Collapse. Bernd Roßbach

Collapse - Bernd Roßbach


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an Neuzugängen sprengt jede Krankenversorgung. Außerdem können wir die Verteidigungsreserven nicht einfach abschmelzen.«

      »Wie also lautet Ihre Prognose?«, wollte General Pruitt wissen.

      »Es sieht nicht gut aus. Die Angriffe in den Straßen nehmen ständig zu, und zwar gleichzeitig in der Hälfte aller Bundesstaaten. Wir verlieren jeden Tag Hunderte Einsatzkräfte.«

      »Stockton, ich will konkrete Zahlen, wann bekomme ich sie? Ich kann dem Präsidenten nicht mit Vermutungen kommen. Also, wann liefern Sie?«

      »Wir sind in einer halben Stunde aussagefähig.« Stockton berichtete über Hilferufe von Krankenhäusern aus mehreren Bezirken, in denen die Logistik zusammengebrochen war. Forderungen, die Medizinbestände mit denen anderer Häuser auszugleichen, stiegen jeden Tag. Pruitt hob den Zeigefinger.

      »Gut, Stockton, ich sage Ihnen jetzt, was wir tun. Wir werden es genau andersherum machen. Es wird Zeit, dass wir denen da mal zeigen, wer hier das Sagen hat. Machen Sie einen Plan zur Übernahme aller Krankenhäuser, deren Logistik zusammenbricht. Dann will ich eine Liste von Bezirken mit hohen Verlusten oder Verwundeten. Die Krankenhäuser werden unter unsere Verwaltung gestellt und mit Einsatzkräften versorgt.«

      »Das wird eine Menge Ärger geben.«

      »Nein, wird es nicht. Wir werden sie gar nicht erst fragen. Ich will dazu die Fakten sowie eine Personalplanung, und das bis morgen Früh. Haben Sie mich verstanden?«Ohne Stocktons Antwort abzuwarten, forderte Pruitt erneut weitere Informationen. »Was ist mit den Meldungen zur vermeintlichen Zusammenrottung von diesem verdammten Abschaum?«

      Pruitts Sekretär nahm einige Einstellungen am Bildschirm vor. »Es scheint einen Anführer zu geben.« Dabei zoomte er auf das Kennzeichen eines Wagens.

      »Achten Sie auf den schwarzen Hummer. Das Fahrzeug wurde an verschiedenen Stellen in New York gesichtet. Es fiel auf, dass Creeps sich um das Fahrzeug versammelten und Kontakt mit dem Fahrer hatten. Tonaufzeichnungen aus Richtmikrophonen identifizierten ihn als Magool, einen stadtbekannten Dealer.«

      Der Sekretär spielte die vorbereitete Sequenz einer Überwachungskamera ab. Sie zeigte Magool als hochgewachsenen muskulösen Afroamerikaner. Vor ihm standen zwei Männer. Einer von ihnen trug einen Koffer, der andere eine Maschinenpistole.

      »Eine Geldübergabe«, erklärte Stockton. »Wir haben die Aufnahmen von der Drogenbehörde bekommen. Magools Wagen haben wir vor einigen Stunden verlassen in einer Seitenstraße gefunden.«

      »Welche Informationen haben wir über diesen Magool?« wollte Pruitt wissen.

      »So gut wie nichts. Er nutzt weder Handys noch Computer.«

      »Und Informanten? Verfolgen Sie irgendwelche Spuren?«

      »Zurzeit werden sie noch ausgewertet. Wir erhoffen uns weitere Erkenntnisse.«

      »Ich will diesen Typ haben. Schicken Sie von mir aus den Q-Squat, oder die Seals. Es ist mir völlig egal, nur finden Sie ihn!«

      »Wir haben ihn noch nicht lokalisieren können. Er wechselt ständig die Position. Allerdings haben wir sein Profil im Satelliten-Tracking eingespeist.« Stockton ließ eine Sequenz von Straßenszenen abspielen, auf denen sich Personen rot umrandet wie gekennzeichnete Ziele bewegten.

      »Zwei Satelliten scannen über Erkennungssoftware die Umgebung von New York. Wird Magool erkannt, erfolgt der Zugriff.«

      »Wie lange wird es dauern?«

      »Keine Ahnung. Irgendwann betritt er öffentliche Straßen. Bei zwei Millionen Scans pro Minute haben wir ihn rechnerisch dann nach drei oder vier Tagen.«

      Pruitt, der sich mit diesen Ausführungen zufrieden gab, hatte noch etwas anderes auf der Agenda: »Was ist eigentlich mit Venathaer, unserem Finanzdesaster? Mit, wie es momentan aussieht, dem größten Katastrophenbringer aller Zeiten?«

      »Sir, wir sollten ihn unter Bewachung stellen.«

      »Meinen Sie, er könnte versuchen, das Land zu verlassen?«, fragte Pruitt.

