Mein Leben - Meine Musik. John Fogerty
„What’d I Say“ sein großes Ding war. Er spielte auf einem alten, beigefarbenen 120 Wurlitzer. Später legte ich mir selbst auch eins zu. Außerdem spielte er auch Saxofon. Unglaublich.
Mein Lieblingsalbum von ihm war Ray Charles in Person. Gibt es überhaupt ein besseres Live-Album? Es wurde von einem DJ in Atlanta mit nur einem Mikro aus dem Publikum heraus aufgenommen. Die Show wurde im Sommer im Freien aufgezeichnet, aufgrund der Akustik kann man die heiße Luft fast schon hören. Gott, der Sound der Instrumente! Offenbar gab es vor Ort keine Echo erzeugenden Apparate. Es ist alles live und ganz natürlich. Rays Version von „The Night Time Is the Right Time“ ist viel souliger als die von Creedence, die sich mit ihrer kreischenden Gitarre mehr an Rock ’n’ Roll orientiert. Auf diesem Album findet sich auch „Drown in My Own Tears“. Alles daran ist einfach so zähflüssig. Er quetscht auch noch den letzte Tropfen Feeling aus dieser Nummer. Auf jeden Fall hatte dieses Album eine große Wirkung auf mich, und sein Einfluss hält noch bis heute an. Little Richards Einfluss auf mich ist allumfassend. 2008 traten wir gemeinsam bei den Grammys auf, da konnte ihm endlich sagen: „Richard, Mann, ich liebe dich, seit ich ein kleiner Junge war.“ Er hat die vermutlich beste Rock ’n’ Roll-Stimme überhaupt. Davon bin ich tatsächlich überzeugt. Seine Performances auf diesen klassischen Rock ’n’ Roll-Scheiben sind einfach perfekt: „Lucille“, „Keep a Knockin’“, „Good Golly, Miss Molly“ und „Send Me Some Lovin’“ sind Lehrbuchbeispiele dafür, wie ein Rock ’n’ Roll-Sänger klingen sollte. Dann gibt es da noch ein paar Nummern, die mir immer schon so viel bedeutet haben, etwa „Long Tall Sally“ oder „Slippin’ and Slidin’“. Besser geht es einfach nicht!
Schon als Kind bereitete es mir Freude, eine Aufnahme regelrecht zu sezieren. Die Musik war mir dabei ebenso wichtig wie der Gesang. Ich fand Gene Vincent einfach toll. Seine Songs erinnerten mich an Instrumentalstücke, zum Beispiel „Lotta Lovin’“, „Woman Love“ und natürlich „Be-Bop-a-Lula“. Wenn ich ihn mir auf meinem Plattenspieler anhörte, blockierte ich in meinem Kopf die Stimme, weil da so viel sagenhaftes Zeug abging. Menschenskind! Das war die simple Lehre, die ich daraus zog: Ohne den Gesang ist es eine Instrumentalnummer. Und wie ihr schon bald sehen werdet, präsentierte ich auf diese Weise meine Songs auch meinen Creedence-Jungs.
Wie herrlich, dass ich zu einer Zeit aufwuchs, in der viele Gitarren-basierte Instrumental-Rock ’n’ Roll-Platten aufgenommen wurden. Für mich als Jugendlichen waren sie sehr wichtig und ein toller Weg zu lernen. Ich denke da etwa an „Honky Tonk“ von Bill Doggett aus dem Jahr 1956. Eine unglaubliche Platte! Die war für mich damals immens wichtig. Auf der ersten Seite dominiert die Gitarre, auf der zweiten das Saxofon. Beide sind schlichtweg umwerfend. Dieser Groove! Als Junge beschloss ich eines Abends, mir „Honky Tonk“ beizubringen. Ich legte mir die Single auf und übte. Ich spielte den Song übrigens in F-Dur, so wie auf der Aufnahme. Das ist recht schwer, weil es kein einfacher Akkord ist. In den vergangenen paar Jahren habe ich ein paar dieser Online-Foren durchstöbert, und siehe da, dort unterhielten sich auch ein paar Gitarren-Verrückte über „Honky Tonk“. Da stand dann zum Beispiel: „Wenn du diesen Song spielst, dann sei ein Mann und spiele ihn in F!“ Wenn man ihn in E-Dur spielt, wird nämlich alles gleich viel einfacher. Das taten The Ventures und ließen den Song mehr nach Rock ’n’ Roll klingen. „Hide Away“ war auch so ein Song, der mich vom Hocker haute! Als Top-40-Hit lief er nicht nur auf R&B-Sendern. Sein Interpret, Freddie King, beeinflusste mein Gitarrenspiel und mein musikalisches Verständnis im Allgemeinen enorm. Er spielte einen Shuffle, doch der Klavierspieler legte es eher geradlinig an, wohingegen das Schlagzeug sich irgendwo zwischen beidem bewegte. Das erzeugt ein unglaublich cooles Feeling, gerade heute im Zeitalter der Computer-Musik, in dem alles auf total langweilige Weise aufeinander abgestimmt zu sein scheint. Meine erste Band, die Blue Velvets, spielte beinahe so viele Covers von Freddie King wie von Duane Eddy. Einer der Songs, die wir immer spielten, war „Just Pickin'“.
