Petra und der Reiterhof. Torbjörg Hagström

Petra und der Reiterhof - Torbjörg Hagström


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aber …“

      „Das hätte ich mir denken können! Ehrlich gesagt verstehe ich nicht, was du dir dabei denkst. Bildest du dir wirklich ein, daß sie das schafft?“

      „Ja, das bilde ich mir ein“, erwiderte Petra und sah Agneta fest in die Augen.

      „Aber das ist doch Wahnsinn! Sie sieht ja nicht, wohin sie reitet!“

      „Svala sieht für sie, und ich verständige mich durch Zurufe mit ihr, wenn ein Hügel kommt, damit sie vorbereitet ist“, sagte Petra ruhig.

      „Das wird aber kein Sonntagsspaziergang für Anfänger“, erwiderte Agneta sehr bestimmt. „Wir machen einen ordentlichen Geländeritt!“

      Die Zwillinge mußten teilweise in der Reitschule mithelfen, damit Karin ab und zu freinehmen konnte, doch Agneta war nicht sehr begeistert davon. Sie sprengte lieber allein durchs Gelände, statt auf ungeübte Reiter aufzupassen. Die Ausritte der Reitschule waren für sie nur eine lästige Pflicht.

      „Sind Lena und Marie nicht auch Anfänger?“ wandte Petra ein.

      „Sie haben ungewöhnlich hart trainiert“, sagte Agneta, „und haben schon eine Menge gelernt.“

      „Das hat Astrid auch!“

      „Ich kann ihr nicht verbieten, mitzukommen, nachdem die Reitwege für alle da sind“, sagte Agneta kühl. „Aber ich weigere mich, besonders auf Astrid aufzupassen.“

      „Das brauchst du auch nicht. Sie schafft es ebensogut wie Lena und Marie.“

      „Dann übernimmst du die Verantwortung. Ich tue es jedenfalls nicht, daß du’s nur weißt!“

      „Ich übernehme die Verantwortung schon, darauf kannst du dich verlassen!“

      Petra marschierte wütend zur Sattelkammer. Erst als sie den Sattel auf Rex’ Rücken hob, sah sie ein, daß sie in ihrem Zorn vielleicht zu weit gegangen war. Stimmte es wirklich, daß Astrid alles genauso schaffen würde wie die anderen Mädchen?

      Rex öffnete willig das Maul und half sogar mit, seinen großen Kopf in die Trense zu zwängen. Für gewöhnlich war er brav und umgänglich, doch wenn er zu lange gestanden hatte, konnte er ziemlich wild sein. Petra begriff, daß er auf diesem Ritt wenigstens zeitweise ihre ganze Aufmerksamkeit beanspruchen würde – und vielleicht gerade dann, wenn Astrid ihre Hilfe brauchte. Das war kein angenehmer Gedanke, doch Petra glaubte sicher, daß Svala sich nicht zu irgendwelchen Bocksprüngen verleiten lassen würde, wie Rex sich auch immer betragen mochte. Außerdem mußte Agneta ja auch Rücksicht darauf nehmen, daß sie mit ungeübten Reitern unterwegs war. Petra hatte die Hoffnung, daß sie auf den Galopp verzichten würde.

      Sie bildeten die Nachhut hinter Astrid. Lena ritt auf Puppe vor Astrid. Schon als sie im Mittelschritt vom Stallhügel losritten, warf Rex den Kopf zurück und vollführte einen Satz. Das war eine kleine Kostprobe der Schwierigkeiten, die Petra erwarteten.

      Anfangs ging alles gut. Die Gruppe ritt im Schritt und im leichten Trab dahin und erklomm einige Hügel, die ziemlich niedrig waren. Rex wollte natürlich schneller als die anderen vorwärtskommen, und nach einer Weile schmerzten Petras Arme von der Anstrengung, ihn zu zügeln. Das große Pferd zeigte sein Mißvergnügen durch zurückgelegte Ohren und zornige Kehllaute.

      „Langsamer!“ rief Agneta plötzlich.

      Gott sei Dank, jetzt kann ich meine Arme ein bißchen ausruhen lassen, dachte Petra. Rex war nicht besonders empfindlich im Maul. Nun ritten sie über eine Lichtung mit Büschen und Birken am Rand, und Rex entspannte sich endlich.

      Petra freute sich über den Anblick der gepflegten Pferde zwischen dem grünen Laub. An der Spitze ritt Agnetas schlanke Fuchsstute, dann folgten die silbrig schimmernde Polly und Ballade, glänzend wie ein Kupferkessel. Trolls goldenes Fell stand in schönem Kontrast zu der dunkelbraunen Puppe, und dann kam Astrid auf der kohlschwarzen Svala – eine richtig schmucke Equipage, dachte Petra stolz. Dicht vor ihr war Rex’ langer, fuchsroter Hals. Alles wirkte friedlich und idyllisch …

      Doch nun drehte sich Agneta um und rief: „Gleich kommen wir an ein großes Feld. Dort galoppieren wir; bleibt aber hinter mir. Auf dem Feld sind zwei kleine Gräben, über die wir springen müssen, aber das schafft ihr leicht. Abteilung im Trab. Marsch!“

      Wie dumm, Anfänger über ein Feld galoppieren zu lassen, dachte Petra. Einige würden es vielleicht nicht einmal schaffen, auf ihren Plätzen in der Reihe zu bleiben, wenn die Pferde vom Rausch der Geschwindigkeit erfaßt wurden. Und was dachte sich Agneta nur dabei, die Teilnehmer springen zu lassen?