      »Nein Sir, wir halten es aber für wichtig, über seinen Standort jederzeit informiert zu sein.«

      »Machen Sie, wie Sie meinen. Aber ich will ihn sehen. Noch heute!« insistierte Pruitt.

      »Sir, ich lass’ ihn ins Headquarter laden. Und sollte es Erfolgsmeldungen über Magool geben, dann werden Sie umgehend informiert.«

      »Nein, machen Sie mir einen Hubschrauber klar. Ich werde Venathaer aufsuchen und mir dabei gleich einen Eindruck der Lage aus der Luft verschaffen. Manchmal ist es besser, in den Straßen vor Ort zu sein.«

      »Okay, Sir. In dreißig Minuten ist der Helikopter startklar.«

      Pruitt nickte und verließ den Raum.

      ***

      Dallas, vierundzwanzig Stunden nach der Anomalie

      Auf der Anzeige im Kontrollraum des Colliders prangte eine Zehn. Pendergast blickte mit großen Augen auf das Display. »Was passiert hier?«

      »Es wächst!« Sparks wies auf die Anzeige, als würde sie den unumstößlichen Beweis für seine Aussagen liefern.

      »Es kann nicht wachsen. Der Theorie zufolge ist es nicht größer als ein Millielektronenvolt.«

      »Es wächst!«

      »Aber die Hawking-Strahlung, die es abgibt, müsste es zerstören. Es kann eigentlich bei der Größe nicht wachsen«, sagte Pendergast.

      »Doch. Wie Sie sehen, wächst es. Die Hawking-Strahlung können wir nicht messen, sie ist eine Annahme … Wenn sie nicht linear mit der Größe des Lochs ansteigt, kann es sein, dass es weniger Energie verbraucht, als es aufnimmt. Mit anderen Worten: Es wächst.«

      Pendergast trieb Jungforscher Sparks mit seinen Fragen vor sich her. »Haben Sie sich eigentlich mal überlegt, dass wir es mit nichts belegen können? Kein wirklicher Beweis!«

      »Gravitonen wären ein Beweis«, entgegnete Sparks.

      »Aber da wir keine messen konnten, gibt es auch kein Wachstum. Möglicherweise gibt es das ganze verdammte Ding gar nicht. Es kann sein, dass das Loch die Gravitonen einfach verschluckt und in seinem Inneren verdichtet hat.«

      »Ja könnte, hätte, würde. Wir sind Wissenschaftler, Sparks!«

      »Aber wir haben Unmengen an Teilchen detektiert und zusätzlich die signifikante Zeitabweichung in den Messgeräten. Wie wollen Sie es anders erklären, Doktor?«

      »Ich weiß es nicht, Sparks. Weiß Gott … ich habe keine Ahnung.«

      Der Jungforscher sinnierte noch einige Zeit, bevor er sich dazu entschloss, mit seinem Mentor zu telefonieren. Er wählte Leighlands Nummer.

      Professor Leighland hatte das Abendseminar zum Thema Thermodynamik seines Erstsemesters fast beendet.

      »Wenn Sie sich die Maxwell Beziehungen und die Gleichungen nicht merken können, dann hilft ihnen vielleicht das Guggenheim Quadrat(6)«, dozierte Leighland. »Sozusagen ein Spickzettel für Ihre Formeln.«

      Auf der Projektionsfläche hinter ihm erschien ein Quadrat mit neun Feldern, in der sich wie auf einem Schachbrett Buchstaben verteilten. Las man sie im Uhrzeigersinn von der Zwölf aus, so fand man in der Reihenfolge die Buchstaben: »U,V,F,T,G,-p, H, -S«Lediglich das mittlere Feld blieb leer.

      Leighland kommentierte das Quadrat in gewohnt sarkastischer Manier. »Rollins, auch Sie sehen doch hier ein Quadrat, oder nicht?«

      Rollins, ein Student weiter hinten im Hörsaal, der zu den eher schwächeren Studenten gehörte, die in aller Regel mehrmals in einer Vorlesung durch Leighland bloßgestellt wurden, blickte mit großen Augen auf.

      »Aber auch die, die es von hinten nicht so gut sehen können, weil sie wieder mit dem Download ihrer Apps beschäftigt sind, hinhören! Diese Eselsbrücke mag Ihnen helfen, sich an die Beziehungen zu erinnern.«Leighland hielt kurz inne. »Und nein, es sind nicht


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