Manche mag es überraschen, aber „Flying Home“ vom Benny Goodman Sextet ist einer meiner Lieblingssongs. Er hat ein tolles Feeling, und ich liebe diese Melodie. Meine Mutter erzählte mir von Benny Goodman, weshalb ich als Junge loszog, um mir eine Platte mit der Aufnahme seines Konzerts in der Carnegie Hall im Jahr 1938 zu sichern. Ich weiß nicht viel über die ganzen anderen Big-Band-Typen, aber über Benny Goodman brachte ich so viel wie möglich in Erfahrung.
Nachdem ich Charlie Christian zum ersten Mal Gitarre spielen gehört hatte, fing ich an, mich auch für ihn zu interessieren. Schließlich sammelte ich alles, was ich von ihm in die Hände bekam. Ich habe sicherlich mehrere Hundert Stunden damit verbracht, seiner Musik zuzuhören. Ich glaube, man findet recht viel von Charlie Christian in meinem Stil, etwa den Swing und die Herangehensweise an die Melodie.
In einigen Passagen von „Keep On Chooglin’“ nehme ich direkt auf Charlie Bezug. Auch wenn ich mich auf das Americana-Ding einlasse, wie bei „Shortnin’ Bread“ oder „Down by the Riverside“, und versuche, alles simpel zu gestalten, beziehe ich mich wahrscheinlich auch auf Charlie Christian. Natürlich bin ich nicht so gut darin wie er!
Apropos Gefühle, die einen bei der richtigen Musik durchfluten: Als ich ein Junge war, gab es eine Platte, bei der so ziemlich alles stimmte: Rumble von einem Typen namens Link Wray. Um Himmels willen, diese Scheibe ist wirklich wichtig. Der Titelsong „Rumble“ tat auch alles, um seinem Namen gerecht zu werden. Er war einfach unfassbar bedrohlich.
Als die Nummer ein Hit im Radio war, stellten alle Kids die Lauscher auf. Alle begriffen, wie abgefahren cool der Song war.
Manche Kerle erhalten zu Recht den Titel „Gitarrengott“, und Duane Eddy gehört sicher dazu. Auch er hatte großen Einfluss auf mich. Ein James Burton stand vielleicht hinter Ricky Nelson und Scotty Moore im Schatten von Elvis, doch Duane war ein richtiger Frontmann. Auf dem Plattencover stand sein Name, der Name des Gitarristen. „Rebel Rouser“ haute mich um! Diese Melodie, dieses aufsässige Saxofon und diese Jungs, die alle zwölf Takte von einer Tonart zur nächsten modulierten. Wie kam er nur darauf? Das war schon wie ein Film! Sein „Three-30-Blues“ ist für jeden Gitarristen ein Highlight. Ich übte den Song auch mit meiner Band und spiele ihn auch immer noch gern. Manche Leute halten es für ein simples Blues-Stück, doch ist es gerade in seiner Simplizität auch verdammt mächtig. Ich hörte Duane den Song im Oakland Auditorium spielen, als auch B. B. King auf dem Programm stand. Hinreißend. Später erfuhr ich, dass B. B. sich im Anschluss zu Duane gesellte und ihn voller Anerkennung wissen ließ: „Mir gefällt dieser ‚Three-30-Blues‘.“
Keiner klingt wie Duane Eddy. Jede Note ist genau so gemeint, wie er sie spielt. Ich lernte so viel von seinen frühen Alben. Was mir außerdem auffiel, war, dass alle seine Nummern richtig großartige Titel hatten, so wie „Forty Miles of Bad Road“. Zweifellos ein cooler Song, aber er hätte ihm auch jeden anderen Titel verpassen können – schließlich hatten seine Songs ja keine Lyrics! Duane ließ sich all diese beschreibenden Songtitel einfallen, die zur jeweiligen Musik passende Stimmungen heraufbeschworen: „Rebel Rouser“, „Cannonball“, „The Lonely One“, „First Love, First Tears“ und natürlich noch viele andere. Dies war eine wichtige Lektion für mich als jungen Songwriter. Ich lernte, was alles einen großartigen Song ausmacht, und Duane ließ mich erkennen, dass auch ein cooler Songtitel eine wichtige Rolle dabei spielt.
Ich denke, dass fast alles ein Einfluss sein kann, zum Beispiel das Summen eines Bienenschwarms oder der Doppler-Effekt eines vorbeirauschenden Trucks. Und natürlich auch das Fernsehen. So rückte die Fernsehserie The Adventures of Ozzie and Harriet Ricky Nelson in mein Bewusstsein. Anfangs verfolgte ich die Serie wie der Rest der Welt auch. Ricky machte darin die coolen Sachen, die Teenager jener Zeit eben so machten, wie zum Beispiel seine Jeans in der Dusche waschen. Seine Musikkarriere wurde durch eine Folge in Schwung gebracht, in der er Football spielte – was Ozzie gefiel – und Musik machte, was wiederum Rick Spaß machte. Rick performte „I’m Walkin’“ und in der nächsten Woche „A Teenager’s Romance“, bei dem er mit beinahe geschlossenen Augen sang, während seine Lider zuckten. Er war gerade einmal 16 Jahre alt und unfassbar gut aussehend, einfach makellos! Für seine vierte Single „Stood Up“ holte er sich schließlich Verstärkung in Form des jungen Gitarristen James Burton, der zuvor noch bei irgendeiner Country-Band gespielt hatte. Als ich Burtons Sound – dangadangadanga – hörte, wusste ich, dass sich etwas verändert