Mein Leben - Meine Musik. John Fogerty

Mein Leben - Meine Musik - John Fogerty


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schwarz. Das war völlig wertfrei, denn ich war bloß ein Kind, das vor sich hin träumte. Und so waren die erwachsene Version von mir sowie meine Gruppe eben schwarz.

      Unser erstes Zuhause lag gegenüber der El Cerrito High School in der Eureka Avenue, Hausnummer 7251. In diesem Haus blieb es auch im Sommer kühl, und ich habe schöne Erinnerungen daran.

      Allerdings zogen wir 1951, als ich sechs wurde, in die Ramona Avenue 226 um. Diese Zeit habe ich als weniger glücklich in Erinnerung. Als wir in diesem Haus wohnten, trennten sich nämlich meine Eltern.

      Ich glaube, dass es meinem Dad zu viel wurde, zwei Jobs auszuüben. Meine Mom sagte immer wieder mal, dass er viel zu hart arbeitete. Ich glaube, dass mein Dad dadurch sogar ein wenig verrückt wurde. Er erlitt schließlich einen Nervenzusammenbruch und wurde in Sonoma oder Napa behandelt. Nachdem wir ihn dort besucht hatten, glaubte ich, dass wir alle wieder zusammenkommen würden.

      Die Streitereien bekam ich gar nicht so mit, aber so wie ich es verstanden habe, war die Trennung meiner Eltern richtig unschön und zog sich hin. Eines Abends fuhren wir alle zusammen ins Autokino, um einen Film mit Bob Hope zu sehen – The Lemon Drop Kid. Als wir wieder zu Hause waren, ging ich ins Bett. Meine Brüder Tom und Jim waren noch wach, und unsere Eltern hatten sich wegen irgendetwas in den Haaren. Ich erfuhr erst am nächsten Tag davon. Anscheinend hatte mein Dad wütend seinen Finger auf Mom gerichtet, die dann hineinbiss. Überall war Blut. Zum Glück wurde ich nicht Augenzeuge dieses speziellen Streits. Ich habe The Lemon Drop Kid nie wieder angesehen. Wenn der Film im Fernsehen lief, dann ‒ klick! ‒ schaltete ich sofort weiter. Auch heute noch weigere ich mich, ihn anzusehen, weil dieser Film irgendetwas an sich hat, das all dies ausgelöst haben muss.

      Die Vorstellung, dass sich meine Eltern zuerst trennten und sich dann scheiden ließen, regte mich sehr auf und war traumatisch für mich. Es ging mir echt an die Nieren. Das war ein Thema, über das ich nicht einmal sprechen konnte, dieses Wort mit „Sch“. Und auch sonst wurde dieses Thema nirgendwo besprochen. Es gab keine Pointen über Scheidungen in Sitcoms. Obwohl ich mir sicher bin, dass auch damals Scheidungen allgegenwärtig waren, kannte ich keine anderen Kinder, deren Eltern geschieden waren. Wenn ich nun in der Schule ein Formular ausfüllen musste, in dem gefragt wurde, bei wem ich lebte, schämte ich mich, da ich angeben musste, dass ich bei meiner Mom – und niemandem sonst – lebte. Dies führte nämlich unausweichlich zu weiteren Fragen: „Wo wohnt denn dein Vater? Hat er sich etwa der Fremdenlegion angeschlossen?“ Das wurde ich mehr als einmal gefragt. Es war demütigend, nur ein Elternteil zu haben, und es traf mich hart. Als wäre es meine Schuld.

      Wann sich meine Eltern tatsächlich scheiden ließen, weiß ich nicht mehr genau. Gegen Ende meines dritten oder vierten Schuljahrs wollten wir alle gemeinsam nach, so glaube ich, Santa Rosa umziehen. Da war ich ungefähr acht. Also informierte ich alle meine Kumpels, die ich praktisch seit dem Kindergarten kannte, dass wir bald woanders hinziehen würden. Ich weiß noch, dass mich das gar nicht so sehr aufregte. Es war nicht so, als hätte ich mich dadurch sonderlich entwurzelt gefühlt. Ich erinnere mich nur noch daran, wie ich es eben allen mitteilte. Als dann im Herbst die Schule wieder anfing, war ich aber immer noch da ‒ obwohl ich mich bereits von allen meinen Freunden verabschiedet hatte!

      „John, was ist denn passiert?“

      „Nun, bloß mein Dad ist umgezogen.“

      Ich erinnere mich an ein Gefühl der Wertlosigkeit. Mir gingen Dinge durch den Kopf wie: „Ich muss mich nach Hause schleichen und darf nie mehr über persönliche Angelegenheiten sprechen.“ Ich wusste einfach nicht, wie ich mich der Sache nähern sollte, weil ich es vermutlich nicht wirklich verstand.

      Das Hauptproblem meiner Eltern lag wahrscheinlich darin, dass sie beide Alkoholiker waren. Glaubt es mir oder auch nicht: Als junger Mensch empfand ich eine starke Abneigung gegen Alkohol. Meine Eltern betrunken zu sehen und sie unzusammenhängendes Zeug faseln zu hören, fand ich einfach abstoßend.

