Petra und der Reiterhof. Torbjörg Hagström
wußte jedoch, daß ihr Pony gut springen konnte.
„Wäre es nicht am besten, wenn die Klubleitung sich um die Wettkämpfe kümmert?“ fragte Klaus. „Nachdem sowohl die Zwillinge als auch Petra daran teilnehmen wollen, meine ich.“
„Genau das wollte ich eben vorschlagen“, erwiderte Karin. „Wir von der Klubleitung sind mit den Plänen für die Wettkämpfe schon ziemlich weit gekommen.“
„Und welche Vorführungen sollen gezeigt werden?“ fragte Rosemarie.
Karin lächelte. „Das sollt ihr euch überlegen. Natürlich werde ich euch helfen, wenn es nötig ist; zum Beispiel, falls ihr eine Quadrille einüben wollt. Die Pferde der Reitschule stehen euch zur Verfügung, und ich kann euch auch behilflich sein, die geeigneten Reiter auszuwählen. Ich sehe ja während der Stunden, was die einzelnen Leute können.“
„Eine Quadrille wäre nicht schlecht“, meinte Rosemarie. „Troll wäre auch das richtige Pferd, um Zirkuskunststücke vorzuführen.“
Eine lebhafte Diskussion entstand, bei der viele verschiedene Möglichkeiten besprochen wurden, und es war spät, als Petra wieder nach Hause fuhr.
Petra war wie gewöhnlich um halb sieben Uhr morgens auf den Beinen.
Ihr Pony wieherte lautstark zur Begrüßung, als sie in den Stall kam.
„Hallo, Svala, möchtest du ein bißchen Hafer?“
Petra summte fröhlich vor sich hin, während sie ihr Pony striegelte und die Box ausmistete. Als sie fertig war, ging sie in den Kuhstall und machte auch dort sauber. Das gehörte zu ihren Pflichten, während ihr Vater das Melken besorgte. Anschließend führte sie die Kühe auf die Weide. Sie ritt ohne Sattel auf Svala und brachte ihr Pony zu den Kälbern auf die Wiese hinter der Kuhweide.
Da der Ausritt nicht vor zehn Uhr beginnen sollte, arbeitete Petra noch einige Zeit im Gemüsegarten, ehe sie sich mit Svala auf den Weg zur Reitschule machte.
Na, ein großer Verdienst kann das heute für die Reitschule nicht sein! dachte Petra unwillkürlich, als die Reiter vor dem Stall aufsaßen. Nur drei der sieben Teilnehmer waren zahlende Kunden, nämlich zwei kleine Mädchen auf Puppe und Troll und Klaus auf dem vierjährigen Fuchs Ballade. Karin ritt mit Rex an der Spitze, und die Zwillinge Verelius waren ebenfalls mit von der Partie.
„Ist das eine Hitze!“ stöhnte Agneta. „Ich freue mich schon aufs Baden.“
„Du hättest eine Reitkappe aufsetzen sollen, Klaus“, sagte Karin tadelnd.
„Bei dieser Hitze? Nie im Leben! Ich falle schon nicht vom Pferd“, erwiderte Klaus grinsend.
Die drückende Schwüle machte die Pferde ziemlich träge, ausgenommen Ballade, der aus irgendeinem Grund unruhig war. Fleur, Agnetas nervöse Stute, ging vor Ballade. Sie scheute jedesmal fast, wenn der Wallach wieder einen Satz machte. Petra konnte ein schadenfrohes Lächeln nicht unterdrücken. Den Platz vor Klaus hatte Agneta selbst gewählt. Sie hatte sich sogar zwischen ihn und Charlotte gedrängt, als sie aufgebrochen waren.
Nach einem Ritt, der trotz allem recht friedlich verlief, sahen sie den Kärrsee zwischen den Baumstämmen glitzern. Der Boden wurde nun ziemlich sumpfig, und die Hufe der Pferde versanken im Morast. Bald folgten sie dem Pfad, der am Ufer entlangführte, bis sie auf festeren Boden kamen und ein Stück Sandstrand erreichten.
„Absitzen!“ befahl Karin.
