Seewölfe Paket 15. Roy Palmer

Seewölfe Paket 15 - Roy Palmer


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blendend an.

      Ferris merkte es an dem dritten Fußtritt, den ihm der Kerl mit dem Oberlippenbart versetzte.

      Während des Marsches hatte Hasards Oberarmwunde wieder zu bluten begonnen, und Carberry hatte sie ihm notdürftig verbunden.

      Die Spuren waren immer noch deutlich zu erkennen, auch wenn jemand von den Piraten versucht hatte, hier und dort falsche Fährten zu legen, um die Verfolger aufzuhalten oder in die Irre zu führen.

      Das Licht unter dem Blätterdach des Waldes war heller geworden. Über ihnen mußte blauer Himmel sein. Vom Sturm, der über der Bucht von Saint Malo getobt hatte, war nichts mehr zu spüren.

      Easton Terry baute sich demonstrativ vor Hasard auf, als dieser die deutlichen Spuren weiter verfolgen wollte.

      „Wir sollten zu unseren Schiffen zurückgehen“, sagte er.

      „Sie meinen, wir sollten unseren Mann im Stich lassen?“ fragte Hasard bissig zurück.

      Terry zuckte abfällig mit den Schultern.

      „Ich frage mich nur, welchen Sinn diese Verfolgung haben soll“, erwiderte er. „Selbst wenn wir die Piraten einholen, wird uns das nichts nutzen, weil sie uns dann mit ihrer Geisel erpressen.“

      „Das ist eine Sache, die wir dann bedenken werden, wenn es soweit ist“, sagte Hasard scharf. „Solange noch eine Möglichkeit zur Rettung besteht, werde ich einen meiner Leute nicht aufgeben.“

      Er hatte laut gesprochen, so daß Terrys Männer ihn hören konnten, und er sah an Terrys verkniffenem Gesicht, daß dieser Hasards Absicht erkannte.

      „Außerdem, Mister Terry“, fügte Hasard hinzu, „scheinen Sie häufiger zu vergessen, daß ich das Kommando dieses Unternehmens habe, nicht Sie.“

      Terry erwiderte nichts mehr. Im Augenblick hatten Hasards Worte das abfällige Lächeln aus seinem Gesicht gewischt. Dafür grinste Carberry jetzt.

      Dieser verdammte Mistkerl! dachte der Profos. Den möchte ich noch mal im Dunkeln am Hafen von Plymouth erwischen! Dann wird er Zeit seines Lebens mächtige Schmerzen verspüren, wenn er seine Visage zu einem Grinsen verzieht!

      Er malte sich immer mehr Dinge aus, die er mit Terry in einer einsamen, dunklen Gegend anstellen würde, bis sie den Waldrand erreichten und in einer halben Meile Entfernung die kleine Fischerhütte auf der Anhöhe liegen sahen.

      Noch war der Pfad zu sehen, den eine Menge Leute durch das feuchte Gras getreten hatten. Er führte genau auf die Hütte zu.

      Hasard zögerte. Wenn sich die Piraten in der Hütte verschanzt hatten, war es für sie unmöglich, bis zu ihr vorzudringen. Die spärlichen Dekkungen, die sie hinter den verstreut liegenden grauen Felsbrocken finden würden, reichten nicht aus, um lebend bis zur Hütte zu gelangen.

      Dan O’Flynn und Stenmark traten an Hasards Seite.

      „Ich werde mich mit Stenmark heranschleichen“, sagte Dan. „Zwei Männern sollte es gelingen, ziemlich nah heranzukommen. Ich nehme eine von Ferris’ Flaschenbomben mit, die Carberry bei sich hatte. Vielleicht gelingt es uns, die Kerle damit so sehr zu erschrecken, daß sie Ferris freigeben.“

      Hasard nickte. Ihnen blieb keine andere Wahl. Er gab Dan und Stenmark ein Zeichen mit der Hand, und die beiden liefen los. Noch war die Entfernung für einen Schuß zu groß, doch als sie näher heran waren, begannen sie, Haken zu schlagen und von Felsbrocken zu Felsbrocken zu hetzen.

      Die Männer am Waldrand beobachteten gespannt die Hütte. Nichts rührte sich dort. Warteten die Kerle, bis Dan und Stenmark so nahe heran waren, daß sie sie nicht mehr verfehlen konnten?

      Dann waren die beiden bei der Hütte. Hasard sah, wie sich Dan mit einem Hechtsprung durch die Tür warf, während Stenmark seine Pistole durch das Fenster schob.

      Kein Schuß fiel.

      Es dauerte einen Augenblick, dann winkte Stenmark den Männern am Waldrand zu und signalisierte ihnen, daß keine Gefahr bestand.

