Kinderärztin Dr. Martens Staffel 3 – Arztroman. Britta Frey

Kinderärztin Dr. Martens Staffel 3 – Arztroman - Britta Frey


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ihn entschlossen an. »Mich hast du auf jeden Fall, Florian. Auch, wenn du nicht mehr in der Klinik sein mußt, habe ich dennoch immer für dich Zeit. Das solltest du dir merken. Natürlich kann es vorkommen, daß ich gerade dann, wenn du mit mir reden willst, operieren muß oder sonstwie anderweitig beschäftigt bin. Aber du solltest dir darüber klar sein, daß ich dein Freund bin, der sich um dich kümmert, ganz gleich, was auch geschehen mag. Willst du mir versprechen, das nicht zu vergessen, Florian?«

      Der Junge nickte. Man konnte ihm anmerken, daß er sich unendlich getröstet fühlte. Unsicher sah er Hanna an. Und dann fügte sie spontan hinzu:

      »Du brauchst mich auch nicht, wie es die Kinder hier tun, Dr. Hanna zu nennen. Wenn du magst, kannst du Tante Hanna zu mir sagen. Dann weißt du immer, daß du Vertrauen zu mir haben kannst, einverstanden?«

      Da legte Florian seine dünnen Arme um sie und preßte sich ganz fest an sie.

      »Jetzt fühle ich mich schon sehr viel besser, Tante Hanna«, sagte er leise und sah sie mit Augen an, in die jetzt ein schüchternes Strahlen getreten war. Man merkte dem Jungen an, daß er neue Hoffnung bekommen hatte. Und als Hanna sich erhob, weil sie noch zu ihren anderen kleinen Patienten mußte, wußte sie, daß er neuen Lebensmut bekommen hatte. Sie nahm sich vor, ein offenes Wort mit Grete Vollmers zu sprechen, wenn sie es überhaupt der Mühe wert erachtete, noch einmal in die Klinik zu kommen, um ihren Neffen zu besuchen.

      *

      Als Jörg, der gesehen hatte, daß Grete Vollmers die Klinik Birkenhain wieder verließ, in das gemeinsame Zimmer zurückkehrte, war er fest entschlossen, Florian ausdrücklich seiner Freundschaft zu versichern und ihm vorzuschlagen, tagsüber einfach zu ihm nach Hause zu kommen. Dann brauchte er nur zum Schlafengehen zu seiner Tante zurück.

      Aber Jörg kam gar nicht dazu, seinem Freund diesen Vorschlag zu machen. Florian lag im Bett und krümmte sich vor Schmerzen, die ganz schrecklich sein mußten, weil er ein so gequältes Gesicht machte. Jörg wußte im ersten Augenblick nicht, was er tun sollte, Florian zu helfen. Aber dann drückte er entschlossen auf die Klingel und atmete auf, als Schwester Tina, die heute Dienst hatte, kam.

      »Sehen Sie nur«, stieß Jörg aufgeregt hervor. »Dem Florian geht es sehr schlecht. Können Sie nicht etwas für ihn tun?«

      »Aber sicher kann ich das.« Schwester Tina verließ sofort das Zimmer und holte Hanna Martens, die Florian die Hand auf den Kopf legte und ruhig sagte:

      »Das habe ich kommen sehen. Nur ruhig, Florian, ganz ruhig. Verkrampfe dich nicht. Ich mache dir jetzt eine Injektion, die dir die Schmerzen nimmt. Und dann denkst du nur noch an das, was wir beide miteinander besprochen haben, ja? Du wirst sehen, daß die Schmerzen dann ganz bald verschwinden.«

      Florians Antwort bestand nur in einem Stöhnen, dem man anhören konnte, daß die Schmerzen schier unerträglich für ihn waren. Hanna spritzte ein krampflösendes Mittel. Und da dauerte es auch gar nicht lange, bis Florians Gesicht wieder ganz normal wirkte. Er seufzte einmal tief auf und stieß dann angstvoll hervor:

      »Diesmal war es so schlimm, daß ich Angst hatte, ich müßte vor Schmerzen sterben.«

      »So schnell stirbt es sich nicht, mein Kleiner. Ich freue mich, daß es dir wieder bessergeht. Denk an das, was wir beide heute miteinander besprochen haben, ja? Dann werden die Schmerzen so schnell nicht mehr wiederkommen.«

      »Ich denke sehr gern an das, was wir miteinander besprochen haben. Das weißt du doch. Aber gegen die Schmerzen kann ich nichts tun.«

      »Doch, das kannst du. Das werde ich dir zeigen, wenn wir uns das nächste Mal wieder miteinander unterhalten. Jetzt aber gibt es keinen Grund für deine Schmerzen, Florian. Ich werde dafür sorgen, daß der Grund für deine Schmerzen nicht mehr in die Klinik kommt, wenigstens vorerst nicht, jedenfalls so lange nicht, bis du so weit bist, nicht mehr so zu reagieren.«

      »Dann möchte ich, daß Tante Grete gar nicht mehr kommt. Sie kommt ja auch nur her, weil die Leute sonst reden könnten und nicht, weil sie mich mag und mich sehen will.«

      »Denke einfach an hübsche Dinge, Florian. Das sollte dir doch nicht schwerfallen, oder?«

      Dann wandte sich Hanna an Jörg, der ängstlich dastand und nicht wußte, wie er sich verhalten sollte. Hanna sah ihn freundlich und anerkennend an.

