Petra und der Reiterhof. Torbjörg Hagström
zusammenkrampfte, doch sie sagte nichts. Sie mußte einfach reiten lernen und wollte sich nicht fürchten. Keiner durfte wissen, welche Angst sie hatte – nicht einmal Lena!
Petra gab sich alle Mühe, zu erklären, was ein Reiter beim Trab zu tun hätte, doch Astrid schaffte es nicht, den richtigen Takt zu finden. Sie hopste nur auf und ab, und ihre Hände zerrten am Zügel, bis Petra danach griff, damit sich die ruckartigen Bewegungen nicht auf Svalas weiches Maul übertrugen. Dann aber fiel ihr plötzlich etwas ein.
„Lena, würdest du Svala eine Zeitlang führen?“
Lena übernahm die Zügel, während Petra zurücktrat und Astrid im Takt mit Svalas Schritten abwechselnd hochstemmte und niederdrückte.
„Auf – nieder, auf – nieder“, kommandierte sie und fügte nach einigen Minuten hinzu: „So, versuch es jetzt selbst.“
Astrid kam zwar noch ein paarmal aus dem Takt, hatte nun jedoch begriffen, wie man es machte.
„Ist es so richtig?“
„Ja, prima!“ rief Lena. „Manche brauchen viele Stunden, ehe sie mit dem Leichttraben zurechtkommen.“
Natürlich hob sich Astrid noch immer zu hoch aus dem Sattel, doch sie schaffte es so gut, wie man es von einem Anfänger nur erwarten konnte.
Nach der Reitstunde kehrten sie zum Stall zurück.
„Wie sattelt man ab?“ fragte Astrid.
Petra erklärte es ihr mit viel Geduld. Astrid durfte Svala auch die Trense abnehmen, obwohl sie selbst daran zweifelte, ob sie beim nächsten Mal noch wissen würde, wie man das machte.
„Soll ich Svala in die Box bringen?“ fragte Lena.
„Nein, ich wollte sie auf der Kälberweide grasen lassen“, erwiderte Petra. „Ihr könnt euch beide auf ihren Rücken setzen, während ich sie hinführe. Wenn ihr wollt natürlich.“
„Ohne Sattel?“
„Ja, warum nicht?“
So schaukelten die Schwestern sacht auf dem Pferderücken dahin – Astrid vorn und Lena hinter ihr. Astrid streichelte den warmen Pferdehals mit der einen Hand und hielt sich mit der anderen an der Mähne fest. Es war schön, die Bewegungen des Ponys unter sich zu spüren.
Svala ist ein liebes und feines Pferd, dachte Astrid, und es ist albern, sich vor ihm zu fürchten.
Aber ein wenig Angst hatte sie doch; sie konnte es nicht ändern. Anschließend vereinbarten die Mädchen einen Zeitpunkt für die zweite Reitstunde, die in einigen Tagen stattfinden sollte.
„War es nun so schön, wie du es dir vorgestellt hast?“ fragte Frau Johanson auf der Heimfahrt.
„Ja, das war es. – Nein, eigentlich viel, viel schöner“, erwiderte Astrid. Und man merkte an ihrer Stimme, daß sie es ernst meinte.
Ein Ausritt im Sturm
Am gleichen Abend traf sich der neugegründete Reitklub zum erstenmal, und Petra war natürlich mit dabei. Am wichtigsten war die Wahl des Klubvorstandes. Dann ging es um die Einweihungsfeier der Reitschule. Als Datum wurde der erste Samstag im September festgesetzt.
„Wir haben an ein Programm mit Wettkämpfen und Reitvorführungen gedacht“, sagte Herr Verelius.
„Ich möchte den Vorschlag machen, ein paar von den jungen Leuten ins Festkomitee aufzunehmen“, warf Karin ein. „Sie könnten Anregungen geben und bei der Planung helfen.“
Herr Verelius nickte, und aus den Reihen der jungen Reiterinnen und Reiter wurde scheue Zustimmung laut.
„Wer von euch soll also ins Komitee? Wie wär’s mit Vorschlägen?“ fragte Karin.
„Agneta und Charlotte“, piepste jemand.
„Klaus“, schlug Agneta vor.
„Und wer sonst?“ wollte Karin wissen.
„Rosemarie Engholm“, sagte Petra.
