Seewölfe Paket 30. Roy Palmer

Seewölfe Paket 30 - Roy Palmer


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möchte als erster Freiwilliger an dem bevorstehenden Unternehmen teilnehmen, Sir“, sagte der Profos. Es klang richtig feierlich.

      „Welches Unternehmen meinst du?“ fragte Hasard.

      „Na, das Unternehmen Landgang natürlich.“

      „Du bist sicher, daß wir landen – nach all dem, was wir heute nacht gehört haben?“

      Carberry zerdrückte einen saftigen Fluch zwischen den Lippen. „Aber klar doch. Wir brauchen Holz für die Instandsetzung unseres Schiffchens, hast du das vergessen?“

      „Das habe ich nicht“, erwiderte der Seewolf. „Aber es besteht die Gefahr, daß wir in eine Falle tappen.“

      „Gefahren sind dazu da, beseitigt zu werden“, sagte der Profos mit unerschütterlicher Logik. „Warum fieren wir nicht die Jolle ab und pullen an Land, statt hier Zeit mit Sprüchen zu verlieren?“

      „Wir könnten auch den Ankerplatz wechseln“, sagte der Seewolf. „Vielleicht gibt es auf Mallorca auch ruhigere Gegenden.“

      Carberry grinste wild. „Das würde nicht unserem Stil entsprechen, wie du immer sagst, Sir. Wir kneifen doch nicht. Und noch was. Was ist, wenn irgendwelche arme Teufel möglicherweise unsere wertvolle Hilfe brauchen? Willst du sie im Stich lassen?“

      „Hört, hört!“ sagte Old O’Flynn. „Der barmherzige Samariter hat gesprochen.“

      „Mir kommen die Tränen“, sagte der Kutscher.

      Carberry wollte aufbrausen, aber der Seewolf bremste ihn mit einer Geste.

      „In Ordnung, Freunde“, sagte er. „Ich denke, wir sollten es riskieren. Sieben Mann begleiten mich. Wir kundschaften die Lage aus. Wenn es keine Fallen oder sonstige Gefahren gibt, suchen wir ein paar Bäume aus, die wir schlagen und zu Planken und Spieren verarbeiten können. Ben, du übernimmst das Kommando über die Schebecke. Klar zum Gefecht, verstanden?“

      „Aye, Sir.“ Ben wußte Bescheid, was er zu tun hatte. Es bedurfte keiner längeren Absprachen. Längst waren die zwölf Culverinen und die vier Drehbassen der Schebecke feuerbereit.

      Hasard stellte seinen Landtrupp zusammen. Außer Carberry sollten Ferris Tucker, Big Old Shane, Don Juan de Alcazar, Batuti, Gary Andrews und Matt Davies mit dabei sein. Die Mannen bewaffneten sich und fierten die Jolle ab.

      „Warum nehmt ihr nicht auch Plymmie mit?“ fragte Philip junior seinen Vater.

      Der Seewolf schüttelte den Kopf. „Wir können sie diesmal entbehren. Und ich will wegen Plymmie kein Risiko eingehen, das weißt du.“

      Ja – er wollte das Leben der Wolfshündin nicht unnötig aufs Spiel setzen. Plymmie verfügte über eine ausgezeichnete Nase. Aber schon mehrfach war sie in Lebensgefahr geraten wie zum Beispiel auf einer Insel südlich von Griechenland, wo Piraten sie in einen Sack gesteckt hatten. Nur wie durch ein Wunder war es den Kerlen nicht gelungen, die Hündin zu ertränken.

      Plymmie blieb also an Bord. Hasard und seine sieben Begleiter enterten in die Jolle ab. Sie pullten zum Ufer, getragen von den immer noch ziemlich hohen Wellen.

      Eine rauschende Brandung beförderte sie auf den Sand. Sie sprangen heraus und zogen das Boot ans Ufer. Dann rückten sie in Richtung Westen ab. Von dort waren in der Nacht die Schüsse erklungen.

      Ben und die anderen beobachteten von der Schebecke aus mit ihren Kiekern das Ufer und die Hügel, die mit Olivenbäumen bestanden waren. In der Morgendämmerung wirkte die Landschaft lieblich und einladend.

      Doch sie alle wußten, wie sehr sie sich täuschen konnten. Das Paradies auf Erden konnte sich sehr rasch in ein mörderisches Inferno verwandeln.

      Hasard und sein Trupp stiegen einen Hang hoch. Ferris Tucker klopfte ein paar alte, knorrige Olivenbäume mit dem Fingerknöchel ab. Er nickte und gab einen Laut der Genugtuung von sich.

