Das Therapiehunde-Team. Inge Röger-Lakenbrink
»Pet as Therapy« von Lesley Scott-Ordish gegründet, welche die ersten »Pet Visiting Programms« organisierten.
In Österreich konstituierte sich nach vierjähriger Aufbauarbeit aufgrund der Initiative von Dr. Gerda Wittmann im Jahre 1991 der Verein »Tiere als Therapie« (TAT). In der Schweiz waren einige Einzelkämpfer zu dieser Zeit auch aktiv und unter der Leitung von Ursula Sissener, die sich von der »Delta Society« damals schon hatte ausbilden lassen, wurde 1992 – in Zusammenarbeit mit der SKG (»Schweizerische Kynologische Gesellschaft«) – ein gemeinsames Konzept erarbeitet. Die ersten Kurse für THTs wurden 1993 durchgeführt und 1994 wurde der »Verein Therapiehunde Schweiz« (VTHS) gegründet.
Auch in Deutschland entwickelten sich zeitlich parallel organisierte Vereinstätigkeiten, beispielsweise wurde schon 1987 durch die Initiatorin Dr. Brigitte von Rechenberg in Würzburg der Verein »Tiere helfen Menschen e.V.« begründet und 1988 durch PD Dr. Christian Große-Siestrup »Leben mit Tieren e.V.« in Berlin initiiert. Die ersten Einsätze wurden vor allem mit Therapiehunden durchgeführt.
Das erste deutsche Institut wurde 1991 von Ingrid Stephan in Wedemark gegründet – das »Institut für soziales Lernen mit Tieren«. Und erst 10 Jahre später, im Jahre 2001, wurde eine Initiative eigens nur für den Einsatz mit Hunden – die »Interessengemeinschaft Therapiehunde« (IGTH) – von Elke Schmid, Susanne Müller und Nicole Simetria organisiert.
Die verschiedenen Organisationen bewegten sich in ihrer Anfangszeit in einer schwierigen Situation – eine echte Pionierarbeit wurde gegen viele Widerstände von den engagierten Mitgliedern und ihren Hunden geleistet. Eine willkommene Unterstützung waren daher die wissenschaftlichen Forschungsergebnisse, die weltweit für Aufsehen sorgten. Während zunächst nur einzelne Ergebnisse die praktische Arbeit vor Ort förderten und unterstützten, so intensivierten sich die Tätigkeiten der Wissenschaftler auf verschiedenen Gebieten mit ständig neuen Erkenntnissen.
Es ist festzuhalten, dass zwar die Verbreitung dieser wissenschaftlichen Studien die erfolgreichen Einsätze von Therapiehunden untermauerten, aber es steht außer Frage, dass auch heute noch – in vielen unterschiedlichen Bereichen – die aktuelle Praxis der Theorie weit voraus ist!
Infolge der zunehmenden Präsenz von Hunden in der tiergestützten Therapie wurde einigen Aktiven langsam bewusst, dass eine halbwegs anerkannte Tätigkeit von Therapiehunde-Teams nur dann langfristig akzeptiert werden wird, wenn allgemein gültige Qualitätsstandards geschaffen werden. Insbesondere deshalb, weil die einzelnen Begriffe, wie beispielsweise »Therapiehund« oder »Therapiehunde-Team«, in den europäischen Ländern nicht geschützt sind. Damit ist jedweder Missbrauch der Begriffe und damit auch ein unqualifizierter Einsatz unkontrolliert möglich.
Um das Jahr 2000 herum ist eine wachsende Anzahl von Vereinen, Verbänden, Instituten und Akademien entstanden, deren Initiatoren alle sichtlich bemüht sind, Ausbildungskriterien, Schulungsformen und Prüfungsrichtlinien zu etablieren – eine halbwegs einheitliche Basis ist allerdings bisher nicht entstanden! Es besteht eine Szene aus vielfältigen kleinen Initiativen einzelner Gruppen, die sich zum Teil untereinander gar nicht kennen, geschweige denn miteinander kommunizieren.
Immerhin bemühen sich einige wenige Aktive unermüdlich, miteinander ins Gespräch zu kommen und allgemeine Strukturen zu finden. Leider besteht ein oftmals anzutreffendes Konkurrenzdenken, welches der Weiterentwicklung und Etablierung im Sinne einer anerkannten pädagogisch / therapeutischen Arbeit mit Hunden nicht dienlich ist!
Einige nationale und internationale Symposien haben mittlerweile dazu geführt, dass sich einerseits die Wissenschaftler und die Praktiker etwas näher gekommen sind und sich fachlich austauschen konnten, andererseits haben diese Veranstaltungen bewirkt, dass zumindest die Notwendigkeit von Netzwerken erkannt worden ist. So hatte beispielsweise das internationale »TAT-Symposium 2006« in Wien das Thema »Networking« als Schwerpunkt.
