Beyond price. Svea Lundberg

Beyond price - Svea Lundberg


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den Flieger steigen musste, und außerdem ging ich hier zur Uni. Oder vielmehr: in das schweineteure Privatinstitut. Wäre das nicht gewesen, hätte ich mir auch allen Ernstes überlegt, nach L.A. zu ziehen. Einfach, weil gefühlt mein halber Freundeskreis dort lebte. Die andere Hälfte nach wie vor in meiner ursprünglichen Heimat Santa Fe. Ich war weiß Gott nicht einsam in New York, traf mich auch regelmäßig mit einigen Leuten aus dem Institut. Aber die Freundschaften zu ihnen waren eher lose und manchmal wünschte ich mir schon, wenigstens irgendeinen guten Freund nur einige Querstraßen weiter zu wissen.

      Die Kellnerin, die an unseren Tisch trat, unterbrach meine Gedanken.

      ~*~*~*~*~*~

      Am nächsten Morgen erwachte ich, weil Wasser auf meine Stirn tropfte. Und nicht nur auf meine Stirn. Ganz sicher war da eben auch ein Tropfen auf meiner Nase gelandet.

      Wasser.

      In meinem Gesicht.

      Wenn ich im Bett lag.

      Warum?

      Ich lag doch in meinem Bett, oder?

      Blinzelnd schlug ich die Augen auf, sah mich um und stellte fest, dass es tatsächlich eindeutig mein Bett war. Das war gut. Der Umstand jedoch, dass immer mehr Wassertropfen auf mich fielen, war alles andere als gut.

      Das war Scheiße!

      Abrupt schoss ich hoch und sprang regelrecht aus dem Bett. Verhedderte mich dabei in der Decke und hätte mich beinahe auf dem Dielenboden langgelegt. Ich schaffte es gerade noch, mich auf der Matratze abzustützen. Fluchend zerrte ich mir die Decke vom Leib, richtete mich auf, sah hoch zur Decke – und fluchte erst richtig los.

      »Jesus! Fuck! Was ist das für eine Scheiße?«

      Die eigentlich weiß gestrichene Decke hatte sich direkt über meinem Bett großflächig dunkel verfärbt. Ein verdammter, riesiger Wasserfleck, der sich vor meinen Augen sogar noch auszudehnen schien. An manchen Stellen tropfte es von der Decke, an der Wand am Kopfende des Bettes lief ein Rinnsal entlang. Ein dünnes nur, aber eben doch ein verficktes Rinnsal.

      »Scheiße, Scheiße, Scheiße, FUCK!«

      Hastig tappte ich quer durch den Raum, der neben meinem Schlaf- auch mein Wohn- und Arbeitszimmer war, riss meine Klamotten vom Vortag von der Stuhllehne und eilte, während ich noch in mein Shirt schlüpfte, zur Tür. Rannte barfuß durchs Treppenhaus und die Stufen zu Mabels Wohnung hinauf. Ich hatte keine Ahnung, wie spät es genau war, aber da ich gestern noch bis tief in die Nacht an meinem Modell gearbeitet hatte, vermutlich schon nach neun oder zehn. Mabel sollte auf jeden Fall wach sein, und auch wenn sie dank ihres Alters von bewundernswerten dreiundachtzig Jahren manchmal nicht mehr die Fitteste war, sollte sie doch wohl merken, dass es hier im Haus einen verdammten Wasserrohrbruch gegeben hatte. Oder betraf der Mist irgendwelche Rohre, die unter ihrer Wohnung, aber über meiner verliefen?

      Scheiße noch eins!

      Am Ende war der alten Dame auch irgendetwas passiert und sie hatte deshalb nichts mitbekommen?

      Energisch hämmerte ich gegen ihre Wohnungstür, in meiner Brust raste mein Herz doppelt so schnell als üblich.

      »Mabel, hörst du mich? Mach bitte auf!«

      Stille.

      Noch einmal trommelte ich mit einer Faust gegen die Tür, betätigte parallel dazu die Klingel.

      »Mabel, hallo? Ich bin’s, Elliot, mach auf, bitte!«

      ›Bitte sei nicht gestürzt oder so was!‹

      Ich überlegte bereits fieberhaft, wo ich den Ersatzschlüssel hingeräumt hatte, den Mabel mir schon vor Monaten anvertraut hatte, doch dann vernahm ich ein leises, schabendes Geräusch hinter der Tür.

      »Mabel?« Noch einmal hob ich die Hand, doch ich kam nicht mehr dazu, gegen die Tür zu hämmern, da diese just in diesem Moment entriegelt und aufgezogen wurde. Mir gegenüber stand eine ziemlich verwirrt dreinschauende, aber augenscheinlich wohlbehaltene Mabel.

