Depression. Das Richtige tun. Dr. Christine Hutterer

Depression. Das Richtige tun - Dr. Christine Hutterer


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nicht dazu zwingen, sondern nur immer wieder Ihre Beobachtung ansprechen und wie es Ihnen damit geht. Wichtig ist, dass Sie nicht ungehalten, vorwurfsvoll oder fordernd werden. Zwar ist die Behandlung leichter, je früher damit begonnen wird, doch in leichteren und mittelschweren Fällen einer Depression ist es besser, dem Patienten die Zeit zu geben, selbst den Wunsch nach Veränderung entwickeln zu lassen, als ihn zu etwas zwingen zu wollen.

      Auch Hilfe für sich selbst annehmen

      Wenn der Betroffene sich professioneller Hilfe verweigert, bedeutet das nicht, dass auch Sie untätig sein müssen. Vielen Angehörigen tut es gut, selbst aufgefangen zu werden und über die Sorgen um den Betroffenen zu sprechen. Daher können und sollten Sie Hilfe für sich selbst organisieren. Das können Gespräche mit der besten Freundin sein, der Besuch einer Gruppe für Angehörige von Menschen mit psychischen Erkrankungen oder auch ein Besuch beim Hausarzt oder einem Psychotherapeuten. Mehr Informationen, wo Sie als Angehörige Hilfe bekommen, erhalten Sie ab S. 64.

      image Hilfe bei Suizidgefahr: Wenn der Betroffene äußert, dass er lebensmüde ist, nicht mehr leben möchte oder sogar konkrete Wege skizziert, wie er sein Leben beenden möchte, dann müssen Sie schnellstmöglich reagieren. Wählen Sie den Notruf (Tel. 112)! Wie Sie sich auf einen solchen Fall vorbereiten können, erfahren Sie ab S. 109.

      Der Weg zur richtigen Diagnose

      Psychiater und Psychotherapeuten sind wichtige Ansprechpartner bei Depressionen. Die erste Adresse kann aber immer der Hausarzt sein.

      image Eine Diagnose zu haben, ist sowohl für den Betroffenen als auch für die Angehörigen wichtig. Das Wissen, dass dem Zustand des Betroffenen eine Krankheit zugrunde liegt und um welche es sich genau handelt, ändert die Sichtweise und meist auch den Umgang damit. Sinnvoll ist im ersten Schritt, den Hausarzt aufzusuchen. Die umfassenden diagnostischen Möglichkeiten, die der Hausarzt hat, inklusive der Option, an geeignete Fachärzte zu überweisen, stellt sicher, dass die korrekte Diagnose gefunden und die passende Behandlung eingeleitet wird.

      Was kann der Hausarzt tun?

      Verläuft die Erkrankung schwerer, wird der Hausarzt den Patienten an einen niedergelassenen Psychiater oder eine Klinik überweisen. Manchmal stehen auch die körperlichen Beschwerden (z. B. Schlafstörungen, Müdigkeit, Appetit- und Gewichtsverlust) im Vordergrund, sodass der Hausarzt weiterhin der Ansprechpartner bleibt. Das ist in Ordnung, denn Hausärzte kennen ihre Patienten häufig über einen längeren Zeitraum, wissen um die familiäre oder Lebenssituation und Vorerkrankungen. Für die Betreuung durch den Hausarzt spricht auch, dass Ihr Angehöriger möglicherweise mehr Vertrauen zu seinem Hausarzt hat als zu einem fremden Facharzt.

      Der Hausarzt kann Ihren Angehörigen in der Zeit zwischen der Diagnose und dem Beginn einer Psychotherapie oder eines Klinikaufenthalts medizinisch begleiten. Denn unter Umständen kann es mehrere Monate dauern, bis ein Therapieplatz zur Verfügung steht. Diese Phase kann sowohl für die Betroffenen als auch für die Angehörigen schwierig sein. Ein vertrauensvoller Ansprechpartner wie der Hausarzt kann hier unterstützen. Weitere Tipps und Ideen, wie Sie diese Zeit möglichst gut gestalten können, erfahren Sie ab S. 127.

