Seewölfe Paket 18. Roy Palmer

Seewölfe Paket 18 - Roy Palmer


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an Shawanos Kleidung und fächerte sein langes weißes Haar.

       4.

      „Das war knapp“, sagte Ben Brighton aufatmend, „dieser Häuptling ist wirklich ein wackerer Bursche.“

      „Du siehst“, entgegnete der Seewolf, „ich hatte mit meiner Meinung über Marcos recht. Für uns gibt es jetzt einen Unsicherheitsfaktor weniger.“

      „Schwacher Trost“, sagte der Erste Offizier der „Isabella“, „soll ich dir andere Unsicherheitsfaktoren nennen? Das fällt mir nicht schwer.“

      Hasard winkte ab.

      Vom Hauptdeck klang Al Conroys Stimme. Unter der bewährten Leitung des Stückmeisters hatten die Männer rasche Arbeit geleistet.

      „Alle Geschütze gefechtsklar!“

      „Alle Mann auf Gefechtsstation!“ fügte Ed Carberrys Reibeisenbaß hinzu.

      Indem er den rechten Arm hob, signalisierte Hasard, daß er verstanden hätte.

      An Backbord und an Steuerbord waren die Stückpforten geöffnet. Die mächtigen Bronzeleiber der 24-Pfünder und der 17-Pfünder schimmerten matt im späten Tageslicht. Dunkelrote Glut leuchtete in den Kohlebecken, die die Söhne des Seewolfs zum Entfachen der Luntenstöcke bereitgestellt hatten, Ladewerkzeuge und Geschosse lagen bei den einzelnen Geschützen bereit.

      Wohlweislich hatte Al Conroy jedoch darauf verzichtet, zusätzliches Pulver für das Nachladen der Geschütze an Deck bringen zu lassen. Das Wetter verschlechterte sich immer mehr, und ehe man sich versah, konnte Regen niederprasseln, bevor das Gefecht überhaupt begonnen hatte.

      Die Sorte Schwarzpulver, die Feuchtigkeit vertragen konnte, war noch nicht erfunden worden.

      Mit schmalen Augen beobachtete der Seewolf die südliche Kimm, die als klare Linie längst nicht mehr zu erkennen war. In der letzten halben Stunde hatte der Wind weiter aufgefrischt und zeigte sich jetzt schon als wilder Geselle, der sein orgelndes Lied in Wanten und Pardunen pfiff und den Männern an Deck Standfestigkeit abverlangte. Die schwarze Wetterfront im Süden war eins geworden mit der düsteren Oberfläche der See. Helle Schaumkronen bewegten sich in Unregelmäßigem Spiel und stiegen mit den Wogen immer höher.

      Die spanische Galeone war inzwischen als „Santa Teresa“ identifiziert worden. Ihre Segel standen steif und prall und sahen aus, als seien sie vom Meißel eines Bildhauers aus hellem Holz modelliert worden. Der Bug der „Santa Teresa“ durchschnitt die Wellen und schob einen schäumenden Schnurrbart vor sich her.

      Die Temperatur war merklich gesunken. Hätte es nicht die Bedrohung durch das Verfolgerschiff und durch einen möglichen Sturm gegeben, dann hätten die Arwenacks nach der Hitze des Tages erleichtert durchgeatmet. So aber waren sie von einer grimmigen Entschlossenheit gepackt, harrten an den Geschützen aus und spähten geduckt über die Verschanzungen. Mehr als einen Sturm und eine Feuer und Eisen spuckende spanische Galeone hatten sie nicht zu erwarten. Beides zusammen konnte höllischen Verdruß bedeuten.

      Aber es gab keine Herausforderung, die die Männer unter dem Kommando des Seewolfs nicht annahmen. Manches Mal hatten sie sich im heißesten Höllenfeuer befunden und den stinkenden Atem des Gehörnten über sich hinwegpfeifen lassen. Nicht einmal das hatte sie umgehauen.

      Hasard wandte sich nach vorn und beobachtete das Geschehen auf der „San Donato“ abermals mit dem Kieker. Shawano und Marcos trafen Vorsorge. Die vielen Frauen, Kinder und Greise, die sich bislang an Deck aufgehalten hatten, wurden in die unteren Decksräume beordert. Im Bauch der „San Donato“ gab es Platz genug, um auch weiterhin Gesunde und Kranke voneinander zu trennen. Das änderte indessen nichts daran, daß die Ansteckungsgefahr weiterhin wie ein todbringendes Schwert über der Galeone der Timucua schwebte.