      „Taugen die was?“ fragte Carberry.

      „Und ob“, erwiderte der rothaarige Schiffszimmermann. „Du hast ja keine Ahnung, wie hart Olivenholz ist.“

      „Muß ich das wissen?“

      „Nein“, sagte Ferris einlenkend. „Natürlich nicht. Die Spanier würden ihre Schiffe aus diesem Holz bauen, wenn es nicht so schwer zu bearbeiten wäre.“

      „Aber ein paar Planken oder Spieren lassen sich daraus anfertigen“, sagte Don Juan.

      „Genau das meine ich“, sagte Ferris.

      Während sie leise sprachen, schauten sich die Männer ununterbrochen nach allen Seiten um. Nirgends war auch nur eine Menschenseele zu entdecken. Nichts regte sich.

      Nur der Wind strich über die Insel und bewegte die Wipfel der Bäume. Vom Strand ertönte das Rauschen und Gurgeln der Brandung. Auf Mallorca schien Frieden zu herrschen. Und doch täuschte dieser Eindruck.

       5.

      Guzman stieß die gemeinsten und übelsten Verwünschungen aus, die ihm einfielen. Nie zuvor war seine Laune derart schlecht gewesen. Seinen fünf Begleitern erging es nicht anders. Sie fluchten und murrten. Denn sie waren schon die ganze Nacht über unterwegs und suchten erfolglos nach dem „Fischerpack“. Die Piraten hatten kein Auge zugetan. Sie waren müde, hungrig, durstig und verbiestert.

      Olivaro aber kannte keine Gnade. Pausenlos scheuchte er seine Kerle über die Insel. Sie mußten jetzt ausbaden, was Juanito, dieser Narr, und die anderen Wächter des Schlupfwinkels durch ihre Unachtsamkeit angerichtet hatten. Aber das war nicht gerecht. Die Schnapphähne hatten eine Stinkwut auf ihren Anführer.

      Vier Gruppen Piraten durchstöberten bei Dunkelheit, Wind und Regen die Wälder. Immer wieder kehrten sie zu Olivaro in den Schlupfwinkel zurück und meldeten, daß sich die verschwundenen Fischer und deren Familien offenbar in Luft aufgelöst hätten. Anders konnte es nicht sein. Olivaro lachte nur rauh und schickte seine Kerle wieder hinaus in das Hundewetter.

      Der hat gut lachen, dachte Guzman jetzt, als es hell wurde. Sitzt in seiner Hütte und läßt sich vollaufen. Zwischendurch pennt er ’ne Runde, damit ihm das Saufen nicht zu anstrengend wird.

      Ja, Guzman und die anderen Kerle hatten einen höllischen Zorn auf Olivaro. Es gab keinen unter ihnen, der dem Bandenführer jetzt nicht gern die Gurgel durchgeschnitten hätte.

      Im Heraufziehen des Morgens hockten sich Guzman und sein kleiner Trupp im Olivenhain auf ein paar Steine. Sie verschnauften und blickten zur östlichen Kimm, wo die Sonne aufzusteigen begann.

      „Zum Teufel mit der Scheißinsel und ihren Fischern“, sagte ein Kerl, der Bernardo hieß. „Von mir aus kann die Drecksinsel untergehen.“

      „Und das Lumpengesindel soll absaufen“, fügte ein anderer Pirat hinzu.

      „Es ist alles verfahren“, sagte Guzman. „Wenn wir die verdammten Bastarde nicht wieder einfangen, springt uns Olivaro an die Gurgel. Ich glaube, er befürchtet auch, daß sie die Insel überqueren und irgendwo im Norden Verstärkung holen. Da gibt es schließlich noch andere Häfen. Die haben viel zuviel Vorsprung. Die kriegen wir nie im Leben.“

      „Na gut“, erwiderte Bernardo. „Es ist dabei aber noch die Frage, ob wir uns wirklich von Olivaro attackieren lassen.“

      „Von dem lasse ich mir nichts mehr bieten“, brummte ein dicker Kerl mit zottigem Haar. „Ich habe die Schnauze voll.“

      „Gestrichen“, pflichtete ihm sein Nebenmann bei.

      „Wollt ihr meutern?“ fragte Guzman.

      „Willst du’s nicht auch?“ erkundigte sich Bernardo lauernd.

      „Zu uns kannst du ruhig ehrlich sein“, sagte der Dicke. „Wir halten zu dir, das weißt du.“

      „Klar.“ Guzman kratzte sich im Nacken. Ja, die Burschen hatten recht. Olivaro war viel zu überheblich geworden. Ein richtiger


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