Seewölfe Paket 30. Roy Palmer

Seewölfe Paket 30 - Roy Palmer


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war am Boden gerade noch zu verstehen. „Sechs Kerle. Der Kleidung und dem Aussehen nach eindeutig Schnapphähne.“

      „Die haben es auf uns abgesehen“, sagte Gary Andrews.

      „Dann wollen wir sie nicht enttäuschen“, sagte der Seewolf. Er blickte zu dem Gambiamann auf. „Batuti! Glaubst du, daß sie dich dort oben entdecken?“

      „Nein, Sir. Es gibt genug Blätter. Ich ducke mich.“

      „Dann bleibst du solange oben!“ ordnete der Seewolf an.

      Batuti grinste und griff nach seinem Langbogen aus englischer Eibe. Er zog einen Pfeil aus dem Köcher, ging zwischen dem Blattwerk in Deckung und spannte die Sehne des Bogens. Gleichzeitig blickte er zu den anrückenden Schnapphähnen. Die waren noch etwa zweihundert Yards von der Korkeiche entfernt.

      Hasard, Shane, Carberry, Ferris Tucker, Don Juan, Gary und Matt hatten ihre Waffen bereit. Sie schritten noch ein Stück weiter und taten so, als fühlten sie sich völlig sicher.

      Inzwischen hatten Guzman und seine Kerle im Dickicht Unterschlupf gefunden. Sie legten mit ihren Musketen auf die Fremden an – und jetzt brauchten sie, so dachten sie, nur noch zu warten.

      Batuti erkannte ganz deutlich, wie einer der Piraten – es war Bernardo – mit seinem Schießeisen auf den Seewolf zielte. Der Kerl traf Anstalten, abzudrucken. Der Gambiamann war schneller. Der Pfeil huschte von der Sehne.

      Bernardo spürte nur, wie sich etwas heiß wie ein Blitz in sein Herz bohrte. Die Muskete entglitt seinen Händen. Er gab einen gurgelnden Laut von sich und sank tot zu Boden.

      Guzman und die anderen fluchten wie besessen.

      Batuti stieß einen Pfiff aus.

      In dem Moment, in dem die Piraten auf die Arwenacks zu feuern begannen, warfen diese sich in Deckung. Hasard überrollte sich zweimal auf dem Untergrund und blieb hinter einem Olivenbaum liegen.

      Carberry und Ferris Tucker landeten im Dickicht. Shane, Don Juan, Gary und Matt brachten sich hinter Baumstämmen in Sicherheit.

      Die Musketen der Olivarobande knallten und krachten. Die Kugeln pfiffen durch den Hain – keine traf.

      Hasard gab dem Profos ein Zeichen. Carberry grinste und stieß Ferris mit dem Ellenbogen an.

      „Los geht’s!“ flüsterte er.

      Der Schiffszimmermann hatte bereits eins seiner „Lieblingsspielzeuge“ zur Hand. Eine Höllenflasche – mit Pulver, Eisen, Blei und Glassplittern gefüllt. Carberry holte einen Flint und ein Stück Feuerstahl hervor. Er hieb beide Stücke gegeneinander, daß die Funken flogen. So entfachte Ferris die Zündschnur der Wurfgranate.

      Die Flaschenbombe sauste aus dem Dickicht und torkelte durch die Luft. Die Lunte zischte.

      „Sieht aus wie ’ne besoffene Ente“, murmelte Ferris.

      „Aber eine Ente donnert nicht so schön“, bemerkte Carberry wieder einmal sehr treffend.

      Guzman und seine Kerle sahen das Wurfgeschoß nahen. Sie wußten nicht, wie sie sich verhalten sollten. Was war das? Guzman feuerte mit der Pistole auf die Flasche. Aber er traf nicht.

      Die Höllenflasche landete vor den Füßen des Dicken. Der sah die Lunte glimmen und rief: „In Deckung!“

      Zu spät. Die Flasche krepierte mit einem Donnerschlag, der die Erde beben ließ. Guzman und seine Kumpane sahen den Dicken zurückprallen – blutüberströmt. Dann trafen die wirbelnden Eisen-, Blei- und Glasstücke auch sie. Stöhnend und brüllend gingen sie zu Boden. Eine dicke Qualmwolke stieg auf.

      „Treffer!“ sagte Carberry laut.

      „Noch eine Ladung?“ fragte Ferris.

      „Abwarten“, erwiderte der Seewolf.