Minuten später waren alle in ihre Badesachen geschlüpft, und die Pferde standen unter den Bäumen. Doch während die Reitgesellschaft badete, türmten sich drohende Wolken am Himmel über dem See. Charlotte warf einen Blick zum Horizont und sagte: „Da kommt ein Gewitter, glaube ich.“
„Ja, wir müssen uns wohl ein bißchen beeilen“, erwiderte Karin. „Es wird bald zu regnen anfangen.“
Als sie losritten, fielen die ersten Tropfen. Plötzlich erklang ein gewaltiger Donnerschlag, und im nächsten Augenblick begann es wie aus Kannen zu gießen. Ballade vollführte einen Satz, stürmte aus der Reihe und hielt am Seeufer so plötzlich an, daß Klaus vornüberfiel und sich an der Mähne des Pferdes festklammern mußte. Puppe folgte dem Wallach, warf sich jedoch zur Seite, als Ballade stehenblieb, und landete im seichten Wasser.
„Wer hat behauptet, daß er nicht vom Pferd stürzt?“ fragte Karin trocken.
„Ich bin ja auch nicht gestürzt, nur beinahe“, rief Klaus zurück, während er wieder in den Sattel zurückrutschte.
In diesem Augenblick erklang ein lautes Platschen und ein Schrei. Puppe steckte im Schlick fest und war umgefallen, als die Reiterin versuchte, das Pferd wieder ans Ufer zu treiben.
„Hilfe, Puppe kommt nicht hoch!“ rief das Mädchen und zerrte an den Zügeln.
Karin sprang ab, warf Petra Rex’ Zügel zu und lief zum Ufer.
„Nein, bleib weg mit Ballade“, rief sie Klaus zu, der ebenfalls helfen wollte. „Sonst steckt dein Pferd am Ende auch noch fest!“
Gerade als Karin das Ufer erreichte, machte Puppe erneut einen heftigen Ruck. Die Reitlehrerin griff nach dem Pferdehals und zog gleichzeitig.
Diesmal hatten sie Glück, denn Puppe kam zappelnd auf die Beine und stolperte an Land.
„Geschafft!“ keuchte Karin. „Jetzt wird es Zeit, daß wir nach Hause reiten!“
Ihre Worte gingen in einem neuen Donnerschlag unter, der stärker als der erste war.
„Wenn nun der Blitz einschlägt?“ jammerte das Mädchen, das auf Troll ritt. „Ich habe Angst!“
„So gefährlich ist es nicht“, erwiderte Karin. „Sei nur ganz ruhig, sonst wird dein Pferd auch noch nervös.“
„Es gibt doch eine Abkürzung zum Reitstall, Karin“, Warf Petra ein.
„Tatsächlich? Wo denn?“
„Der Pfad dort drüben, der nach rechts führt. Er endet im Wäldchen hinter dem Stall, und man kann zwischendurch ein gutes Stück weit galoppieren.“
„Fein, dann nehmen wir diesen Weg“, bestimmte Karin.
Während sie auf dem schmalen Pfad dahintrabten, der anfangs ziemlich unwegsam war, grollte der Donner, und die Regenschauer hielten an. Nach einer Weile wurde der Pfad besser, und sie galoppierten durchs hohe Gras. Svala schnaubte eifrig; es gefiel ihr, zusammen mit anderen Pferden zu galoppieren. Ballade stolperte über einen Grasbuckel, doch Klaus schaffte es, den Wallach wieder in die Gewalt zu bekommen.
Plötzlich lag ein dünner Fichtenstamm quer über dem Pfad.
„Der Stamm ist nicht hoch“, rief Karin. „Wir springen!“
Rex überwand das kleine Hindernis mit Leichtigkeit, und die anderen Pferde folgten. Svala zog die Beine an und sprang gerade so hoch, wie es nötig war.
„Halt, wartet!“ rief das Mädchen auf Troll plötzlich.
Karin zügelte Rex, und Petra streichelte den nassen Hals ihres Ponys. Das Mädchen auf Troll saß auf dem Widerrist und hielt sich krampfhaft an der Mähne fest. Sie hatte die Zügel fallengelassen, doch als alle anderen Pferde stehenblieben, hörte auch Troll auf zu galoppieren und fiel in Schritt.
„Sind wir nicht bald zu Hause?“ fragte das Mädchen ängstlich, während sie sich wieder im Sattel zurechtsetzte.
Arme Kleine, dachte Petra. Sie selbst hatte es nicht eilig. Sie fürchtete sich nicht vor Gewittern, und nasser als sie bereits war, konnte sie nicht mehr werden.
Das Unwetter zog langsam ab, doch es regnete noch immer, als die Reitgesellschaft den Stall erreichte.
Gegen Abend klarte das Wetter auf; am nächsten Morgen aber strömte der Regen wieder vom Himmel. Das war der Tag, den sie für Astrids zweite Reitstunde festgelegt hatten, und Petra fragte sich, ob sie bei diesem Wetter überhaupt