Seewölfe Paket 15. Roy Palmer

Seewölfe Paket 15 - Roy Palmer


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Sie wandten ihm gerade ihre Rücken zu – sechs Männer unterschiedlich großer Statur, aber alle kräftig und muskelbepackt. Ihrem Akzent nach waren sie auf jeden Fall Engländer, aus unterschiedlichen Gegenden, aber wahrscheinlich alle von der Küste. Nach den Ausdrücken zu urteilen, die sie benutzten, mußten sie auch allesamt Männer mit Salzwassererfahrung sein.

      Küstenwölfe, dachte Hasard, Cornwell-Haie. Aber diesmal ist euch ein Fehler unterlaufen.

      Er war dicht an sie herangelangt und tippte nun dem, der ihm am nächsten stand, einfach auf die Schulter.

      Die Wirkung war unmittelbar: Der Kerl fuhr zusammen, wirbelte zu ihm herum und riß seine Faust hoch. Hasard hatte für einen Moment sein verzerrtes, erschrockenes Gesicht vor sich, dann aber blieb keine Zeit mehr für eingehende Betrachtungen. Er mußte sich wehren. Blitzschnell blockte er die hochschießende Rechte des Mannes ab, drückte seinen Arm weg und hieb selbst mit der linken Faust zu.

      Der Kerl gab nur noch einen halb verblüfften, halb entsetzten Laut von sich, als die harten Knöchel sein Kinn trafen, dann brach er zusammen und streckte sich der Länge nach auf dem Pflaster des Platzes aus.

      Jetzt warfen sich auch die fünf anderen herum und stießen unterdrückte Flüche aus. Sie griffen an und wollten sich allesamt auf den hochgewachsenen schwarzhaarigen Teufel stürzen, der ihnen da so unversehens in die Quere geraten war, aber da waren noch die Brightons, die O’Flynns, Shane, Carberry und Ferris Tucker.

      Die hatten mittlerweile nämlich ihre Deckungen verlassen und sprangen mit beängstigender Schnelligkeit auf die Gegner zu, warfen ihnen ein paar Flüche an die Köpfe, die alle vorher laut gewordenen Verwünschungen in den Schatten stellten, und begannen auf sie einzuschlagen.

      Aber die fünf hatten sich von ihrem ersten Schreck erholt und konterten. So leicht ließen sie sich denn doch nicht überrumpeln, und sie dachten auch nicht daran, die Flucht zu ergreifen. Aus welchem Holz sie geschnitzt waren, stellten Hasard und seine Männer in den nächsten Momenten fest, in denen die Keilerei heftigere Ausmaße annahm, als er anfänglich geglaubt hatte.

      Im Nu war der Teufel los, das Keuchen und Fluchen der Männer löste die Stille ab, die eben noch auf dem vom Nebel zugedeckten Plätzchen in der Nähe des Hafens geherrscht hatte.

      2.

      Roger Brighton hatte sich auf einen der Gegner geworfen und war mit ihm zu Boden gegangen. Sie wälzten und balgten sich, dann mußte Roger einen gewaltigen Hieb gegen sein Brustkreuz hinnehmen, der ihm vorerst die Luft und die Widerstandskraft raubte.

      Sein Widersacher löste sich von ihm, sprang auf und trat Old O’Flynn, der gerade hilfreich eingreifen wollte, voll gegen die linke Krücke und dann gegen das Holzbein. Der Alte ächzte, geriet aus dem Gleichgewicht und ging neben Roger zu Boden.

      Der Kerl tänzelte weiter zu Edwin Carberry und rammte ihm die Faust mit größter Wucht in den Magen, doch diesmal hatte er weniger Glück. Es war, als hätte er überhaupt nicht zugeschlagen.

      „So“, sagte der Profos. Er sprach auffallend gedämpft, was bei ihm immer ein Anzeichen für schweren Sturm war. „Du findest dich wohl besonders witzig, du Läuseknacker, was, wie?“

      Der Kerl sagte etwas Lästerliches, dann knallte er dem Narbenmann die Faust geradewegs unter das mächtige Rammkinn. Oder besser, er hatte es treffen wollen, hieb jedoch vorbei, weil der Profos seinen Kopf mit ungeahnter Gewandtheit zur Seite nahm. Verblüfft riß der Kerl den Mund auf, aber er klappte ihn gleich wieder zu, denn Carberry schlug mit beiden Fäusten zu. Die eine traf den Gegner in die Seite, die andere erwischte seine Kinnlade, dann flog er bis zur nächsten Hauswand, prallte mit dem Rücken dagegen und sank daran zu Boden.

      Er hörte noch, wie Carberry verächtlich „Witzbold“ sagte, dann schwanden ihm die Sinne.

