Collapse. Bernd Roßbach

Collapse - Bernd Roßbach


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Sie müssten es also eigentlich wissen.«

      »Und warum plündern sie, knallen alles ab, was ihnen vor die Flinte läuft? Schauen Sie sich das doch an!«

      »Ich habe damit nichts zu tun. Es waren die chinesischen Triaden.«

      Pruitt geriet einmal mehr außer sich vor Wut. »Ach, fahren Sie doch zur Hölle mit Ihren Triaden! Uns bleibt nur noch die Nationalgarde! Aber nicht einmal damit kriegen wir die Situation in den Griff! Eine Katastrophe! Venathaer, Sie haben achtundvierzig Stunden Zeit, mir eine Lösung vorzuschlagen. Ich will ein Gegenmittel und eine Strategie! Ansonsten …«

      »Was? Wollen Sie mir etwa drohen, Pruitt? Dafür hängen Sie viel zu tief mit drin.«

      Der General packte sein Gegenüber am Kragen, griff an seine Dienstwaffe und hielt sie dem Wissenschaftler unters Kinn. »Ein Gegenmittel, Venathaer. Ein Gegenmittel! Sie haben nicht nur Tausende auf dem Gewissen, möglicherweise rotten Sie mit dem Zeug die gesamte angehende Wissenselite unseres Landes aus. Damit katapultieren Sie die Vereinigten Staaten in die Steinzeit. Ist ihnen das klar?«

      »Aber ich brauche …«

      »Ist Ihnen das klar?«

      »Ach, zum Teufel. Wie soll ich in auchtundvierzig Stunden …«

      Pruitt unterbrach den Antwortversuch des Wissenschaftlers. »Achtundvierzig Stunden, Venathaer! Und nicht länger!« Die nächsten Worte zischte er mit kaum hörbarer Stimme: »Sonst katapultiere ich Sie dafür in die Hölle! Haben Sie mich verstanden?«

      ***

      Collider Dallas, 19. Juli 2017

      Leighland erreichte das Gebäude des Colliders und platzte mitten in die Unterhaltung von Sparks und Brattfield Jones, Administration Chief des Colliders.

      »Die Anzeige hat sich auf Null reduziert. Es ist vorbei.« Aus den Gesichtern wich die Anspannung wie Frühnebel bei Sonnenaufgang.

      Jungforscher Sparks schüttelte den Kopf. »Nein, das denke ich nicht.«

      »Warum?«

      »Wir registrieren es nur nicht mehr.«

      Pendergast entgegnete in einem Tonfall, als wollte er einen längst vergessenen Vorfall aufs Neue debattieren: »Wir registrieren es nicht?«

      »Die Anzeige zeigt nur im Millivoltbereich an. Ich vermute, es ist bereits so groß, dass es nur noch im Voltbereich zu messen ist. Es ist nicht vorbei!«

      »Was wollen Sie damit sagen, Sparks?«

      »Ich will damit sagen, dass es bereits so weit gewachsen ist, dass wir es auf unseren Instrumenten nicht mehr sehen. Das gottverdammte Ding wächst. Es wird nicht mehr lange dauern, dann werden wir Gamma-Quanten messen. Und spätestens dann haben Sie Ihr Schwarzes Loch.«

      »Ach, hören Sie doch auf mit Ihrer fixen Idee!« Pendergast schien Sparks die neue Theorie nicht mehr zu glauben. In diesem Augenblick trat Leighland hinzu und begrüßte seine Kollegen.

      »Ist es immer noch stabil oder können wir eine Fluktuation erwarten?«, eröffnete der Berkeley-Professor das Gespräch.

      Pendergast versuchte sofort, die Situation zusammenzufassen. »So wie es aussieht, gab es keine Spin-Down-Phase.«

      »Eichbosonen?«

      »Waren nicht zu messen.«

      »Die Hawking Strahlung müsste es zerstören.«

      »Sie ist theoretisch«, warf Sparks ein.

      Leighland hielt dagegen: »Anhand der Gammaquanten müssten wir feststellen können, dass es sich um eine Strahlungsquelle handelt. Sie kennen doch die Vermutung: Schwarze Löcher sind gar nicht so schwarz.«

      »Das stimmt«, bestätigte Pendergast. »Aber das Problem liegt an anderer Stelle. Sollte es ein Schwarzes Loch sein, dann müsste es durch die Erdgravitation in Nähe des Erdmittelpunkts gezogen werden. Das wird es offensichtlich hier nicht. Aber es kann unmöglich an Ort und Stelle verharren, dafür wäre es viel zu schwer.«

      Leighland resümierte: »Wir kommen so nicht weiter. Ich brauche Unterstützung. Es gäbe da einen Kollegen in Russland. Er arbeitete noch vor gar nicht so langer Zeit am Collider in Genf. Vielleicht kann er helfen.«

      »Am CERN?«, fragte Pendergast.