      Ich war ein typisches Kind, das von seinen Eltern enttäuscht war, und ließ dies an meiner Mutter aus. Meine Mutter benahm sich manchmal merkwürdig, irgendwie komisch – und wir Jungs hatten keine Ahnung, warum das so war, schließlich sahen wir sie nie trinken. Ich glaube, dass sie ihren Stoff in einem Kasten oder so versteckt haben musste. Das gehörte wohl mehr zu unserem Alltag, als mir lieb ist. Ich sagte früher gerne mal, dass sie mir ein negatives Beispiel war, nämlich welche Dinge man nicht tut. Inzwischen bin ich aber viel nachsichtiger geworden, vor allem was meine Mom betrifft. Und das liegt nicht nur daran, dass ich begriffen habe, welche guten Dinge sie mir schon beibrachte, als ich noch klein war. Es liegt vielmehr daran, dass Menschen eben sehr zerbrechlich sind, verdammt noch mal! Wir gehen ganz leicht zu Bruch, wenn mal was schiefläuft und, vor allem, wenn man sich hoffnungslos fühlt. Das ist für jeden von uns echt das Schlimmste. Frustration ist eine sehr mächtige Sache und kaum zu überwinden. Ich bin mir sicher, dass meine Mom mit sehr viel Kummer zurechtkommen musste. Sie musste fünf Jungs erziehen, aus denen sehr schnell fünf Männer wurden. Ganz allein. Ich denke, dass sie sich wacker schlug. Gott weiß, dass sie es versuchte.

      Ich hoffe, dass ich meiner Mom gerecht werde. Auch bereitet es mir Sorgen, so tiefe Einblicke zu gewähren – das war schon immer so. In der Welt, in der ich aufwuchs, gab man nichts preis, von dem man meinte, es gehe niemanden etwas an. Da sie mittlerweile verstorben ist, möchte ich nur ihre und meine Erfahrung wahrheitsgetreu wiedergeben.

      Meine Mom war in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Sie unterrichtete mich in vielen Dingen, spielte mir viel Musik vor und versuchte, für mich da zu sein. Dafür bin ich ihr sehr dankbar. Auch sehe ich die ganze Situation mittlerweile ein wenig differenzierter ‒ nicht mehr nur aus meiner Perspektive, da ich ja vieles nicht mitbekam oder verstand. Ein Grund dafür mag sein, dass ich heute so viel habe. Und wegen Julie. Ich sehe meine Eltern beinahe als tragische Figuren. Es ist schrecklich, dass sich meine Mutter einen großen Teil ihres Lebens wahrscheinlich ungeliebt fühlte. Als ob sich niemand um sie kümmerte. Mein Dad fand nach der Trennung von Mom mit Sicherheit keine Liebe mehr in seinem Leben. Die wahre Tragödie lag aber darin, dass meine Eltern sich meiner Meinung nach, bevor die Geld- und Alkoholprobleme alles zerstörten, wirklich geliebt hatten.

      Wir hatten eine Schallplatte zu Hause mit einem Song von den Mills Brothers, „When You Were Sweet Sixteen“. Es war eine alte 78er-Scheibe. Mein Dad und meine Mom sangen das Stück gerne gemeinsam. Gott, was war das nur für ein Song. Wunderschön. Es bricht mir das Herz, wenn ich ihn heute höre. Ich war damals einfach nur ein Junge, der die Scheidung seiner Eltern miterleben musste, und das war ihr Song!

      Ich erinnere mich noch gut daran, wie wir Jungs gemeinsam im Gerichtssaal saßen. Wir wurden alle fünf, ohne unsere Eltern, in einen Raum gerufen, und ein Beamter, vermutlich ein Richter, stellte jedem Einzelnen von uns dieselbe Frage, nämlich, bei welchem unserer Elternteile wir von nun an wohnen wollten.

      Ich glaube, wir hatten uns darauf geeinigt, dass wir alle bei unserer Mom bleiben wollten. Zwar weiß ich nicht, ob wir unsere Geschichten aufeinander abgestimmt hatten, aber ich erinnere mich daran, dass wir in unserem Herzen wussten, es würde die beste Lösung sein. Aber es war schon echt beängstigend, dass es wirklich so weit gekommen war, dass uns diese Frage tatsächlich – von einem Fremden noch dazu – gestellt wurde. Es war nicht einfach, sich darüber Gedanken zu machen. In erster Linie wollte ich einfach mit meinen Brüdern zusammenbleiben. Wir alle wollten das.

      Meine Eltern stritten ununterbrochen über die Begleitumstände und Konsequenzen ihrer Scheidung. An einem Samstagmorgen, nachdem wir Jungs im Garten gecampt hatten, fuhr plötzlich die Polizei vor. Da lagen wir nun, Kinder in ihren Schlafsäcken, die von den Cops aufgeweckt wurden. Anscheinend hätten wir an diesem Wochenende bei unserem Dad sein sollen. Es war schon aufdringlich von meinem Dad, gleich die Polizei zu rufen. Schließlich zahlte er ja auch keine Alimente, obwohl er das hätte tun müssen. Ich weiß gar nicht, ob er einen Job hatte oder nicht. Jedenfalls war dies der Grund dafür, dass Mom uns ihm vorenthielt. Ich bin mir aber sicher, dass Mom sich innerhalb ihrer rechtlichen Möglichkeiten bewegte. Sie sagte später Sachen wie: „Weißt du, ich hätte ihn auch einbuchten lassen können, aber was hätte das schon gebracht?“

      Ich weiß nur, dass ich an einem Samstagmorgen um 8 Uhr von der Polizei geweckt wurde, die mir mitteilte, ich müsse zu


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