      Der Mann, der von Hasard aufs Pflaster geschickt worden war, hatte sich inzwischen jedoch wieder aufgerappelt, und so waren es immer noch fünf, die den Seewölfen einen erbitterten Kampf lieferten.

      Aber auch Roger Brighton und Old O’Flynn waren wieder auf den Beinen. Big Old Shane warf gerade einen der Angreifer, den er bei den Armen gepackt hatte, mit Schwung über seinen breiten Rücken hinweg ab, der Alte nahm ihn in Empfang und knallte ihm das Holzbein gegen den Schädel.

      Das genügte jedoch immer noch nicht, der Kerl überrollte sich, sprang wieder auf und wollte sich erzürnt auf Old O’Flynn stürzen. Jetzt aber war Roger mit wutentbrannter Miene zur Stelle und landete mit beiden Fäusten einen Schlag im Nacken des Gegners, daß dieser nur noch einen keuchenden Laut von sich gab und dann endgültig zusammenbrach.

      Ferris Tucker war in die Knie gegangen, einer der Wegelagerer war über ihm und traktierte ihn mit gezielten Hieben. Plötzlich aber schoß Ferris’ linkes Bein hoch, der Fuß traf die Schulter des Kerls und ließ ihn zurücktaumeln.

      Er prallte mit dem Rücken gegen Ben Brighton, und der sagte: „Na, das ist ja wohl die Höhe.“

      Während er noch sprach, griffen auch seine harten Hände in die Sache ein. Er gab dem Kerl zunächst eine schallende Ohrfeige und anschließend einen Kinnhaken, und auch dieser versank in tiefer Bewußtlosigkeit.

      Jetzt waren nur noch drei der Angreifer aktiv. Sie hatten sich an Hasard herangepirscht und setzten ihm gefährlich zu. Der eine hatte bereits den linken Arm des Seewolfs gepackt, ein anderer versuchte, den rechten Arm zu fassen, und der dritte schickte sich an, den Rest zu besorgen und ihn niederzuschlagen.

      Mit einemmal aber war Dan O’Flynn mitten zwischen ihnen und trieb sie auseinander. Seine Fäuste wirbelten, und Hasard kriegte wieder Luft. Er riß den Mann zu sich heran, der seinen einen Arm umzudrehen trachtete, verpaßte ihm einen trockenen Haken und jagte ihn dann auf Carberry zu, der mit Shane, Ferris, den beiden Brightons und Old O’Flynn zusammen anrückte.

      Carberry sagte mit grunzender Stimme etwas, das wie „stinkende Kanalratte“ klang, dann schlug er kurz zu und beförderte den Kerl zu dem anderen, den er bereits erledigt hatte.

      Dan O’Flynn hatte einen weiteren Angreifer durch vier, fünf prasselnde Fausthiebe außer Gefecht gesetzt, und so stand plötzlich der eine Kerl allein der Übermacht von acht Männern gegenüber.

      Er erkannte seine hoffnungslose Lage und versuchte sein Heil in der Flucht, doch Ben stoppte ihn. Er hielt ihn fest und stellte ihn gegen eine Hausmauer.

      „Wer bist du?“ fragte er mit drohender Stimme. „Wer hat dich geschickt? Burton? Bromley? John Killigrew?“

      „Ich heiße Reeves“, antwortete der andere keuchend. „Zum Teufel, laß mich endlich los.“

      Hasard und die anderen waren nähergetreten.

      Der Seewolf sagte: „Das könnte dir so passen. Wer ist dein Auftraggeber, Reeves?“

      „Bist du Hasard Killigrew?“

      „Ja. Woher weißt du das?“

      Reeves versuchte zu grinsen. „Eine Möwe hat’s mir gezwitschert. Beim Henker, warum seid ihr Narren über uns hergefallen?“

      „Gib ihn mal her, Ben“, sagte Carberry, und seine Stimme hatte immer noch den gefährlichen, dumpfen Klang. „Ich will ihm ein bißchen was verbiegen, diesem total verlausten Satansbraten.“

      „Augenblick, Ed“, sagte der Seewolf und trat dicht vor den Mann, der angeblich Reeves hieß. „Mein Bootsmann und ich haben dich was gefragt, Reeves.“ Er fixierte den Mann, aber dieser hielt seinem bohrenden Blick stand. „Willst du dich vielleicht bequemen, darauf zu antworten?“

      „Ja. Seine Lordschaft Gerald Cliveden schickt uns, und ihr tut gut daran, euch nicht wie die Idioten zu benehmen.“

      „Wer ist dieser Cliveden?“ erkundigte sich Hasard.

      „Das kann ich dir hier nicht sagen.“

      „Ach. Das wird ja immer spannender. Für wie dämlich hältst du uns eigentlich?“

      „Folgt


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