wer behauptet, die ganze Wahrheit JHWHs begriffen zu haben, kann nur irren. Hüte dich davor!
Die Bibel, also die Niederschrift des Heiligen Wortes JHWHs, ist im orientalischen Kulturraum entstanden. Zu dieser orientalischen Kultur gehören einige Dinge, die uns eher fremd sind. Mehr Kenntnis darüber kann uns helfen, die Bibel besser zu verstehen. Mach dich auf die Suche nach dieser orientalischen Tradition. Ein guter Anfang kann die Beschäftigung mit den jüdischen Festen sein.
Werte wandeln sich – die Bedeutung der Worte auch!
Zweitausend Jahre Kirchengeschichte haben unser Verständnis der biblischen Begriffe geprägt. Das stetig wiederkehrende Aufsagen von Formeln, Dogmen und Bekenntnissen suggeriert, dass diese Wahrheit seien, selbst wenn sie im Widerspruch zur Bibel stehen. Wie viele nehmen gar nicht mehr wahr, dass die Kindertaufe ein Betrug ist? Wenn wir JESUS verstehen wollen, dann müssen wir unser Verständnis jedes einzelnen Begriffes auf den Prüfstand stellen. Sprache verändert sich fortwährend, sie passt sich den Lebensgewohnheiten und auch unserem Wissensstand an, das ist ganz normal. Das macht es aber manchmal schwer, Inhalt und Bedeutung der frühchristlichen Überlieferungen zu erfassen und zutreffend zu deuten.
Nur ein Beispiel: Der Begriff ´Sünde` wird heute in allen möglichen Deutungen verwendet: »So mit diesem wertvollen Stoff umzugehen, ist eine Sünde.« Oder: »Ich habe gestern gesündigt (zu viel Torte gegessen)!« Und: »Die kleinen Sünden bestraft der liebe Gott sofort, die großen später …«
Es ist ein eigentlich nicht zu bewältigender Berg an Arbeit, uns zu der ursprünglichen Bedeutung der Begriffe zurückzukämpfen. Doch wie sollen wir die Bibel, wie sollen wir JESUS verstehen, wenn wir die Begriffe völlig anders verwenden, als ER sie vor zweitausend Jahren gebraucht hat?
Glaube, Bekehrung, Taufe, Nachfolge, Gehorsam, Sünde, Erlösung, Buße, Beichte, Gottesdienst, Abendmahl, Priester, Bekenntnis usw. Das Verständnis all dieser und vieler weiterer Begriffe aus der Bibel ist oft bis zur Unkenntlichkeit verändert.
Ist dir bewusst, dass JESUS mit an IHN glauben meint, dass ER dein Leben auf den Kopf stellen will? Nichts wird so bleiben, wie es ist, wenn du wirklich an IHN glaubst!
Worte können eine unheilvolle Wirkung haben, sie lösen in unserem Hirn eine Vielzahl von Assoziationen aus, sie stoßen also eine ganze Bilderwelt von Erinnerungsfetzen an. Casablanca ist eigentlich nur der Name einer Stadt. Doch wer den Film gesehen hat, wird unweigerlich an Humphrey Bogart und Ingrid Bergman denken. Das, was uns beeindruckt, gräbt sich tief in die Windungen unseres Hirns. Leicht geschieht es, dass wir etwas für nicht mit der Bibel vereinbar halten, aber oft sind es gerade unsere christlichen Traditionen, die nicht mit der Wahrheit der Bibel in Einklang zu bringen sind.
Wenn wir nicht bereit sind, unser Verständnis christlicher Begriffe auf den Prüfstand zu stellen, dann werden wir uns mit der Wahrheit der Bibel schwertun. Letztlich ist es nicht unser Wissen, nicht unsere Bildung und nicht das Gelernte, das uns die Wahrheit erkennen lässt, sondern JHWH schenkt das durch SEINEN Heiligen Geist. Wissen und Wissenschaft kann nützlich sein, doch ohne SEINE Inspiration werden wir uns der göttlichen Wahrheit niemals nähern. Bevor du die Bibel liest: Bitte JHWH, dass ER dir mit SEINEM Geist hilft, dich zu leiten und dich verstehen zu lassen. Niemand kann dir die Heilige Schrift besser erklären als der Autor selbst.
Ja, JHWH unterscheidet glasklar zwischen Gut und Böse. ER kann das! Unser Urteilsvermögen ist leider kaum zur Wahrheitsfindung geeignet. Doch SEINE Weisheit, SEINE Wahrheit ist ein unsagbar kostbarer Schatz. Mehrere Meinungen dazu sind bereichernd.
Betrachte verschiedene Auffassungen deshalb lieber als ergänzende Teilaspekte. Unser Entweder-oder beschränkt JHWHs Vielfalt und Reichtum nur allzu oft.
Lass dich vielmehr durch fremde Ansichten, durch scheinbar falsche Meinungen herausfordern. Prüfe dein Verständnis der christlichen Begriffe. Das wird dich bereichern und inspirieren. Wenn wir – neugierig – unvoreingenommen – befreit vom Schutt der Traditionen – an die Bibel herangehen, dann wartet ein wunderbarer Schatz auf uns. Eine falsche Aussage reizt dich und bewegt dich, sie anhand der Heiligen Schrift zu prüfen? Hallelujah! Das ist besser als eine wahre Aussage, die dich gemütlich auf deinem Sofa sitzen lässt.
Was aus der letzten Predigt siehst du anders?
Was in diesem