      Zu guter Letzt hat der Termin beim Hausarzt für den Betroffenen noch einen weiteren Vorteil: Weder die Arzthelferin am Empfang noch die anderen Patienten im Wartezimmer wissen, warum man heute kommt – es könnte aufgrund eines Infekts, einer Impfung oder einer anderen Gesundheitsberatung sein – und das macht es manchen Betroffenen leichter.

      Wer stellt eine Diagnose?

      Da verschiedene Ursachen für das Auftreten von depressiven Symptomen verantwortlich sein können, ist eine umfassende Anamnese und Diagnostik von großer Bedeutung. Der Hausarzt kann hier eine erste Einschätzung vornehmen. Zum einen lernen Allgemeinmediziner in ihrem Studium auch, wie psychische Erkrankungen erkannt werden können, zum anderen haben sie den ganzen Menschen im Blick.

      Bis die Diagnose gesichert ist, spricht man von einem „depressiven Syndrom“. Mithilfe von Blutuntersuchungen und bildgebenden Verfahren werden andere Ursachen für die Symptome ausgeschlossen, wie eine Schilddrüsenerkrankung, ein Tumor oder Nebenwirkungen von Medikamenten. Erst dann wird die Diagnose Depression gestellt. Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, zuerst einen Arzt aufzusuchen und nicht die Abkürzung direkt zu einem psychologischen Psychotherapeuten zu wählen. Der ist zwar geschult darauf, Depressionen zu erkennen und zu behandeln, kann aber nicht die gesamte Diagnostik durchführen und auch keine medikamentöse Behandlung beginnen. Neben dem Hausarzt kommen folgende Ansprechpartner infrage:

      imageFacharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Die Fachkräfte für psychische Störungen und Erkrankungen sind Psychiater, also Ärzte mit einer Facharztausbildung für Psychiatrie und Psychotherapie. Psychiater sind aufgrund ihres Medizinstudiums und ihrer Facharztausbildung in der Lage, organische Ursachen für psychische Störungen zu erkennen oder auszuschließen. Sie erkennen im Gespräch mit dem Patienten (Exploration), wie das emotionale Erleben aussieht, ob Ängste, Denkoder Wahrnehmungsstörungen vorliegen und ob die geschilderten Beschwerden und Ereignisse ins Bild einer Depression oder einer anderen psychischen Erkrankung passen. Meist führen die Psychiater auch eine körperliche Untersuchung und eine Labordiagnostik durch. Für eine bildgebende Untersuchung des Kopfes werden sie den Patienten an einen Radiologen verweisen. Auch können Psychiater Medikamente verschreiben und eine Krankschreibung vornehmen.

      imageÄrztlicher Psychotherapeut. Mediziner mit einer mehrjährigen Weiterbildung zum Psychotherapeuten (sogenannte Ärztliche Psychotherapeuten) legen den Schwerpunkt meist auf die Psychotherapie (z. B. kognitive Verhaltenstherapie). Sie würden für eine körperliche Untersuchung an den Hausarzt oder einen Internisten überweisen. Ärztliche Psychotherapeuten können ebenso Medikamente verschreiben und eine Krankschreibung ausstellen.

      imagePsychologe oder psychologischer Psychotherapeut. Psychologen haben ein Psychologie-Studium und gegebenenfalls noch eine Weiterbildung zum Psychotherapeuten absolviert. Wie bei den ärztlichen Psychotherapeuten liegt ihr Schwerpunkt auf der Psychotherapie. Psychologen können keine Medikamente verschreiben und auch keine Krankschreibung ausstellen.

      Der Schweregrad der Depression

      Anhand der Anzahl der Haupt- und Nebensymptome wird der Schweregrad eingeordnet. Als Hauptsymptome gelten Niedergeschlagenheit und Traurigkeit, Verlust von Interesse und Freude sowie Antriebslosigkeit und Energieverlust. Nebensymptome sind verminderte Konzentration und Selbstvertrauen, Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit, Schlafstörungen, Gewichtsveränderungen und Suizidgedanken/-handlungen. Nach der internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD) müssen für die Diagnose mindestens zwei Haupt- und zwei Zusatzsymptome vorliegen. Je mehr Symptome, desto schwerer ist die Depression:

      imageLeichte


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