      Ein anderer Umstand war jedoch augenfälliger. Nach dem Streit mit ihren spanischen Lehrmeistern verhielten sich die jungen Timucua besonnener, bewältigten ihre Arbeit an Schoten und Brassen mit größerem Geschick, und das Ergebnis war verblüffend: Die „San Donato“ lief jetzt rauschende Fahrt, die sie stetig beibehielt. Ihr Abstand zur „Isabella“ hatte sich bereits um mehr als eine Kabellänge vergrößert.

      „Donnerwetter“, sagte Ben Brighton, der es ebenfalls beobachtete, „was so eine kleine Auseinandersetzung doch bewirken kann.“

      „Das reinigt die Luft“, erwiderte Hasard grinsend, „sieht fast so aus, als ob sie uns davonsegeln wollen.“

      „Denen wird es am wenigsten gefallen.“ Ben deutete mit dem Daumen über die Schulter nach achtern, wo er die Galeone der Dons wußte.

      Marcos und seine Freunde hatten auf der „San Donato“ jeden verfügbaren Fetzen Tuch gesetzt, und der Erfolg war ein Lichtblick in der zunehmenden Dämmerung. Der Seewolf gab Befehl, nun auch das Fockmarssegel zu setzen. Lediglich die Bramsegel und auch beide Blindesegel blieben weiterhin aufgegeit.

      Während sich der Abendhimmel weiter verdüsterte, gewann die „Isabella“ ihre ursprüngliche Distanz zur „San Donato“ zurück.

      Ein Blick nach achtern entlockte den Arwenacks ein Grinsen. Die Dons auf der „Santa Teresa“ mußten jetzt höllische Wut im Bauch haben, denn sie holten nicht weiter auf. Zwar hielten sie weiterhin Fühlung, doch es kündigten sich Umstände an, wodurch ihnen eben dies immer schwerer fallen würde.

      Spätestens in einer halben Stunde würde die Dunkelheit hereinbrechen. Der Südwind heulte und orgelte mit anschwellender Kraft. Hasard ließ zur „San Donato“ signalisieren, daß keine Lichter gesetzt wurden, und er gab auch seinen eigenen Männern entsprechende Order.

      Wenn sie den Lake Pontchartrain erreichten, bevor der Sturm heraufzog, mußten sie schon verdammtes Glück haben.

      Und vom Glück brauchte der Kapitän der „Santa Teresa“ eine beträchtliche Portion mehr, wenn er nicht den Anschluß verlieren wollte.

      An Marcos lag es, die Aufgabe des Lotsen zu übernehmen. Und sehr bald zeigte sich, daß er dieser Aufgabe voll und ganz gewachsen war.

      Knapp vor Dunkelwerden meldeten die Ausguckposten Land an Backbord. Es handelte sich um Errol Island, eine kleine Insel südlich der Chandeleur-Inseln. Noch während die „San Donato“ und die „Isabella“ daran vorbeisegelten, senkte sich die Finsternis wie ein schwarzes Tuch über den Golf von Mexiko.

      Beide Schiffe fielen vom heulenden Südwind ab und steuerten mit nördlichem Kurs geradewegs in den Chandeleur Sound.

      Breitbeinig stand Don José Isidoro auf dem Achterdeck der „Santa Teresa“ und fluchte über den verdammten Südwind, der alles daran setzte, ihn auf die Nase zu werfen. Und das im doppelten Sinn des Wortes.

      Was die Wetterküche zusammenbraute, verschaffte den Britenbastarden und den indianischen Hundesöhnen immer mehr Vorteile.

      „Diese Halunken haben keine Lichter gesetzt!“ schrie der Erste Offizier gegen das Orgeln des Windes an. Er hielt sich an der vorderen Schmuckbalustrade des Achterkastells fest.

      „So dämlich sind sie nicht, um uns den Gefallen zu tun!“ brüllte Isidoro zurück.

      Manchmal ging ihm die Engstirnigkeit seiner Offiziere auf den Nerv. Der Erste tat geradeso, als habe der Gegner versäumt, eine vorgeschriebene Pflicht zu erfüllen. War es nicht diese Unbeweglichkeit des Denkens gewesen, die zum Scheitern der spanischen Armada im Ärmelkanal geführt hatte? Isidoro hielt sich für einen der wenigen, die daraus gelernt hatten. Doch bei der augenblicklichen Lage schien ihm auch das nicht viel zu nutzen.

      Die „San Donato“ war bereits von der Dunkelheit verschluckt worden. Und von der „Isabella“ zeichneten sich nur noch die Segel als schemenhafte helle Flecken ab. Isidoro sah ein, daß er den Gedanken an eine baldige Konfrontation abschreiben mußte.

      Auf den Decks der „Santa Teresa“ waren die Männer in aller Eile dabei, Manntaue zu spannen und die Luken und Schotten zu verschalken. Die Gefechtsbereitschaft wurde zur Lächerlichkeit degradiert. Schon jetzt


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