Dunkles Spiel im Elderreich. Meghan Maslow
„Glaubst du, dass er wirklich etwas plant?“
„Keine Ahnung, vielleicht. Ist dir aufgefallen, dass er heute Abend eine Menge Unterstützer dabei hatte, die die mittleren Reihen gefüllt haben? Er versucht zu zeigen, dass er mächtig ist.“
„Das ist doch Zeitverschwendung. Soweit ich weiß, fürchten Drachen und Dämonen sich nicht so leicht.“
„Und Zauberer auch nicht.“ Ich fuhr mit dem Daumen über seine Wange und beugte mich vor, um ihn zu küssen. Gerade als unsere Lippen sich berührten, begann Pie laut zu schnarchen.
So viel zu unseren erotischen Plänen.
KAPITEL 8
„Boss, Professor Icegem ist hier und möchte dich sprechen.“ Bill streckte am nächsten Morgen den Kopf in mein Büro. Dickmore drückte sich an seine Seite. Er mochte zwar ein Feigling sein, aber er sah gut aus.
Er lächelte zaghaft und winkte mir zögernd zu. Igitt. Ich fletschte meine Fangzähne in Dickmores Richtung. Er jaulte auf und verschwand wieder in den Empfangsbereich. Verdammter Dunkelelf.
Bill warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu.
„Tut mir leid.“ Tat es nicht. Ich beherrschte dieses Spiel auch.
„Er hat schon wieder Blumen für den Empfangsbereich gebracht. Er gibt sich wirklich Mühe. Du und Quinn müsst ihm eine Chance geben.“ Bill schüttelte den Kopf, als hätte ich ihn enttäuscht. Egal, ich würde keinem Wesen eine Chance geben, das Quinn mit so offensichtlicher Begierde ansah.
Ich kam auf Bills ursprüngliche Ankündigung zurück und verzog das Gesicht. Ich freute mich nicht darauf, dem aufgeblasenen Professor sagen zu müssen, dass sein berühmter Kriegshammer nicht echt war und sich besser zum Knacken von Nüssen eignete, als seine Visionen von Ruhm zu erfüllen. Da die Fecks Universität, laut meinem Vater die erstklassigste Einrichtung für höhere Bildung im Elderreich, eine Ausstellung später Demi Undine Artefakte plante, wäre der fehlende Kriegshammer eine Enttäuschung. Man stelle sich nur den Ruhm vor, wenn Icegem ihn hätte auftreiben können.
Deshalb hatte ich es aufgeschoben, ihn zu kontaktieren, nachdem wir von der Pyramide zurückgekehrt waren. Ich wollte mir die Bauchschmerzen ersparen. Besonders, nachdem ich ihm gesagt hatte, er solle sich keine zu großen Hoffnungen machen. Man wusste nie bei diesen angeblichen Artefakten. Manche existierten wirklich und waren großartig … andere ganz und gar nicht.
Zumindest war Quinn oben und bereitete für uns alle das Mittagessen zu. Wir hatten Münzen geworfen, er hatte verloren und war kein besonders guter Verlierer. Er hätte wissen müssen, dass man mit einem Drachen nicht wetten sollte. Er hatte nur Glück, dass unsere Wohnung direkt über dem Büro lag und er nicht weit gehen musste.
Ich hoffte, dass mir bei dem Gespräch mit Icegem nicht der Appetit vergehen würde und ich hinterher etwas Zeit mit Quinn verbringen könnte. Vorzugsweise nackt.
Aber die Pflicht rief. Ich hatte schon öfter Fälle gehabt, bei denen Starfig Investigations für Kunden wertvolle Objekte aufgespürt hatte, von denen sich dann herausstellte, dass sie gar nicht so wertvoll waren. Es war erstaunlich, wie viele Fälschungen es da draußen gab. Die eingestürzte Pyramide mit all ihren Fallen und Wächtern erschien reichlich übertrieben für einen wertlosen Hammer.
„Bitte Professor Icegem herein, Bill.“
Ich schob Papiere auf meinem Schreibtisch hin und her und gab vor, beschäftigt zu sein. Quinn und Bill hatten mein Büro vor kurzem in einem warmen Grün gestrichen und darauf bestanden, dass ich meine alten Möbel ersetze. Während meine Wohnung luxuriös war, hatte ich für mein Büro nie viel Aufwand betrieben und die Gestaltung praktisch gehalten. Sie hatten sogar einen seidenen Wandteppich mit dem Wappen des Hauses Starfig angebracht. Ich hatte ihn in einer Truhe versteckt gehabt, bis Quinn und Bill ihn gefunden und aufgehängt hatten. Sie dachten, es würde mir eine höhere Glaubwürdigkeit verleihen. Ich hasste das Ding und hoffte immer, Quinn würde es versehentlich in Brand setzen. Aber bisher war das leider nicht passiert.
