Facts tell, Storys sell. Michael Moesslang

Facts tell, Storys sell - Michael Moesslang


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oder Künstler sind – mit sich? Wie erzeugen Sie die Emotionen, die ideal sind, damit der Zuhörer am Ende die richtige Entscheidung trifft?

      Die Orgel der Emotionen

      Laut Ernest Lehmann, dem Drehbuchautor von Der unsichtbare Dritte, sagte Sir Alfred Hitchcock einmal zu ihm: „Das ist kein Film, an dem wir arbeiten, wir konstruieren eine Orgel, eine dieser Orgeln, die man beim Stummfilm hatte. Und wir spielen einen Akkord und das Publikum lacht. Dann einen anderen und das Publikum hält den Atem an. Und bei diesem kichert es. Eines Tages brauchen wir keine Filme mehr zu machen, wir schließen sie an verschiedene Elektroden an und spielen die verschiedenen Emotionen, die sie im Kino erleben werden.“

      Ich komme aus der Werbung, hatte 20 Jahre eine Agentur. In der Werbung können Sie nur emotional überzeugen, alles andere wirkt nicht stark genug, dass sich die Ausgaben lohnen würden. Doch welche Emotionen soll ein Produkt, soll die Werbung vermitteln? Bei Produkten, bei denen es nur um Emotionen geht, weil Fakten eher dagegensprechen, ist das klar. Wenn Sie für Zigaretten, Alkohol und dergleichen werben, ist eine Markenwelt aufzubauen die einzige Möglichkeit. Der Camel-Mann, der Marlboro-Cowboy oder die kartenspielenden Whisky-Brauer. Oder wollen Sie damit werben, wie krank und süchtig das Produkt macht?

      Doch wie verkaufen Sie eine Waschmaschine, Strom oder eine Versicherung? Sicherlich wenig wirkungsvoll durch Umdrehungszahlen. Und über den Preis nur, wenn er stark genug ist, eine Emotion auszulösen. Meist ist es das gute Gefühl. Niemand würde dagegen eine Versicherung kaufen, wenn er nicht Angst vor Schaden hat. Es ist also Ihre Aufgabe, gerade so viel Angst aufzubauen, dass er kauft, aber nicht so viel, dass er sich vor Hoffnungslosigkeit das Leben nimmt. Überzeugende Emotionen können und müssen manchmal sogar negativ sein.

      Geht denn das nicht in deinen Schädel?

      Neben dem eigentlichen Überzeugen ist es immer wieder Ihre Aufgabe, dass sich Ihre Zuhörer etwas merken. Sei es bei einer Schulung, wie der bereits erwähnten Sicherheitsunterweisung. Sie wollen als Anbieter im Gedächtnis bleiben und der Kunde soll das nächste Mal bei Ihnen kaufen. Oder Sie wollen, dass Ihr Chef sich bei der nächsten Karriererunde daran erinnert, wie gut Sie das Projekt geleitet haben.

      Heute glaubt man, dass bereits der Neandertaler und vielleicht sogar noch frühere Menschen am berühmten Lagerfeuer sich Geschichten erzählt haben, um zu überleben. Als man noch keine Sprache hatte, vermutlich durch Gestik und Tanz. So wurden Erfahrungen weitergegeben und die nächsten Generationen haben gelernt, welche Beeren giftig sind, wie man einen Elch erlegt oder eine Kriegsstrategie entwickelt. So sind sogar Religionen entstanden, die es mit 120 000 Jahren rund vier Mal so lange gibt, wie es umfassende Sprache gibt.

      Das Gehirn hat sich also schon vor mehreren zehn- bis hunderttausend Jahren an Geschichten gewöhnt. ZDF, Bullet-Point-Listen und PowerPoint dagegen sind eine Erfindung der neuesten Zeit. Wir arbeiten mit unserem Steinzeitgehirn in einer digitalen Welt und wundern uns, dass es anstrengend ist? Dafür ist unser Gehirn einfach noch nicht ausreichend mutiert. Vielleicht in ein paar 10 000 Jahren. Natürlich können wir es trainieren, so wie wir auch stundenlang sitzen oder fahren mit 300 Stundenkilometern trainieren können. Gemacht sind wir dafür nicht.

       Unser Gehirn ist nicht für Listen und Zahlen gemacht. Für Geschichten schon.

      Testen Sie sich selbst, wie lange Sie sich Zahlen merken können. Nicht ein oder zwei, sondern alle aus einer Präsentation. Okay, ich will Sie nicht überfordern: Merken Sie sich bei der nächsten Zugfahrt Ihre Wagen- und Sitznummer beim Verlassen des Hauses und schauen Sie dann nicht mehr nach. Durchschnittlich sieben Mal schaut der reservierende Bahnfahrer tatsächlich nach. Zwei Zahlen. Nur zwei lächerliche Zahlen. Und ich nehme mich da nicht aus, sieben dürfte hinkommen.