      »Elliot … ist alles in Ordnung?«

      »Ja. Nein. Nein, gar nicht! Darf ich?« Ohne ihre Antwort abzuwarten, schob ich mich an ihr vorbei in ihre Wohnung. Wo genau lag mein Wohnraum von hier oben aus betrachtet? Theoretisch links von mir. Eilig huschte ich den Flur entlang.

      »Elliot, was ist denn nur los?«

      »Erkläre ich dir glei…« Die Worte blieben mir regelrecht im Hals stecken, als ich um die Ecke trat – und nasse Füße bekam. Unter der geschlossenen Tür am Ende des Flures quoll Wasser hindurch.

      »Oh, fuck!« Unter weiteren gemurmelten Flüchen tappte ich vorwärts. Ich traute mich kaum, die Tür zu öffnen. Befürchtete schon, mir würde gleich eine wahre Springflut entgegenströmen, sodass ich mich vorsichtshalber mit einer Hand an der Wand abstützte.

      Die Tür schwang auf. Die Flut blieb aus. Der Fliesenboden des Raumes jedoch war pitschnass. An welchen Stellen genau das Wasser bis in meine Wohnung nach unten durchdrang, vermochte ich nicht zu sagen. Was ich allerdings sehr wohl auszumachen vermochte, war, woher das ganze Unheil rührte: Die Badewanne war übergelaufen. Und zwar nicht so ein bisschen übergelaufen, wie es passieren konnte, wenn man es zu heftig in der Wanne trieb, sondern so richtig übergelaufen. Und das Wasser floss munter weiter aus dem voll aufgedrehten Hahn. Jesus, hatten Badewannen nicht normalerweise einen Überlaufschutz?

      Dieses Modell von anno dazumal offenbar nicht.

      »Fuck!« Schien mein Lieblingswort an diesem Morgen zu sein.

      Ich watete weiter und drehte den Hahn mit bebenden Fingern so schnell zu, wie ich konnte. Doch auch das änderte nichts daran, dass das ganze verdammte Badezimmer voller Wasser stand. Zentimeterhoch. Und dieses Wasser fröhlich meine Wohnungsdecke durchweichte.

      »Elliot, was ist denn …? Ach, du meine Güte, was für ein Malheur.«

      Ja, so konnte man es natürlich auch ausdrücken. Ich persönlich hätte es zwar eher als gottverdammte Scheiße bezeichnet, aber da sprach wohl der Generationsunterschied aus uns.

      Ich zwang mich, einmal tief durchzuatmen, um nicht meine arme Vermieterin aus Versehen anzumaulen, ehe ich mich umwandte und aus dem Badezimmer zurück in den Flur watete. Mabel stand am Ende des Ganges und blickte aus großen Augen auf die feuchte Bescherung zu ihren Füßen.

      »Vorsicht, nicht dass du ausrutschst.« Mit wenigen Schritten war ich bei ihr und ergriff sie am Arm, um sie fort von dem Unglück und in ihr Wohnzimmer zu führen.

      »Wie konnte das denn passieren?« Unschlüssig sah sie zu mir auf, nachdem ich sie sacht in ihren großen Ohrensessel bugsiert hatte.

      Ja, das hätte ich allerdings auch gern gewusst.

      »Wolltest du ein Bad nehmen?« Um wie viel Uhr auch immer am Morgen …

      »Ich? Nein. Es ist doch erst neun.«

      Mein Blick schweifte zu der großen Wanduhr über der Essecke. Beinahe zehn, aber okay, zumindest schien die gute Frau nicht vollkommen desorientiert zu sein.

      »Meine Fische!«

      »Was?«

      Mit einem strahlenden Lächeln auf dem Gesicht deutete Mabel zu dem Aquarium hinüber, das neben dem Sofa stand und in dem fröhlich einige grün-blau schimmernde Exemplare herum huschten.

      »Ich wollte das Aquarium mal wieder reinigen. Deswegen habe ich den Hahn aufgedreht, um die Fische in die Wanne zu setzen. Und weil es ja so lange dauert, bis das Wasser eingelaufen ist, habe ich mir noch einen Tee gekocht. Den wollte ich in Ruhe trinken und dann muss ich im Sessel eingeschlafen sein.«

      Das ergab Sinn. Vor allem, wenn man bedachte, dass auf dem furchtbar hässlichen Buntglastischchen neben dem Sessel eine Tasse stand, deren Inhalt zumindest nicht mehr dampfte.

      »So was Dummes aber auch. Ist denn viel nass geworden?«

      ›Nee, nur meine fucking Wohnung!‹

      Nur


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