„Petra!“
Petra wandte sich überrascht um. Astrid hatte den Vorschlag gemacht. Und tatsächlich wurden alle fünf, die genannt worden waren, ins Festkomitee gewählt.
„Habt ihr fünf Zeit, morgen abend um halb sieben zu mir zu kommen?“ fragte die Reitlehrerin. „Dann können wir ausführlich über die Einweihungsfeier sprechen.“
Am darauffolgenden Abend brach Petra zeitig auf. Es war lau und windstill; das einzige, was sich bewegte, waren die Räder ihres Fahrrads, die im Kies knirschten.
Karin wohnte in einem kleinen Haus nicht weit von der Reitschule entfernt. Seit ihrem Einzug hatte sie das ganze Häuschen innen und außen frisch gestrichen. Sie war jedoch noch nicht dazu gekommen, den Garten in Ordnung zu bringen. Er sah richtig verwildert aus.
Petra lehnte ihr Fahrrad gegen den Zaun und ging den schmalen Pfad zum Haus entlang. Die anderen waren noch nicht gekommen. Karin deckte gerade den Tisch.
„Kann ich Ihnen helfen?“ fragte Petra.
„Ja, danke, du kannst das Brot schneiden – es liegt dort drüben im Korb. Bist du mit heiler Haut durch den Garten gekommen? Wenn ich nur wüßte, woher all die Brennesseln kommen! Ich muß mich wirklich einmal um das Unkraut kümmern, sobald ich Zeit habe. Ich würde nämlich gern einen Gemüsegarten aus der Wildnis machen.“
Karin war nett, fröhlich und gesprächig. Petra mochte sie gern und vergaß meistens ganz, daß sie nicht gleichaltrig waren. Karin war vierundzwanzig; eigentlich bestanden neun Jahre Altersunterschied zwischen ihnen.
„So, jetzt brauche ich nur noch das Teewasser aufzusetzen“, sagte Karin, als der Tisch gedeckt war. „Hast du übrigens Lust, morgen vormittag bei einem zweistündigen Ritt mitzumachen? Wir wollten zum Kärrsee reiten und dort baden.“
„O ja, gern. Das klingt prima.“
In diesem Augenblick wurde an die Tür geklopft. Es war Rosemarie Engholm. Zehn Minuten später waren alle eingetroffen und saßen um den Tisch versammelt.
Petra sah sich um. Ihr gegenüber, auf dem alten Sofa, saßen die Zwillinge. Sie glichen einander wie ein Ei dem anderen, doch Agneta hatte ihr blondes Haar in weiche Locken gelegt, während Charlotte einen Pferdeschwanz trug. Die Zwillinge hatten hellblaue Augen und unglaublich glatte Haut. Beide trugen elegante weiße Hosen und geblümte Blusen.
Klaus saß ebenfalls auf dem Sofa, da Karin nur drei Stühle hatte. Er war mit seinen achtzehn Jahren der älteste von den fünf Reitschülern. Gut sah er aus; er hatte gleichmäßige weiße Zähne und blondes Haar, doch seine Augenbrauen waren dunkel. Eigentlich kam er nicht aus dieser Gegend; er wohnte nur den Sommer über hier bei Verwandten.
Rosemarie war dreizehn, ein knappes Jahr älter als Astrid, und hatte zwei Jahre beim Rittmeister reiten gelernt. Sie war ein kleines, dralles Mädchen mit dunklen Haaren und schwarzen munteren Augen, die an ein Eichhörnchen erinnerten.
Petra hoffte, daß sie sich alle fünf gut verstehen würden. Sie würden ja nun während des ganzen Sommers viel beisammen sein.
„Bitte, bedient euch“, sagte Karin und ließ die Teekanne und die Platte mit Aufschnitt herumreichen. „Wir wollen gleich zur Sache kommen. Herr Verelius und ich würden beim Fest gern vormittags ein paar Reitvorführungen zeigen und nachmittags Wettkämpfe veranstalten.“
„Dressur und Springen, nicht?“ fragte Agneta.
„Ja.“
„Agneta und ich werden an der Dressur und beim Springturnier teilnehmen“, verkündete Charlotte selbstsicher.
„Ja, natürlich müssen wir versuchen, unseren Klub in ein gutes Licht zu rücken“, erwiderte Karin lachend. „Ich habe selbst vor, mich mit Rex an den Wettkämpfen zu beteiligen, und