Jesus und die Kirchen. Jona Jackson

Jesus und die Kirchen - Jona Jackson


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der Beleg, wie weit wir bereits in dem göttlichen Läuterungs- und Heiligungsprozess fortgeschritten sind. Diese Prüfungen sind Ausdruck höchster Wertschätzung! Davon können wir am Ende des Buches Hiob lesen, wo JHWH mit Hiobs Freunden abrechnet und Hiob SEINE Anerkennung ausspricht: »… denn ihn, Hiob, will ICH, JHWH, erhören …« (Hiob 42:8) Und das alles ist eingebettet in die unermessliche Barmherzigkeit JHWHs. Wir beschäftigen uns damit ausführlich in dem Kapitel ‘Der Silberschmied’, S. 197.

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      Was hat dir richtig wehgetan? Wann?

      Wofür schämst du dich vor JHWH?

      Hast du dich von JHWH trösten lassen?

      Kennst du jemanden, der gerade gefallen ist?

      Welche Worte der Ermutigung kennst du?

       Vom Rauchen: JHWH ist anders

      Als Jugendlicher habe ich das Leben in einer Freikirche, einer freien Gemeinde vor allem als eine spaßbefreite Verbotszone erlebt. In der Welt, wie die Christen den Alltag außerhalb der sicheren Mauern des Gemeindehauses nannten, begannen gerade die Studentenunruhen. Es war eine schwierige Zeit. Die jungen Revoluzzer brachten ihren Unmut mit Sprüchen wie diesem zum Ausdruck: ‘Unter den Talaren: der Muff von 1000 Jahren!’ Ich verstand damals nicht, dass das eine Anspielung darauf war, dass sich Richter, Polizisten, Beamte und Lehrer trotz Nazi-Vergangenheit innerhalb kürzester Zeit wieder ihre alten oder noch viel bessere Jobs zurückerobert hatten. Auch dieser Spruch war häufig zu hören: ‘Trau keinem über 30!’ Womit nicht so sehr das Alter, sondern die Vergangenheit der Kriegsgeneration, ihre Verstrickungen in Gräueltaten, angeprangert wurde.

      Adenauer, erster Bundeskanzler der jungen deutschen Republik, der bei seiner Ernennung schon 75 Jahre alt war, wird der Ausspruch zugeschrieben: ‘Man kann schmutziges Wasser nicht wegschütten, solange man kein sauberes hat.’ Er brachte damit das Dilemma zum Ausdruck, dass es kaum gut ausgebildete Frauen und Männer gab, denen nicht in irgendeiner Art und Weise die dunkle Vergangenheit anhaftete. Einzelne haben zu einem konstruktiven Verhältnis mit der belasteten Vergangenheit gefunden; als Ganzes hat sich diese Generation nie ernsthaft mit den Verstrickungen des Nazireiches auseinandergesetzt. Aber das hielt sie nicht davon ab, nun die jungen Leute aufs Heftigste zu kritisieren. Jazz, Swing, die Beatles, Rock’n’Roll, Rauchen, Tanzen, Diskos, Haschisch und alles, was uns, der Nachkriegsgeneration, Spaß machte, war ihnen ein Dorn im Auge. Nicht, dass das alles nur gut gewesen wäre. Doch die Anmaßung, diese moralinsaure Bevormundung, die störte nicht nur mich gewaltig. Es war eine Zeit voller Widersprüche, Verlogenheit, politischer und gesellschaftlicher Auseinandersetzungen.

      In den Augen vieler Gemeindemitglieder, unter denen ich aufwuchs, waren diese neuen Vergnügungen und Verhaltensweisen einfach nur Teufelszeug. Man suchte Sicherheit in traditioneller Gesetzlichkeit. Die Röcke der Mädchen waren zu kurz, die Absätze ihrer Schuhe zu hoch und die Haare der Jungs zu lang, zu frech waren wir alle.

      Wir hatten keinen Respekt vor den Eltern mit ihren traumatischen Kriegserlebnissen. Die Folgen des sogenannten Tausendjährigen Reiches waren in vielfältiger Weise gegenwärtig. So lag das Verhältnis zwischen Männern und Frauen im heiratsfähigen Alter irgendwo bei 1 : 3. Männer hatten die freie Auswahl. Und sie konnten sich den Frauen gegenüber fast alles herausnehmen. Kaum eine erwachsene Frau traute sich, den Mund aufzumachen. Frauen hatten es schwer, ihren Lebensunterhalt als Single (das nannte sich damals alleinstehend) zu verdienen. Verheiratete Frauen brauchten eine schriftliche Genehmigung ihres Mannes, um zusätzlich zu Haushalt und Kindern arbeiten gehen zu dürfen. Unverheiratete Frauen waren froh, wenn sie einen Job als Putzfrau, Verkäuferin oder Schreibkraft bekamen. Unsere Elterngeneration, die selbst um ihre Jugend betrogen worden war, stand nun fassungslos vor diesen jungen Menschen, für die es keine Grenzen mehr zu geben schien. In Kirchen und Gemeinden versuchte man, alldem mit einem überdimensionalen moralischen Zeigefinger zu begegnen, hinter dem das Kreuz und die Liebe Gottes kaum noch auszumachen waren.