      Dann kam sie jedoch auf andere Gedanken, da Rex wieder losstürmen wollte. Sie hatte alle Hände voll zu tun, ihn zurückzuhalten.

      Minuten später fragte sich Petra, ob sie den Ausritt nicht abbrechen und mit Astrid umkehren sollte. Doch was würden die anderen denken, wenn sie so deutlich zeigte, was sie von Agnetas Befehlen hielt, würden sie Angst bekommen und ihr ebenfalls nicht mehr folgen? Das war unmöglich. Im Augenblick vertrat Agneta die Reitlehrerin, und jeder, der auf einem Pferd der Reitschule saß, mußte ihren Anweisungen folgen. Es ging ja nicht, daß jeder tat, was ihm paßte, und auf eigene Faust losritt.

      Nach kurzem Trab erreichten sie den Waldrand und ritten auf das Feld. Petra hatte gerade den Entschluß gefaßt, Agneta zuzurufen, sie solle lieber auf den Galopp verzichten. Sie wollte so tun, als könnte sie Rex nicht unter Kontrolle halten. Das konnte ja keiner übelnehmen, und die Anfänger brauchten dann weder zu galoppieren noch zu springen. Doch sie kam nicht mehr dazu, ihr Vorhaben auszuführen.

      „Galopp!“ schrie Agneta schon und vollführte einen Blitzstart auf ihrer Stute Fleur.

      Auch die anderen Pferde galoppierten los, und das Donnern der Hufe machte es Petra unmöglich, noch etwas einzuwenden. Sie war fest entschlossen, Rex nicht an Svala vorbeiziehen zu lassen, schaffte es jedoch nur mit knapper Not.

      Der erste Graben war klein und unbedeutend, genau wie Agneta gesagt hatte. Sogar Polly, die eigentlich noch nicht eingesprungen war, überwand ihn ohne Schwierigkeiten. Rex sprang viel zu früh ab, kam aber trotzdem gut auf die andere Seite. Kaum waren sie gelandet, warf er sich zur Seite und vollführte eine ganze Serie ungebärdiger Bocksprünge. Alle Energie, die er aufgespeichert hatte, während er im Stall stand, schien plötzlich auf einmal hervorzubrechen.

      Vergebens versuchte Petra, ihn zu zügeln. Sie schwebte ein Stück über dem Sattel, und als Rex sich erneut zur Seite warf, verlor sie das Gleichgewicht völlig. Im Fallen sah sie den Pferdekörper wie eine verschwommene Masse neben sich.

      Sie landete im Gras, hielt jedoch die Zügel noch immer fest in der Hand. Aber Rex wollte nicht stehenbleiben. Seine Hufe blitzten durch die Luft, und Petra wurde mit einem gewaltigen Ruck durchs Gras geschleift. Sie konnte nicht mehr klar denken, konnte nicht einmal die Zügel loslassen. Das einzige, was sie bewegte, war der Instinkt, sich festzuklammern. So ließ sie sich weiterschleifen, als hinge ihr Leben davon ab, die Zügel nicht loszulassen.

      Keiner der anderen hatte bemerkt, daß Petra abgeworfen wurde. Agneta und Klaus ritten voraus und genossen den wilden Galopp in vollen Zügen. Lena, Marie und das Mädchen auf Ballade waren ein wenig unsicher und hatten genug damit zu tun, sich im Sattel zu halten. Astrid war die einzige, die das wilde Schnauben hinter sich hörte, doch sie wußte nicht, was es bedeutete. Sie dachte überdies vor allem daran, daß sie sich für den nächsten Graben bereithalten mußte. Der erste war ihr eigentlich nicht so schlimm vorgekommen, doch die Geschwindigkeit ängstigte sie. Sie war nie zuvor so schnell geritten. Der ruhige Galopp auf Petras Reitbahn war etwas ganz anderes als diese wilde Jagd. Wie groß mochte dieses Feld sein, und würde sie es schaffen, Svala zu zügeln, wenn sie anhalten mußten? Jede Sekunde schien ihr wie eine Ewigkeit, und ihr war, als könnte jeden Augenblick etwas Schreckliches geschehen.

      Tiere sind keine Gedankenleser, doch sie vermögen die kleinsten Bewegungen zu verstehen – Bewegungen, die so flüchtig sind, daß Menschen sie kaum wahrnehmen. Svala spürte sehr genau, daß ihre Reiterin sich fürchtete. Das Pony sah zwar selbst nichts, was


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