      Hasard und die anderen marschierten los. Als sie die Hütte erreichten, hatten Dan und Stenmark schon die nähere Umgebung abgesucht.

      Hasard schaute in die verwahrloste Hütte. Es war deutlich zu sehen, daß die Piraten hiergewesen waren, aber sie hatten sich offenbar nicht lange aufgehalten.

      Irgend etwas gefiel Hasard nicht. Er hatte ein ungutes Gefühl. Es mußte einen Grund gehabt haben, warum die Piraten zu dieser Hütte gezogen waren. Er sah sich in dem Raum um, schob die umgekippten Tische und Stühle zur Seite, konnte aber nichts entdecken.

      Wütend stieß er gegen den schwarzen Topf, der an dem Dreibein im Kamin hing. Mit dem linken Fuß stand er dicht neben der Lehmkappe, die den Eisenring der Steinplatte verbarg, aber er entdeckte ihn nicht.

      Er verließ die Hütte. Terry stand draußen. Er hatte die Hütte gar nicht erst betreten. Das überlegene, zynische Lächeln war schon wieder auf seinem Gesicht.

      Hasard wandte sich Dan O’Flynn zu und gab Terry nicht die Gelegenheit, seinen Kommentar zu äußern.

      „Irgend etwas gefunden, Dan?“ tragte er leise.

      Dan schüttelte den Kopf.

      „Die Hunde haben von hier aus ihre Spuren verwischt“, erwiderte er gepreßt. „Ein Stück weit sind sie noch im Gras zu sehen, doch dann sind die Kerle nur noch über felsigen Boden gelaufen, der dort hinten beginnt.“ Er wies zur Küste hinüber.

      Der Seewolf preßte die Lippen aufeinander. Er wußte nicht, was er jetzt tun sollte. Sie konnten Ferris Tucker doch nicht im Stich lassen!

      Er ließ die Schultern hängen und hörte Schritte hinter sich. Er wandte den Kopf. Easton Terry trat auf ihn zu.

      Wenn er eine krumme Bemerkung fallen läßt, vergesse ich mich! dachte Hasard wütend.

      Aber Easton Terry war klug genug, den Seewolf nicht zu sehr zu reizen. Er warf nur einen kurzen Blick in die Hütte, rümpfte die Nase und wartete lächelnd auf die Befehle von Mister Philip Hasard Killigrew.

      7.

      Die See war glatt, als hätte es nie diesen schlimmen Sturm gegeben. Vor der zerklüfteten Küste der Insel Bryack lagen die „Louise“ und die „Coquille“ vor Anker.

      Das Deck der „Louise“ sah aus, als hätten ein paar Riesen darauf gekegelt. Zersplitterte Spieren, aus den Brooktauen gerissene Geschütze, ein in seine Einzelteile zerlegtes Beiboot: das alles hatten die Eisenkugeln und Bomben der englischen Schiffe hinterlassen.

      Die Piraten schufteten wie die Sklaven, aber nur allmählich schafften sie es, der Wuhling Herr zu werden und langsam wieder Klarschiff zu kriegen.

      Yves Grammont ging in seiner Kammer auf und ab. Er hatte seit dem Gefecht nicht geschlafen. Die schlimmsten Gedanken waren in seinem Kopf und ließen sich nicht verdrängen. Immer wieder hatte er das Bild dieses schwarzhaarigen Teufels vor Augen, den er auf dem Achterdeck der „Hornet“ gesehen hatte. Ihm hatte er, Grammont, diese vernichtende Niederlage zu verdanken, dessen war er sich bewußt. Die Besatzung des anderen Schiffes hatte nicht viel schlechter gekämpft, aber von der „Hornet“ aus war die Taktik des Gefechtes bestimmt worden.

      Es juckte ihm unter der Augenbinde in der leeren Augenhöhle – wie immer, wenn die Wut ihn auffressen wollte. Seine Hand fuhr durch den dichten Vollbart, und er stieß leise Flüche hervor.

      Dann blieb er abrupt stehen und starrte den Mann an, der vor seinem Schreibtisch in einem Stuhl mit Armlehnen saß.

      Saint Jacques fühlte sich unter dem stechenden Blick des blauen Auges alles andere als wohl, obgleich Grammont ihm bestimmt nichts vorwerfen konnte. Er hatte mit seinen Leuten gekämpft wie die anderen auch, er hatte eben nur etwas mehr Glück gehabt und seine „Coquille“ fast unbeschädigt aus dem Gefecht herausgebracht.

      Die Augenbinde unter dem roten Kopftuch zuckte. Saint-Jacques


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