Elisabeth. Artur Hermann Landsberger

Elisabeth - Artur Hermann Landsberger


Скачать книгу
gut tanzen, Geld ausgeben und sich wichtig zu machen.“

      „Danke!“

      „Verzeih meine Offenheit, aber du weißt, ich kann nicht heucheln.“

      „Ich aber habe es bisher getan.“

      „Inwiefern?“

      „Ich bin Kommunist!“

      Elisabeth mußte lächeln.

      „Du weißt, scheint’s, nicht, was das ist.“

      Erich entwickelte mit Pathos das kommunistische Programm. Elisabeth hatte die Augen halb geschlossen und dachte an Reinhart. — Als Erich zu Ende war, sagte sie:

      „Und die Nutzanwendung?“

      „Die durfte ich im Interesse der guten Sache nicht ziehen.“

      „Durftest es nicht? Wer hat es dir verboten?“

      „Wilhelm Fürst.“

      „Dacht’ ich’s mir doch.“

      „Er ist unser geistiger Führer.“

      „Der streng nach dem Programm lebt?“ fragte Elisabeth. —

      Erich schwieg.

      „Oder tut er es etwa nicht?“

      „Wie kommst du zu der Frage?“ rief Erich erregt. „Du weißt etwas!“

      „Er gefällt mir nicht.“

      Da widersprach Erich und setzte sich lebhaft für Fürst ein.

      „Er opfert sich,“ beteuerte er. „Du hättest ihn sehen sollen.“

      „War er etwa auch auf dem Filmball?“

      „Allerdings — das heißt beruflich.“

      „Dann hat er wohl auch beruflich Champagner getrunken und Foxtrott getanzt?“ fragte Elisabeth, die für Augenblicke Reinhart vergaß.

      „Allerdings!“

      „Das lasse ich mir gefallen. Auf die Methode möchte manch einer Kommunist sein.“

      „Du hast keinen Grund, ihn zu verhöhnen.“

      „Im Gegenteil! Ich bewundre ihn.“

      „Ich sah ihn mit ein paar Damen in einer Loge und suchte ihn auf.“

      „Er war wohl sehr überrascht, dich auf dem Ball zu sehen?“

      „Offen gesagt, ich genierte mich.“

      „Und er?“

      „Er sagte leise zu mir, damit die Damen es nicht hörten: ‚Was glaubst du, wie mich das hier anekelt? Aber ich muß die Bourgeoisie da aufsuchen, wo sie am aufdringlichsten und frechsten ist.“

      „Warum muß er?“ fragte Elisabeth.

      „Weißt du es wirklich nicht? Ich hätte dich für klüger gehalten! Um Studien zu machen — wozu wohl sonst? Man muß doch kennen, was man bekämpft.“

      „Ich finde, man sollte mit gutem Beispiel vorangehen, wenn man sich als Menschenbefreier und Weltbeglücker aufspielt.“

      „Aber Elisabeth, dadurch, daß er in die Volksküche geht, bekehrt er doch diese Menschen nicht.“

      „Gewiß nicht! Aber wenn er auf die Rede des Dollarkönigs erwidert hätte: Wir haben der Entente so viel Opfer zu bringen, daß wir uns nichts vergeben, wenn wir das Angebot des Amerikaners annehmen. Dafür aber soll jeder die Hälfte seiner Zeche, die der Amerikaner übernimmt, für notleidende deutsche Kinder opfern — so hätte er damit ein gutes Werk getan.“

      „Das hat ja nichts mit Kommunismus zu tun!“ erwiderte Erich überlegen.

      „Aber mit Menschlichkeit — und die steht höher als eure Parteiprogramme.“

      „Das sind Kompromisse! Davon wollen wir nichts wissen. Sie führen nur zur Verbürgerlichung des Proletariats. Und die ist der Tod des Kommunismus. Ohne Gewalt geht es nun einmal nicht.“

      Elisabeth lächelte und sagte:

      „War es das, worüber du mit mir reden wolltest?“

      Erich wurde etwas kleinlaut und sagte:

      „Ich wollte dich um tausend Mark bitten.“

      „Mitten in der Nacht?“

      „Es ist nicht für mich.“

      „Etwa für Fürst?“

      „Ja! — Er forderte es von mir.“

      „Er forderte es? — Ja, mit welchem Recht?“

      „Nach unserem Parteiprogramm muß jeder, der hat, dem, der nichts hat, geben.“

      „Ja, du hast doch aber nichts.“

      „Ich persönlich nicht — aber Vater — und das ist dasselbe — sagt Fürst.“

      „Sagt Fürst,“ wiederholte Elisabeth. „Und was Fürst sagt, ist für dich Gesetz.“

      „Parteidisziplin ist oberstes Gesetz.“

      „Sieh einmal an, wie du plötzlich gelernt hast, dich unterzuordnen. Auf der Schule tatest du das nicht.“

      „Ich bitt’ dich, Elisabeth, was sind das für Vergleiche!“

      „Nun, in bezug auf Unfreiheit scheint mir der Unterschied nicht allzu groß zu sein.“

      „Ich bitte dich! die Penne und der Kommunismus, das sind doch so weltverschiedene Dinge wie ...“

      „Wie was?“ fragte Elisabeth.

      „Na, wie ein Frosch zum Elefanten oder die Müggelberge zum Himalaja.“

      „Und was will Fürst mit dem Geld?“

      „Weitergeben!“

      „Heut nacht noch?“

      „Ja! — Er sagt, ich könnte mir gar keine Vorstellung davon machen, wie toll es die Bourgeoisie treibt. Bis in den Tag hinein.“

      „Der Aermste! Er opfert sich also geradezu für seine Ueberzeugung, und die Damen, die er bei sich hat, vermutlich auch.“

      „Also bitte, gib mir das Geld!“ drängte Erich.

      Elisabeth schüttelte den Kopf und sagte:

      „Nein! Weder gebe ich dir einen Pfennig für deine politischen Zwecke — du bist ja viel zu ungebildet und unreif, um dich überhaupt politisch zu betätigen, und wenn du jetzt auf den Kommunismus schwörst, so ist das nichts weiter, als die bei deiner Jugend natürliche Reaktion auf den Luxus, der dich hier umgibt — noch gebe ich dir einen Pfennig für diesen sonderbaren Heiligen, der deine Gutmütigkeit ausnutzt.“

      „Du hast keine Ideale, Elisabeth!“ rief Erich. „Ich habe mich schwer in dir getäuscht.“

      „Du wirst zu mir zurückfinden, Erich!“ erwiderte sie in aller Ruhe ihrem Bruder, der sie gekränkt verließ und nach hinten ging bis zur Tür, hinter der die Köchin schlief. Dort klopfte er energisch.

      Eine verschlafene Stimme rief:

      „Wa ...?“ Und als er immer weiter klopfte: „Ja doch! wo brennt’s denn?“

      „Minna!‘ rief Erich. „Machen sie auf!“

      „Jesses! der junge Herr! mitten in der Nacht.“

      „So öffnen Sie schon!“

      Minna lachte laut und rief:

      „Nee, Herr Erich, müssen Sie aber einen zu sitzen haben! — Ich bin des Nachts nicht schöner als am Tage — und jünger auch nicht. — Achtundfünfzig auf den Kopf, damit Sie’s wissen.“

      „Sie sind verrückt! Wer denkt an so was? Ich habe Wichtigeres


Скачать книгу