      Der Gambiamann ließ wieder einen Pfeil von der Sehne schwirren. Einer der Piraten hatte sich erhoben. Er wankte durchs Dickicht, hob die Pistole und zielte auf Gary Andrews, dessen Kopf er halb hinter einem Baumstamm entdeckt hatte. Gary wollte schießen, aber Batuti war schneller. Vom Pfeil durchbohrt, sackte auch dieser Schnapphahn zusammen.

      Guzman kroch davon. Er war der einzige Überlebende. Die anderen hatte es erwischt. Grausig! Guzmans Atem ging schnell und keuchend. Was waren das für Feinde – standen die mit dem Teufel im Bunde? Sie hatten Zauberwaffen. Und sie verstanden zu kämpfen.

      Nie zuvor hatte Guzman ein derartiges Gefühl der Panik verspürt. Die Angst saß ihm wie eine Faust im Nacken. Er robbte durch das dichte Gestrüpp. Nur weg hier! dachte er.

      „Feierabend“, sagte Batuti.

      Er verließ seinen luftigen Posten und kehrte zu den Kameraden zurück. Hasard war als erster bei den toten Piraten und unterzog sie einer kurzen Untersuchung.

      „Dem Aussehen nach könnten es Spanier sein“, sagte er.

      „Einer fehlt“, sagte Batuti, der in diesem Augenblick zu seinem Kapitän trat. „Es waren sechs.“

      „Sucht die Umgebung ab“, ordnete der Seewolf an.

      Das taten die Arwenacks, aber sie konnten niemanden finden. Guzman hatte schon einigen Vorsprung. Er kannte sich im übrigen im Dickicht gut aus und wußte, wie er seinen Verfolgern entwischen konnte.

      „Nichts“, meldete Carberry, als die Mannen zu Hasard zurückkehrten.

      „Wir kehren erst einmal an Bord der Schebecke zurück“, sagte der Seewolf. „Die Schüsse locken sicherlich weitere Piraten an. Und der Kerl, der geflüchtet ist, wird sie mit Sicherheit auf uns hetzen. Das Fischerdorf ist garantiert das Nest der Bande.“

      Kurz darauf schoben die Mannen das Beiboot der Schebecke wieder ins Wasser. Ben Brighton und die anderen an Bord des Dreimasters atmeten auf. Sie hatten sich wegen der Schüsse, die sie vernommen hatten, schon Sorgen bereitet.

      Jetzt warteten sie ab, bis das Boot sich längsseits schob, dann halfen sie ihrem Kapitän und den Kameraden an Bord und lauschten deren Bericht.

       6.

      Olivaro wankte etwas, als er seine Hütte verließ. In der rechten Hand hielt er eine halbleere Flasche. Er grinste. Mehrere Schüsse waren gefallen. Aha, dachte der Bandenführer, meine Kerle haben das verfluchte Fischerpack also endlich gefunden. Das wurde aber auch Zeit.

      Im Dorf liefen die Kerle zusammen. Die anderen Suchtrupps waren ergebnislos aus dem Inneren der Insel zurückgekehrt. Olivaro hatte sie allesamt als Versager und dreckige Ratten bezeichnet.

      Die Stimmung der Kerle befand sich auf einem absoluten Tiefpunkt. Jetzt aber, als sie ihren Führer grinsen sahen, wurde auch ihnen wieder etwas wohler zumute.

      „Guzman hat das Schweinegesindel aufgestöbert!“ rief einer von ihnen.

      Olivaro bedachte ihn mit einem wüsten Fluch. „Halt doch dein Maul!“

      Lang und länger wurden aber die Gesichter der Piraten, als sie Guzman von einem der Hänge hinuntertaumeln sahen. Guzman blutete. Er keuchte und stieß lallende Laute aus, die keiner verstand.

      Plötzlich strauchelte er und stürzte zu Boden. Er wälzte sich, schlug noch ein paarmal lasch mit den Armen um sich und rührte sich nicht mehr.

      „Holt ihn!“ herrschte Olivaro seine Kerle an.

      Sie stürmten los und rannten zu Guzman.

      Wo sind die anderen? fragte sich der Piratenführer immer wieder. Bernardo, der Dicke, und die anderen?

      Guzman war bewußtlos. Er blutete aus mehreren Wunden, sein Gesicht sah fürchterlich aus. Mit grimmigen Mienen hoben die Piraten den Kumpan auf und schleppten ihn zu Olivaro. Hier betteten sie ihn so vorsichtig wie möglich auf den Untergrund.

      Olivaro betrachtete Guzman mit verzerrtem Gesicht. Wer hatte den Kerl so zugerichtet? Olivaro entsann sich, daß einige


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