Die erste Netzwerkgründung in Deutschland erfolgte im Jahre 2005 durch die Forschungsgruppe »TiPi« – Tiere in Pädagogik integrieren. Unter der Leitung von Dr. Klaus Fitting-Dahlmann gründeten einige engagierte Studenten an der heilpädagogischen Universität von Köln eine Gruppe, die sich mit wissenschaftlichen Fragestellungen zur Integration von Tieren in die Pädagogik befasst. Der wissenschaftliche Forschungsbereich beschäftigt sich mit dem Thema »Tiergestützte Förderpädagogik« – auch unter Einsatz und mit der Unterstützung von Hunden. Eine erste nationale Initiative, die eine tragfähige Konzeption entwickelt hat und beispielhaft für andere tiergestützte Einsatzbereiche sein kann.
Das notwendige Bedürfnis nach nationalem und internationalem Austausch führte in letzter Zeit auch zur Durchführung von ersten gezielten, landesübergreifenden Symposien. Unter der Leitung des deutschen Forschungskreises »Heimtiere in der Gesellschaft« wurde im Jahre 2005 das 1. D.A.CH. Symposium von Fachleuten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz organisiert, mit dem erklärten Ziel, »die horizontale kommunikative Vernetzung zwischen den wissenschaftlichen Institutionen« deutlich zu machen.
Etwa zeitgleich gründeten sich zwei überregionale Dachverbände – ESAAT und ISAAT. Im Jahre 2004 wurde in Wien erstmals ein europäischer Dachverband gegründet – die »European Society for Animal Assisted Therapy« (ESAAT), mit dem erklärten Ziel, eine Harmonisierung der Qualifikationsstandards in der tiergestützten Therapie innerhalb Europas zu erreichen. Gemeinsame Mindestanforderungen an Ausbildung und Kompetenz sollen zukünftig auch auf Brüsseler Ebene entsprechende Anerkennung finden.
Der Gründungspräsident von »ESAAT« war der Obmann des österreichischen Vereins »Tiere als Therapie« (TAT), em. Univ. Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Josef Leibetseder, der ehemalige Rektor der Veterinär Universität Wien, dem über sein nationales Engagement hinaus die Etablierung eines anerkannten Berufsstandes in der tiergestützten Arbeit sowohl in Österreich als auch in Europa allgemein ein großes Anliegen war – leider ist er zwischenzeitlich verstorben. Für die aktuelle Weiterentwicklung des Verbandes setzt sich der derzeitige Präsident Dr. Rainer Wohlfarth ein.
Da es unter den Gründungsmitgliedern aber inhaltliche Differenzen über verschiedene Aspekte gab – insbesondere der Qualitätssicherung von Ausbildungsstandards und deren struktureller Organisation und Umsetzung – spaltete sich ein Teil der Mitglieder ab. Es handelte sich dabei um Vertreter eines deutschen (Institut für soziales Lernen mit Tieren) und zwei schweizerischer Projekte (I.E.T. und GTTA). Sie konstituierten im Jahre 2006 in Zürich eine eigenständige, internationale Organisation, die »International Association für Animal Assisted Therapy« (ISAAT); die derzeitige Präsidentin ist Dr. Andrea Beetz.
Nach anfänglicher Spaltung bewegen sich beide Organisationen nun heute schrittweise aufeinander zu – so ist zumindest 2016 erstmalig ein großer, gemeinsamer Kongress in Hannover abgehalten worden, der vom »Institut für soziales Lernen« unter der Leitung von Ingrid Stephan organisiert wurde – mit immerhin über 400 Teilnehmern! Im Vordergrund stand die gemeinsam entwickelte Konzeption zur Entwicklung und Sicherung von Qualitätsstandards, die eine verbindliche Basis für die Zertifizierung und eine grundlegende Orientierung für die Praxis darstellt.
Den nächsten Jahren kann jedenfalls mit Interesse entgegengeblickt werden ‘Weitermachen’ heißt allgemein die Devise! – im Rückblick auf die vergangenen 35 Jahre hat sich ein enormer Quantensprung vollzogen, der international und besonders in Europa der Bedeutung der tiergestützten Interventionen – und hier vor allem dem Einsatz der Therapiehunde-Teams – zum endgültigen Durchbruch verholfen hat. Das erste umfangreiche deutschsprachige Werk von Dr. Sylvia Greiffenhagen »Tiere als Therapie« hat seit 1991 ebenfalls maßgeblich dazu beigetragen, die Öffentlichkeit vermehrt zu sensibilisieren und allgemeines Interesse zu bewirken. Allerdings lässt, besonders in Deutschland, die Akzeptanz durch eine breite Öffentlichkeit noch sehr zu wünschen übrig.
Die Organisationen und Vereine in den deutschsprachigen Ländern
In Österreich, der Schweiz und in Deutschland beschäftigen