Big Ideas. Das Feminismus-Buch. Ann Kramer
für politisch aktive Frauen sowie die Debatten und Schriften über Geschlechtergleichheit, die während der Aufklärung aufkamen und sich die beiden Revolutionen hindurch mehrten, sind fundamental für moderne feministische Forderungen und gaben Frauen im Kampf um Gleichberechtigung Auftrieb.
Olympe de Gouges
Olympe de Gouges, 1748 als Marie Gouze geboren, befreite sich von ihrer Herkunft als illegitime Tochter des Marquis de Pompignon sowie einer Zwangsheirat mit 16 Jahren und eroberte sich einen Platz in der französischen Aristokratie. Um 1780 begann sie, Dramen und politische Schriften zu verfassen, die die männliche Autorität in der Gesellschaft hinterfragten. Darüber hinaus sprach sie sich gegen den Sklavenhandel aus.
Mit ihrer Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin formulierte de Gouges als eine der Ersten überzeugende Argumente für volle Bürgerrechte und Gleichberechtigung der Frau. Während der Schreckensherrschaft, einer blutigen Phase der Französischen Revolution, wurde de Gouges wegen Kritik an der Regierung verhaftet und 1793 mit der Guillotine hingerichtet.
Hauptwerke
1788 Lettre au peuple ou Projet d´une caisse patriotique
1790 La nécessité du divorce
1791 Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin
ICH WILL NICHT, DASS [FRAUEN] MACHT ÜBER MÄNNER HABEN, SONDERN ÜBER SICH SELBST
EMANZIPATION VON DER HÄUSLICHKEIT
IM KONTEXT
ZITAT IN DER ÜBERSCHRIFT
Mary Wollstonecraft, 1792
SCHLÜSSELFIGUR
Mary Wollstonecraft
FRÜHER
1700 In Some Reflections upon Marriage fragt die englische Philosophin Mary Astell, warum Frauen in die Sklaverei, Männer aber frei geboren sind.
1790 Die britische Historikerin Catherine Macaulay legt in ihren Briefen über Erziehungsfragen dar, dass Frauen nur aufgrund von mangelhafter Bildung den Eindruck erweckten, schwach zu sein.
SPÄTER
1869 Der britische Philosoph John Stuart Mill veröffentlicht Die Hörigkeit der Frau, ein kraftvolles Plädoyer für Gleichberechtigung, das er zusammen mit seiner Frau, der Feministin Harriet Taylor Mill, verfasst hatte.
Mary Wollstonecrafts Verteidigung der Frauenrechte von 1792 setzte ein kraftvolles frühes Zeichen für die Emanzipation der Frau von der Häuslichkeit. Ihre feministische Polemik war eine Antwort auf die Denker der Aufklärung des 18. Jahrhunderts, u. a. den Philosophen Jean-Jacques Rousseau. Deren Forderung nach Freiheit sei ungerecht und widersprüchlich, solange sie Frauen weiter unterwerfe. Auch widersprach sie der Ansicht, Frauen seien weniger vernunftbegabt als Männer. »Wer machte den Mann zum einzigen Richter?«, fragte sie. Frauen seien vielleicht körperlich schwächer, des rationalen Denkens aber ebenso fähig wie Männer.
»Sie [wurde] als Spielzeug des Mannes geschaffen […], als seine Rassel, und die müsse in seinen Ohren klingeln, wann immer er, die Vernunft beiseite schiebend, Unterhaltung wünsche.«
Mary Wollstonecraft
Spielzeug der Männer
Wollstonecraft begründet die Unterlegenheit der Frau damit, dass sie in der häuslichen Sphäre gehalten wird, gezwungen, den Männern als »Spielzeug« zu dienen. Die Gesellschaft lehre sie, dass Aussehen, die Meinung der Männer und Heirat wichtiger seien als geistige und persönliche Erfüllung. Nach einem Geschlechterstereotyp modelliert, den ihre Mütter förderten, würden Mädchen dazu erzogen, aus ihrem Aussehen Kapital zu schlagen, um einen Mann zu finden, der sie versorgen und beschützen würde.
Als erste Feministin nannte Wollstonecraft die Versorgungsehe eine Form der Prostitution – eine Aussage, die schockierte. Fehlende Mittel zwangen viele Frauen zur Heirat. Erniedrigt durch ihre Abhängigkeit vom Wohlwollen der Männer, seien sie de facto deren Sklavinnen. Ihr auf häusliche Belanglosigkeiten beschränktes Leben könne sie auch psychisch schädigen.
Um die Würde der Frau wieder herzustellen, fordert Wollstonecraft »eine Revolution der weiblichen Sitten«, gleiche Bildung für Männer und Frauen und sogar ein gemeinsames Schulsystem. Frauen sollen in der öffentlichen Sphäre präsent sein und einen Beruf erlernen, etwa in Medizin, Geburtshilfe und im Geschäftsleben. Sie drängt auf ein Ende der sozialen Geschlechterdifferenzierung. Gleiche Rechte für Frauen würden ihnen Kontrolle über ihr Leben geben.
Gemischte Reaktionen
Die Verteidigung wurde positiv aufgenommen, vor allem in intellektuellen Kreisen. Eine feindselige Presse bezeichnete Wollstonecraft jedoch als »Hyäne im Petticoat« in Anspielung auf ihr Aussehen und ihre unorthodoxe Lebensweise. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde ihr Buch nachgedruckt und von Persönlichkeiten wie der britischen Suffragette Millicent Fawcett und der amerikanischen Aktivistin Lucretia Mott bewundert. Noch Barbara Bodichon und Simone de Beauvoir griffen ihre fortschrittlichen Ideen auf.
Frauenarbeit im 18. Jh. war rein auf die häusliche Sphäre beschränkt. Wäscherinnen mochten zwar auch außerhalb arbeiten, erledigten aber Knochenarbeit für geringe Bezahlung.
Mary Wollstonecraft
Die anglo-irische Feministin und Radikale Mary Wollstonecraft wurde 1759 in London geboren. Ihr Vater war ein Tyrann und Verschwender. Ihre Bildung eignete sie sich im Wesentlichen selbst an. Mit einer Freundin gründete sie in London eine Schule. Nach deren Konkurs wurde sie Gouvernante in der Familie von Lord Kingsborough, eine Position, die sie hasste.
1790 arbeitete Wollstonecraft für einen Londoner Verlag und gehörte, mit Thomas Paine und William Godwin, einer Gruppe radikaler Denker an. 1792 lernte sie in Paris Gilbert Imlay kennen, mit dem sie eine Tochter, Fanny, hatte. Imlay war untreu, und so endete die Beziehung. 1797 heiratete sie Godwin und starb noch im selben Jahr, zehn Tage nach der Geburt ihrer Tochter Mary, die später als Mary Shelley den Roman Frankenstein schrieb.
Hauptwerke
1787 Thoughts on the Education of Daughters
1790 Verteidigung der Menschenrechte
1792 Die Verteidigung der Frauenrechte
WIR RUFEN ALLE FRAUEN AUF, GLEICH WELCHEN STANDES
EMANZIPATION DER ARBEITERIN