      Kim Peek dagegen kannte laut eigenen Angaben den Inhalt von etwa 12 000 Büchern auswendig. Er konnte mit dem linken und rechten Auge jeweils zwei Seiten gleichzeitig lesen. Außerdem wusste er für jede US-amerikanische Stadt die Postleitzahl, Vorwahl und den Highway, der dorthin führt und konnte zu jedem Datum binnen Sekunden den Wochentag nennen. Einer von rund 100 bekannten Savants war er das Vorbild für den Film Rain Man mit Dustin Hoffman. Dieser ging mit seinem Bruder ins Café und bemerkte sofort 247 Zahnstocher.

      Könnten Sie das? Die meisten PowerPoint-Präsentationen haben eine Menge Zahlen oder Fachbegriffe. Die meisten Zahlen, Daten und geschichtenlos aufgelisteten Fakten gehen jedoch nach rund 30 Sekunden wieder verloren. Wenn sie überhaupt erfasst werden können. Wozu sie also dann Ihrem Publikum zumuten? Doch genau das machen viele Präsentierende.

      Geschichten helfen, das Gelernte leichter zu behalten. Sie können sich vielleicht nicht jeden Witz merken – auch ein Witz ist meistens eine Geschichte –, doch Sie erinnern sich beim nächsten Mal zumindest daran, dass sie ihn schon mal gehört haben. Und wenn Sie sich schon mit Gedächtnistechniken beschäftigt haben, ist eine der einfachen Methoden, die Fakten in eine Geschichte einzubauen.

      Als Hitchcock der Präsentation erzähle ich Ihnen nun die letzten zehn Filme von Sir Alfred Hitchcock (1899–1980) so, dass Sie sie sich merken können. Lesen Sie dabei langsam und am besten laut und mit Betonung. Geben Sie sich die Zeit, das Gelesene bildhaft vorzustellen. Sie wissen bereits: Das können Sie ohnehin nicht vermeiden. Doch lassen Sie sich ausreichend Zeit dazu. Die Filmtitel sind fett und kursiv gesetzt.

      Als ich mich entschied, mein Präsentationsbuch So würde Hitchcock präsentieren zu nennen, dachte ich, ich bin Der falsche Mann, denn wie Alfred Hitchcock sehe ich gar nicht aus. Da wurde mir ganz schwindelig und es drehte sich mir alles. Man nennt das in der Fachsprache Vertigo. Aber dann dachte ich mir, na gut, das Buch, Alfred Hitchcock und ich, als Der unsichtbare Dritte. Na ja, als Unsichtbarer muss man schon ein bisschen Psycho sein, oder? Also stellte ich mir vor, ich könnte fliegen wie Die Vögel. Doch wie das so ist, Vögel kacken unkontrolliert und natürlich viel zu viel. Und als es mir entglitt, landete die ganze Bescherung direkt auf Marnies Kopf. Dabei erschrak sie so sehr, dass sie wild um sich schlug. Da hatten wir die Bescherung: ein kaputtes Fenster und Der zerrissene Vorhang. Sogar ihre Kette fiel herunter und der blaue Topas zerbarst in tausend Teile. Doch dann kam Frenzy, legte mit Ihrem Gewehr an und schoss mich vom Himmel. Ich wurde feierlich im Familiengrab beigesetzt.

      Wenn Sie aufmerksam gelesen haben, können Sie nun sechs, sieben oder acht der Filme wiedergeben. Am schwierigsten sind vermutlich Namen wie Marnie oder Frenzy, wenn Sie sie vorher noch nie gehört haben. Lesen Sie es zwei, drei Mal und Sie haben alle zehn parat.

      Das Gehirn hört eine Story und erzeugt daraus Bilder. Es entstehen parallel dazu Emotionen. Beides lässt sich leicht im Gedächtnis abspeichern.

      Wir merken uns keine Texte

      Wenn Sie einen Text hören oder lesen, können Sie ihn nicht wörtlich wiedergeben. Auch nicht die kurze Geschichte mit den zehn Hitchcock-Filmen. Den Inhalt dagegen können Sie sich merken. Das liegt daran, dass wir einen Text – egal ob Geschichte oder nicht – in Bilder und Emotionen übersetzen müssen. Denn im Gehirn werden keine Texte abgespeichert, sondern Bilder, Emotionen und verstandene Zusammenhänge.

      Selbstverständlich gibt es Ausnahmen. Ich hatte neulich eine Teilnehmerin, die behauptete, dass sie mindestens die letzten paar Minuten wörtlich wiedergeben könne. Immer. Testen lassen wollte sie sich jedoch nicht. Sie schaffen das auch irgendwann, wenn Sie ein Gedicht, Lied oder eine Sprechrolle auswendig lernen, mit Technik oder nur durch Wiederholung.


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