Touched: Süchtig nach dir. Lea Mayance
Heimweg zu machen.
»Haben Sie heute noch etwas vor?«, fragte jemand hinter ihr auf Englisch, als sie in die enge Gasse hinter dem Dom einbog. Erstaunt drehte sie sich um. Da stand er und grinste sie an.
»Sind Sie mir gefolgt?«, fragte Greta irritiert.
»Ich habe auf der anderen Seite des Platzes gewartet, bis Sie gegangen sind. Ich wollte Ihnen sagen, dass es mir leidtut, dass ich so schnell abgehauen bin. Aber ich finde es immer sehr unangenehm, wenn ich plötzlich von Fans umringt bin.«
»Kann ich verstehen. Ab und zu will man mal privat unterwegs sein.«
Er nickte. »Zum Beispiel, wenn ich eine nette Frau kennengelernt habe. Also, haben Sie noch was vor?«
Nette Frau … er meinte sie. Greta fühlte sich geschmeichelt. Sie überlegte einen kurzen Augenblick. Tom übernachtete bei einem Kumpel und sie hatte es sich mit einem Gläschen Rotwein auf der Couch gemütlich machen wollen. Im Fernsehen lief Vier Hochzeiten und ein Todesfall, einer ihrer Lieblingsfilme.
»Nein.« Sie schüttelte den Kopf.
»Haben Sie Lust, mir die Stadt zu zeigen? Und anschließend würde ich Sie gerne zum Essen einladen. Gibt es hier einen guten Italiener?«
Greta zögerte. »Ja, den gibt es, hinten in der Altstadt. Aber man muss einen Tisch reservieren, da ist es immer voll.«
»Dann sollten wir das tun.«
»Okay, machen wir. Was würden Sie sich gerne anschauen? Den Dom, die Römerschiffe, die Chagall-Fenster? Und übrigens … ich heiße Greta.« Sie streckte ihm ihre Hand hin.
»Freut mich, Greta. Wie ich heiße, weißt du ja schon.« Er nahm ihre Hand und lächelte.
Kapitel 2
Sie blickt aus dem Fenster des Taxis auf einen riesigen Jumbo, der gerade über die Autobahn schwebt. Faszinierend, wie leicht und elegant sie aussehen, denkt sie. Nicht mehr lange, dann wird sie selbst in solch einem Flieger sitzen. Wie immer, kurz bevor sie in ein Flugzeug steigt, ist ihr mulmig zu Mute und ihr Bauch krampft sich in regelmäßigen Abständen zusammen. Wird schon gut gehen, denkt sie und ist sich nicht sicher, ob sie den Flug meint oder das, was danach kommt.
Am Flughafen lässt der Fahrer sie aussteigen, kassiert, holt ihr Gepäck aus dem Kofferraum und rauscht ohne ein weiteres Wort davon. Für ihn war es nur eine von zahlreichen Fahrten, die er täglich macht. Für sie ist es ein Abschied von ihrem alten Leben. Und es endet mit einer langen Warteschlange vor dem Check-in-Schalter. Greta seufzt, stellt sich hinten an und versucht, an etwas Schönes zu denken. An ihr erstes Date mit Connor, auch wenn es gänzlich ungeplant war.
***
Sie liefen nebeneinander durch die Mainzer Altstadt, und Greta erzählte Connor, was ihr zur Mainzer Geschichte einfiel. Zum ersten Mal seit Langem fiel ihr auf, wie malerisch die engen Gässchen, kleinen Plätze, Brunnen und Fachwerkhäuser waren. Sie kamen an kleinen Geschäften vorbei, die viele unnötige Dinge verkauften, die dafür umso schöner waren. In den Schaufenstern stapelten sich kitschige Dekorationsgegenstände neben teuren Bilderalben, edlen Küchenutensilien, allen Zutaten für ein perfektes toskanisches Ambiente und mattem Silberschmuck.
Am Parkplatz legten sie einen kurzen Stopp ein, um Gretas Einkaufstüten in ihrem Auto zu verstauen. Anschließend machten sie einen Abstecher zum Al Cortile, dem angesagten Italiener in einer kleinen Seitenstraße unweit des Doms. Connor schaute sich im Restaurant um, deutete auf einen Tisch in einer Nische und bat den Kellner, diesen für neunzehn Uhr zu reservieren.
Sie schlenderten weiter durch die Altstadt bis zum Römerschiffmuseum. Greta kaufte die Eintrittskarten und führte Connor durch das lichtdurchflutete Museum.
