Seewölfe Paket 7. Roy Palmer

Seewölfe Paket 7 - Roy Palmer


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die zur Babuyan-Gruppe gehörten, waren auf Sun Los Karte eingezeichnet, auch die winzigsten.

      Das Kap Bojeador befand sich nur noch etwa zwanzig Meilen entfernt, wie Hasard nach kurzer Berechnung feststellte. Er ließ abfallen, und die „Isabella“ legte sich platt vor den Nordostwind.

      An diesem Vormittag wärmten Sonnenstrahlen das Oberdeck der großen Galeone. Nur hin und wieder trieben weiße Wolkenfetzen durch das Kobaltblau des Himmels. Man war wegen des herrlichen Wetters versucht, eher an Ostern als an das eben erst vergangene Weihnachtsfest zu denken. Es war — wie die Männer sagten – ein Tag „um Jungfrauen zu verführen“.

      Feindliche Schiffe tauchten vorerst nicht auf. Dan O’Flynn hielt zwar nach allen Himmelsrichtungen Ausschau, konnte jedoch keine Mastspitzen an der Kimm oder in der Nachbarschaft der Inseln erkennen. Gary Andrews war auf Hasards Befehl hin als Ausguck in den Vormars aufgeentert. Ein zusätzlicher Ausguck konnte jetzt, in der unmittelbaren Nähe der Philippinen, nicht schaden. So gut Dans Augen auch waren, vier Augen sahen mehr als zwei.

      Hasard dachte an die eine Galeone der Portugiesen, die er nach dem Anschlag auf die „Sao Paolo“ immer noch als Verfolger hinter sich vermutet hatte. Was war aus dem Schiff geworden?

      Und der Kapitän der „Sao Fernao“? War der noch am Leben? Hasard wußte, daß er sich mit drei Männern von Bord des brennenden Schiffes hatte retten können – auf das winzige Eiland nördlich von Formosa.

      Wenn dieser Mann noch lebte, dessen war der Seewolf sicher, würde er alles daransetzen, ihn, Philip Hasard Killigrew, wieder zu hetzen. So, wie Hasard ihn einschätzte, mußte dieser Mann, dessen Namen er nicht wußte, ein beispielloser Fanatiker und Karrierehengst sein.

      8.

      Noch vor der Mittagsstunde hatten sie die Nordküste von Luzon erreicht. Wenig später rundeten sie Cabo Bojeador im Nordwesten der großen Insel, und Hasard tastete sich von hier ab praktisch an der Küste entlang nach Süden. Mit der Geographie der Insel war er vertraut, als wäre er früher schon einmal hiergewesen. Diesen Umstand hatte er der ausgezeichneten Karte des Mönches von Formosa zu verdanken. Minuziös gab das Zeichenwerk auch die kleinsten Einzelheiten wieder. Hinzu kamen die Hinweise, die Sun Lo dem Seewolf mündlich mitgeteilt hatte. Sun Lo hatte die Philippinen vor vielen Jahren einmal bereist, als sie noch nicht Felipinas hießen. Viele wertvolle Details hatte er zu schildern gewußt, die Beschaffenheit der Landschaft auf den Inseln, die Wesensart der Menschen, die hier als rechtmäßige Ureinwohner lebten, Dinge, die Hasard in seinem Gedächtnis unauslöschlich festgehalten hatte.

      Die „Isabella“ war von jetzt an ständig gefechtsbereit. Jede Minute konnten sich spanische oder portugiesische Schiffe zeigen. Ganze Verbände, die aufkreuzten, um den Eindringling zu kontrollieren. Hasard war darauf vorbereitet und gewappnet.

      Seine Crew natürlich auch.

      „Vielleicht schießen sie uns die Lady bald wieder kurz und klein“, meinte Matt Davies auf der Kuhl zu Al Conroy. „Es wäre schön, wenn man Segelschiffe aus Eisen statt aus Holz bauen könnte.“

      „Aber wie soll so was schwimmen?“

      „Das frag ich mich auch, Al.“

      Conroy hob die Schultern und ließ sie wieder sinken. „Auf die Zeit, in der solche Schiffe erfunden werden, können wir noch lange warten, glaube ich.“

      Der Seewolf wahrte die Distanz zur Insel Luzon, aber durch das Spektiv konnte er stets jenen flachen schwarzen Streifen erkennen, der die Küste darstellte. Laoag, eine Siedlung, lag bereits nördlich querab, sie zogen jetzt an Vigan, einem anderen, ziemlich unbedeutenden Ort, vorbei.

      Häfen hatten diese Siedlungen aber allesamt, und deswegen war der Seewolf höllisch auf der Hut. Eine einzige Schaluppe mit nur einem getakelten Mast, aber mit einer zu neugierigen Besatzung konnte ihm und seinen Männern zum Verhängnis werden. Er legte allergrößten Wert darauf, vor Manila nicht entdeckt zu werden.