      »Ja, Zorin Katchenko. Ein Freund von mir. Er arbeitet jetzt am MIPT in Moskau. Sein Fachgebiet ist Gravitation und schwere Elemente. Er hatte damals die wissenschaftliche Leitung am Collider in Genf. Vielleicht weiß er mit dem Ding was anzufangen.«

      »Katchenko? Kenne ich nicht. Ist wohl auch schon paar Monate her, dass ich Kontakt zu der Anlage hatte.«

      Leighland wählte die Nummer aus seinem Mobilfunkspeicher. »Hoffentlich geht er ran. In Moskau ist es acht Stunden später, also schon spät am Abend.«

      »Ja?« antwortete jemand am anderen Ende der Leitung.

      »Leighland hier. Aus Berkeley. Zorin, bist du es?«

      »Hey, Jim. Lange nichts von dir gehört!« Die Begrüßung schien etwas herzlicher, als der Professor erwartet hatte. »Herzlichen Glückwunsch erstmal zu eurer Fertigstellung in Dallas. Ihr habt es ja ganz schön lange geheim gehalten.«

      »Wie ich sehe, nicht gut genug. Woher weißt du es?«

      »Ihr veröffentlicht es nächste Woche in Astrophysicsworld. Naja, ich kenne den Verleger sehr gut und er hat mir einen Vorabzug der nächsten Ausgabe geschickt. Ich hatte dich schon anrufen wollen deswegen.«

      Leighland konterte: »In dieser Welt gibt es einfach keine Diskretion. Der absolute Verfall der guten Sitten.«

      Katchenko lachte und spielte den Ball zurück: »Ja, und natürlich lauft ihr uns wieder den Rang ab. Ihr seid mit einer Leistung von vierzig Teraelektronenvolt doppelt so leistungsstark wie wir damals am CERN. Also sprich nicht vom Verfall der guten Sitten, sprich lieber von der Inflation der Standards.«

      Der Professor lachte in sich hinein.

      »Okay, aber darum rufe ich nicht an. Wir haben ein Problem. Hattest du in deinen Versuchen jemals eine Alphastabilität von längerer Dauer?«

      »Damals in Genf? Nein, hatten wir nicht. Aber in Hengshui. Die Anlage ist fünfzig Teraelektronenvolt stark.«

      Leighland verschlug es fast die Sprache. »Wieso fünfzig? Veröffentlicht und angegeben wurde er mit dreißig, soweit ich weiß. War das gelogen?«

      »Tja, der Verfall der guten Sitten!«, witzelte Katchenko.

      »Verfall der guten Sitten? Zorin, sprechen wir lieber von der Inflation der Standards!«

      Beide lachten.

      »Du meinst, die hatten eine Alphastabilität von längerer Dauer?«

      »Ja, denke schon«, mutmaßte der Russe.

      »Gibt es Unterlagen über die Ergebnisse?

      »Ich habe sie hier und werte sie gerade aus. Man hatte mich um eine unabhängige Meinung gebeten.«

      »Könntest du sie mir zur Verfügung stellen?«

      »Sicher. Ich kann sie dir nach Berkeley faxen.«

      »Nein, nicht nach Berkeley.« Der Professor gab Katchenko die Faxnunmmer des Colliders.

      »Am besten gleich hierher nach Dallas. Zorin, ich habe da ein Problem, über das ich mit dir sprechen wollte. Was denkst du über die Gefahr eines Braneworld Black Hole?«

      »Du meinst wegen der Alphastabilität? Wenn du mich fragst, nein, zumindest nicht damals in Genf. Wir hatten 2010 und 2012 mehrere Durchläufe, da fanden sich kein Black Hole und auch sonst keine Effekte. Es könnte natürlich sein, wenn die Anlage groß genug ist. Wenn Teilchen bei höchsten Energien zusammenprallen, dann könnte es entstehen. Aber wenn es tatsächlich so sein sollte, dass mit größeren Energien … Das wäre ja phänomenal!«

      »Was


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