      »Es war richtig, daß du mich sofort hast rufen lassen, Jörg. Du bist ein sehr verständiger Junge, und ich bin sehr stolz auf dich.«

      Jörg und Florian sahen einander verständnisinnig an, als Hanna das Zimmer verlassen hatte. Dann wollte Jörg wissen:

      »Kann es sein, daß du Bauchweh bekommen hast, weil deine Tante hier und nicht nett zu dir war?«

      »Das hört sich vielleicht merkwürdig an, aber es ist so. Tante Hanna weiß das auch.«

      »Tante Hanna?«

      »Ja, darf ich zu ihr sagen, weil ich doch sonst niemanden habe. Sie ist mein Freund. Hat sie ausdrücklich erklärt.«

      »Das finde ich prima. Ihr kann man alles anvertrauen. Worum ging es denn diesmal?« fragte Jörg und setzte verlegen hinzu: »Oder darf ich das nicht fragen?«

      »Klar darfst du! Tante Grete will mich in ein Heim geben, hat sie gesagt. Und Tante Hanna meinte, so schnell geht das nicht. Sie sagte, vielleicht findet sie Pflegeeltern für mich. Das sind Leute, die mich zu sich nehmen und auch sehr lieb zu mir sein wollen.«

      »Aber das ist doch pfundig. Dann kommst du doch von deiner Tante Grete weg. Aber was wird dann aus unserer Freundschaft? Ich meine, wenn du keine Pflegeeltern findest, die in Ögela wohnen?«

      »Ach, deswegen mache ich mir jetzt erst mal keine Sorgen. Tante Hanna wird schon dafür sorgen, daß alles in Ordnung kommt. Mit meinem Vati kann ich sowieso nicht rechnen. Ich kenne ihn wahrscheinlich kaum noch. Und er – nun, er schickt nur Geld für mich, aber sonst hat er mich ganz vergessen. Und Tante Grete will mich nicht mehr.«

      »Ich glaube, daß es nur gut ist, wenn du auf Dr. Hanna hörst. Du brauchst nur zu tun, was sie sagt. Sie weiß alles und findet auch immer für alles eine Lösung.« Jörg sagte es im Brustton der Überzeugung und ließ sich nicht anmerken, daß er eine Idee hatte, die ihn faszinierte, über die er aber noch nicht sprechen mochte – eben, weil es nur eine Idee war. Er mußte ganz allein für sich ausgiebig darüber nachdenken. Dann konnte man weitersehen.

      Als Thea und Achim Markmann am nächsten Tag kamen, ihren Sohn zu besuchen, hörten sie von Schwester Tina, daß Jörg und Florian im Klinikgarten seien.

      »Die beiden heißen bei uns die siamesischen Zwillinge, weil sie unzertrennlich sind. Sie stecken ewig zusammen. Na, dem kleinen Florian kann man es nur gönnen, denn er ist ohne Jörg doch sehr einsam. Man sollte annehmen, er hat nur Jörg, dem er vertraut. Das ist doch sehr schade, finden Sie nicht?«

      Während sie in den Klinikgarten gingen, sah Thea ihren großen, starken Achim von der Seite her an und sagte verhalten:

      »Ich weiß nicht, woher es kommt – aber diese Frau Vollmers, die Beckhaus sich geholt hat, nachdem seine Frau gestorben war, habe ich noch nie leiden können. Sie ist eiskalt bis in die Fingerspitzen, so daß man immer das Gefühl hat, man erfriert in ihrer Nähe. Wieviel schlimmer ist es da für einen kleinen Jungen, der nicht begreifen kann, daß er nach der Mutter nun auch noch den Vater hat hergeben müssen. Er weiß doch, daß er eine neue Frau genommen und auch ein Töchterchen hat. Es muß grausam für den armen Florian sein.«

      Achim Markmann fand das auch. Er war sehr nachdenklich, als er neben seiner Thea den breiten Kiesweg entlangging.

      Sie sahen Jörg und Florian einträchtig nebeneinander auf einer Bank sitzen. Sie schienen ein ernsthaftes Gespräch miteinander zu führen, das die beiden Erwachsenen nicht einfach durch ihr Erscheinen unterbrechen mochten. Sie wußten als liebevolle Eltern, daß auch Kinder Gespräche führten, die sehr wichtig waren. Und so schlichen sie sich denn lächelnd ganz leise von hinten an.

      Sie hätten sich gar nicht so große Mühe geben müssen, denn weder Jörg noch Florian achteten auf ihre


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