„Möchtest du, dass ich hierbleibe, falls Professor Icegem seine gute Kinderstube vergisst? Du weißt, wie diese Akademikertypen sein können.“ Bill richtete seine Fliege und zog seine Strickweste zurecht. Heute hatte sie ein Muster aus kleinen Phönixen. Seine rosa und gelb karierte Fliege war farblich darauf abgestimmt.
„Nein, ich glaube, ich komme mit ihm klar. Aber trotzdem danke.“
„Falls du es dir anders überlegst, ich bin an meinem Schreibtisch.“ Bill lächelte und seine Zähne glänzten im Licht.
Ich winkte ab. Ich würde mit einem kleinen Irrwisch fertig werden.
Als Icegem mein Büro betrat, steuerte er direkt auf meinen Schreibtisch zu. Menschen hatten diese seltsame Vorstellung, Irrwische wären so etwas wie Miniaturausgaben von Dämonen, und obwohl er ein wenig so aussah, war er wohl kaum eine böse, seelenlose Kreatur. Mein Lehrer hatte mir erklärt, dass Irrwische eher mit Kobolden verwandt waren, nur dass sie den schlaueren Teil darstellten. Was keine Kunst war, da Kobolde nicht viel intelligenter waren als Orcs.
Icegems gelber Reisemantel unterstrich die violette Farbe seiner Haut und verlieh ihr einen gesunden Schimmer, der nicht zu meinem Bild eines farblosen Akademikers passte. Sein purpurfarbenes Haar war glatt aus seiner hohen Stirn gekämmt und passte zu seinem getrimmten Bart. Seinen schmalen, pinkfarbenen Augen ließen ihn wie ein Geschöpf aussehen, das unter Tag hauste und erst kürzlich ans Licht gekrochen war. In anderen Worten, doch ein typischer Akademiker. Nur dass seine Kleidung von höchster Qualität war und von einem teuren Schneider stammte. Mit einer Größe von fast 1,40 m war er es eindeutig gewöhnt, dass man ihm mit Respekt begegnete.
„Ich höre, Sie haben etwas für mich.“ Icegem scannte mein Büro, als würde ich den Hammer vorsätzlich vor ihm verbergen. Er machte keine Anstalten, mir die Hand zu schütteln, und ich bot sie ihm auch nicht an.
„Bitte nehmen Sie doch Platz, Professor Icegem.“ Ich deutete auf einen der neuen, steifen, lederbezogenen Stühle.
„Danke, Mister Starfig, aber ich muss in einer Stunde eine Vorlesung im Yrovi Tower halten. Ich möchte also nur rasch den Hammer abholen und Ihnen den Rest Ihres Honorars geben.“ Er neigte den Kopf, als würde er mich studieren. „Sie haben ihn doch?“
„Ja, allerdings nehme ich an, dass Sie enttäuscht sein werden.“
Er rieb an seinem Ohrläppchen und ich musste ihm zugutehalten, dass er nicht laut wurde. „Erklären Sie mir das.“
„Lassen Sie es mich Ihnen stattdessen zeigen.“ Ich griff in meine Schreibtischschublade und holte den winzigen Hammer hervor. Ich klemmte ihn zwischen Daumen und Zeigefinger.
„Soll das so eine Art Scherz sein?“ Er runzelte die Stirn und sein Körper versteifte sich. Er nahm mir den Hammer aus der Hand und drehte ihn in seiner Handfläche.
„Wohl kaum. Nachdem wir gegen jedes Ärgernis, das die Pyramide von Duume für uns bereithielt, gekämpft haben und die Pyramide über uns zusammengestürzt ist, kann ich mit Sicherheit sagen, dass das der einzige Hammer an diesem Ort war. Also war Scrodbuns Kriegshammer entweder ein Mythos und hat nie existiert oder irgendwer hat den Hammer während der letzten dreitausend Jahre entwendet und er ist irgendwo da draußen. Ich tippe auf ersteres. Der Hammer könnte sich natürlich in irgendeiner Sammlung befinden, dann müssten die Diebe aber verdammt clever gewesen sein, der Ort war hervorragend gesichert.“ Was die Gebeine aller vorangegangenen Forscher belegten.
„Das ist unmöglich. Er strich mit einem Finger über den Hammer und schnippte ihn dann auf meinen Schreibtisch. Ich machte mir nicht die Mühe, ihn aufzuheben. Wir starrten beide auf den mickrigen Hammer, dem das versteinerte Holz einen matten Schimmer verlieh.
„Was daran ist unmöglich?“ Ich hätte nicht fragen sollen, aber seine nun überkreuzten Finger und sein geistesabwesender Gesichtsausdruck machten mich neugierig. Ich hatte mit Zorn gerechnet, nicht mit tiefer Nachdenklichkeit.
„Hm?“