      Mein Vater war Architekt und Prediger. Er selbst hatte eine problematische Kindheit, hatte nie ein behütetes Zuhause erlebt. Meiner Mutter ging es oberflächlich betrachtet besser, doch traumatisiert von Bombennächten und psychischem Terror der Nazizeit waren sie beide. Aus heutiger Sicht wuchsen sie in einer katastrophalen Überforderungssituation auf. Unsere Eltern, die Kriegsgeneration, versuchte irgendwie, mit der Vergangenheit klarzukommen.

      Die Nachkriegsgeneration, wir Kinder des Wirtschaftswunders, stellten alles infrage. Alles schien möglich. Wir wollten die Zukunft gestalten. Mit über 60 fange ich heute an zu verstehen, wie schwierig die damalige Zeit für beide Generationen war. Die Eltern wollten und konnten kaum Vorbilder sein. Wir Kinder hatten nichts, woran wir hätten anknüpfen können. Die bisherigen Gesellschaftsmodelle hatten versagt, hatten in die Katastrophe geführt. Wer nur von Führung oder Leitung sprach, machte sich verdächtig. Alles, was nur nach Autorität und Leitung roch, stellten wir infrage. Da kam jede neue Idee, jeder unkonventionelle Lebensentwurf gerade recht. Die Kritik an den Eltern, an der Tradition, an allem Althergebrachten gehörte für meine Generation zum guten Ton. Wurden wir, die Jugend, von den Alten, der Kriegsgeneration, kritisiert, so bestärkte uns das nur darin, auf dem richtigen Weg zu sein.

      Wir, wir als Gesellschaft, tragen bis heute an dieser Last der unbewältigten Vergangenheit. Das meine ich nicht als Schuldzuweisung. Ich sehe es als ganz objektive Feststellung: Wir alle tragen immer noch an dieser Last; auch wenn es den meisten nicht bewusst ist. Und doch sind es Rahmenbedingungen, in denen JHWH handelt.

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       JHWH liebt es, uns in scheinbar ausweglosen Verstrickungen zu begegnen. Und uns zu zeigen, dass ER manches ganz anders sieht, als wir denken.

      Als Kind hatte ich angefangen, JHWH Vertrauen zu schenken. Ich sehnte mich nach der Liebe und Annahme, von der viel gepredigt wurde. Die real existierende Gemeindewirklichkeit sah für mich ganz anders aus. Das Leben meines Vaters als Prediger und das seiner Familie wurde von der Gemeinde genau beobachtet. Die moralischen Vorstellungen der Gemeinde und meiner Eltern einerseits und die Verlockungen der Rock’n’Roll-Ära andererseits rissen mich in tiefe Konflikte. Mit 15 fing ich das Rauchen an. Leider hatte meine Mutter eine gute Nase. Weder Zahnpasta noch Pfefferminz konnten meine zaghaften Nikotin-Ausflüge verheimlichen. Die Verbote und Strafen waren wohlgemeint, doch stürzten sie mich nur tiefer in den Konflikt mit meinen Eltern; Lügen und Flucht, wo immer möglich, waren die Folge. So verknüpfte sich mein Rauchen mit einem schlechten Gewissen als Dauerzustand. Beides, der Nikotinkonsum und das schlechte Gewissen wuchsen stetig. Daran änderte sich auch nicht viel, als ich volljährig wurde. Meine Eltern konnten es mir nun nicht mehr verbieten, aber die Kritik aus der Gemeinde blieb. Im Gemeindehaus nicht rauchen zu dürfen, klar, das konnte ich nachvollziehen. Aber ich wurde auch angehalten, vom Gemeindehaus eine Bannmeile einzuhalten, damit das Ansehen der Gemeinde nicht beschädigt würde. Kann man sich heute kaum mehr vorstellen. Heute stehen dort, wo ich früher nicht rauchen durfte, eine Bank und ein Aschenbecher.

      Schon damals hörte man immer öfter von den negativen gesundheitlichen Folgen des Rauchens. Das Geld für die Zigaretten hatte ich eigentlich auch nicht. So hörte ich mit dem Rauchen auf. Und fing wieder an. Und hörte wieder auf. Mal einen Tag, auch mal ein paar Wochen, einmal sogar zwei Jahre. Dann eine einzige Zigarette nach einem guten Essen. Danach vier Wochen ohne Nikotin. Nun, so dachte ich, hätte ich es geschafft und ich könnte es mir leisten, ab und zu mal eine zu rauchen. Ein Vierteljahr später waren es wieder zwei Päckchen am Tag. Wie Mark Twain sagt: Mit dem Rauchen aufzuhören ist kinderleicht, habe ich schon hundert Mal gemacht.

      Eines Tages hörte ich eine Predigt über die Zehn Gebote. Was der Prediger sagte, weiß ich nicht mehr. Aber als er über das vierte Gebot sprach, durchzuckte es mich wie ein Blitzschlag. Das vierte Gebot ist nachzulesen in L1912 (die Abkürzung verweist auf die zitierte Bibel-Übersetzung, siehe das Abkürzungsverzeichnis,


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