Connor betrachtete interessiert die Überreste der Römerschiffe, die vor einigen Jahren beim Bau des Hilton Hotels ausgegraben worden waren. Die uralten dunklen Holzplanken und die dazugehörigen großen Schiffe, die Archäologen aus diesen wenigen Überbleibseln und vielen Abbildungen aus der Römerzeit rekonstruiert hatten, schienen ihn zu beeindrucken. Für Greta, die schon zweimal in dem Museum gewesen war, gab es im Grunde nichts Neues zu sehen. Doch Connor wies sie mehrmals auf kleine Details hin, die er entdeckt hatte und die ihr bislang verborgen geblieben waren.
Während Connor einige ausgestellte Grabsteine anschaute, ging Greta in eine Ecke des Saals und gab vor, eine plastische Abbildung der Trajanssäule in Rom zu inspizieren. Tatsächlich beobachtete sie jedoch unauffällig Connor, wie er lässig, die Hände in den Hosentaschen, zwischen den archäologischen Exponaten herumlief. Wenn sie nicht gewusst hätte, dass es sich bei dem Mann um einen bekannten Schauspieler handelte – sie hätte ihn niemals im Leben erkannt. Er sah einfach normal aus.
Connor drehte sich zu ihr um, ihre Blicke trafen sich kurz und schon wieder fühlte Greta sich ertappt. Schnell wandte sie den Kopf ab und richtete ihr Augenmerk auf die Säule.
Connor kam zu ihr herübergeschlendert. »Du lernst schnell«, meinte er süffisant.
»Wie meinst du das?« Sie merkte, wie sie schon wieder rot wurde.
»Denk mal drüber nach.« Er zwinkerte ihr zu, drehte sich um und ging zum nächsten Exponat.
Ich weiß genau, auf was du anspielst, Connor O’Bannion, dachte sie. Ja, stell dir vor, ich gucke dir hinterher.
Weil sie bis zum Abendessen noch genügend Zeit hatten, liefen sie zurück zum Dom, damit Connor einen Blick in das Innere des romanisch-gotischen Bauwerks werfen konnte. Greta bemerkte verwundert, wie Connor beim Betreten seine Finger in das Weihwasser tauchte und sich bekreuzigte. Er nahm sogar seine Baseballkappe ab, ließ aber die Sonnenbrille auf.
Ich hätte nicht gedacht, dass er gläubig ist, wunderte sich Greta. Sie hatte mit dem Thema Kirche lange abgeschlossen. Was sie allerdings beeindruckte, war das Können der Erbauer der großen Kathedralen. Es war bewundernswert, was die Menschen früher ohne technische Hilfsmittel geschaffen hatten.
Connor schien ebenfalls fasziniert zu sein, denn er schaute sich alles genau an, blieb vor jeder Statue, jedem Altar und Grab stehen. Greta setzte sich in der Zwischenzeit auf eine der Kirchenbänke und wartete auf ihn.
Nach einiger Zeit wurde sie ungeduldig und blickte auf die Uhr. Es war höchste Zeit zu gehen. Nicht nur, dass ihr Magen das signalisierte … das Al Cortile war in der Regel gut besucht, und es war ratsam, pünktlich zu erscheinen, damit der Platz nicht anderweitig vergeben wurde. Sie suchte Connor in dem riesigen Gebäude und fand ihn in einer Nische vor einer Madonna. Er wandte ihr den Rücken zu, also berührte sie ihn leicht am Arm, als sie ihn ansprach.
»Connor, es wird Zeit, zum Restaurant zu gehen.«
Er zuckte kurz zusammen, drehte sich zu ihr um und schaute sie an, als wüsste er im Moment nicht, wer sie war und dass er sich in ihrer Begleitung befand. Fahrig fuhr er sich durch die Haare und nickte. »Okay, ich komme. Einen Moment noch.« Er nahm eine Kerze, entzündete sie an einer brennenden und stellte sie in den vorgesehenen Ständer neben die anderen.
Als sie aus dem Dom traten, verschwand die Sonne gerade hinter den Dächern und es schien plötzlich zehn Grad kälter zu sein als noch eine Stunde zuvor.
»Ist dir kühl?«, fragte sie mit Blick auf sein T-Shirt.
Er rieb sich die Arme. »Ist schon okay. Ich dachte, ich esse heute Abend im Hotel, deswegen habe ich keine Jacke mitgenommen. Machen wir, dass wir zum Restaurant kommen.«
Im Al Cortile herrschte eine angenehme Atmosphäre. Kerzen und schwache Lampen erhellten den Raum gerade so viel wie nötig. Sie wurden zu ihrem reservierten Tisch in der Nische geführt. Connor setzte sich mit dem Rücken zum Raum und nahm erst dann seine Sonnenbrille und die Kappe ab.
Wie anstrengend das wohl ist, wenn man dauernd befürchten muss, erkannt und belästigt zu werden?, dachte sie. Viele Menschen träumten davon, berühmt zu sein, aber die hatten sicherlich keine Ahnung, welche Einschränkungen man dafür hinnehmen musste.
Er