      Was dann folgte, stand auf einem anderen Blatt. In Manila änderte sich die Taktik grundlegend.

      Am Nachmittag war San Fernando erreicht, und die „Isabella“ segelte nun vor dem Nordostwind am Golf von Lingayen vorbei. Der Großteil der Strecke, die sie noch von Manila trennte, war zurückgelegt. Südlich des Golfes erstreckte sich ein Stück recht gerader Küste, das sich nach vierzig, fünfzig Meilen zur Bahia de Manila öffnete.

      Hasard fragte sich, was er in Manila wohl vorfinden würde.

      Kriegsschiffe, das war sicher. Aber wartete dort auch wirklich Beute auf ihn? Auf die Ladungen, die portugiesische Schiffe von Kanton nach Manila schafften, war der Seewolf nicht sonderlich scharf. Seide, Brokat, Elfenbein, Porzellan, Federn, Parfüm, Gewürze wie Ingwer, Nelken und Muskat, Zimt und Pfeffer – was sollte er damit anfangen? Tee hatte er ohnehin schon an Bord.

      Etwas anderes war es, wenn er Juwelen fand. Oder kostbare Kunstwerke. Auch diese Güter trafen auf portugiesischen Galeonen in der Hauptstadt der Philippinen ein, und sie wurden auf die spanischen Schiffe verfrachtet, die regelmäßig durch die Südsee nach Neu-Spanien, nach Acapulco und Panama segelten.

      Das berühmteste dieser Schiffe war die Manila-Galeone, die „Nao de China“ gewesen. Hasard hatte sie aufgebracht, aber die Spanier würden natürlich nicht aufhören, ihre Konvois auszurüsten und auf die Reise zu schicken.

      Und noch etwas. Aus der Neuen Welt kehrten dieselben Schiffe mit anderer Ladung zurück – mit der Bezahlung für die exotischen Waren aus China, Indien und Japan. Gold, Silber und Juwelen aus allen Kolonien der Neuen Welt, unermeßliche Reichtümer – darauf war Hasard am meisten erpicht. Nur einen Teil einer solchen Fracht den Spaniern in Manila zu entreißen, das wäre ein Raid, der sich lohnte. Auf die Gefahr hin, die „Isabella VIII.“ hoffnungslos zu überladen und sich den „Achtersteven zu verbrennen“ – er wollte es wagen.

      Südlich von Olongapo stießen die Seewölfe am Abend dieses Tages auf eine langgezogene, fast fjordähnlich ins Land greifende Bucht.

      Hasard zögerte nicht.

      Er ließ anluven und in die Bucht steuern. Während die große Galeone sich leise und gespenstisch zwischen zwei grünbewachsene Ufer schob, die sanft zu Hügelkuppen aufstrebten, traf Hasard an Bord alle Vorbereitungen für die Durchführung seines Planes.

      Als Freiwillige hatten sich am Nachmittag alle Männer gemeldet – nachdem Hasard ihnen auseinandergesetzt hatte, was er vorhatte, waren sie sofort Feuer und Flamme gewesen, und jeder wollte selbstverständlich den abenteuerlichsten Part übernehmen. Hasard hatte dann aber nur sechs Männer ausgewählt.

      Blacky, Al Conroy, Sam Roskill, Luke Morgan, Dan O’Flynn und Matt Davies traten in ihrer Verkleidung vor den Seewolf hin. Dan hatte sich vorsichtshalber die Haare dunkel gefärbt, obwohl es ja auch blonde Spanier und Portugiesen gab, unter denen man mit einem hellen Schopf nicht unbedingt aufzufallen brauchte.

      Aber besser war es so. Sechs schwarzhaarige Kerle, die wie echte spanische Zivilisten von der Kategorie der anständigen Bürger gekleidet waren – das war der Landtrupp, der nach Manila vorstoßen sollte.

      „Ihr wißt, was ihr im einzelnen zu tun habt“, sagte Hasard. „Falls noch jemand Fragen hat — bitte.“

      „Keine“, erwiderte Blacky. „Unsere Waffen haben wir so gut versteckt, daß man uns schon ausziehen muß, um sie zu entdecken. Und das kann höchstens passieren, wenn uns auf dem Weg nach Manila ein paar knusprige, knackige Senoritas über den Weg laufen.“

      „Ihr habt sie zu ignorieren, Blakky.“

      „Aye, Sir!“

      „Ich bitte mir den nötigen Ernst aus.“

      Blacky räusperte sich und fuhr fort: „Wir tun so, als wären wir spanische Siedler, die Einkäufe in Manila tätigen wollen. Falls uns jemand nach unseren Reit- und Packtieren fragt, sagen wir, man hätte uns unterwegs überfallen und uns alles abgenommen. Wir versuchen, auf die leise Tour in Manila einzudringen und arbeiten uns zum Hafen vor.“

      Hasard


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