Rüstungsproduktion in der Mitte Deutschlands 1929 – 1945. Frank Baranowski

Rüstungsproduktion in der Mitte Deutschlands 1929 – 1945 - Frank Baranowski


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zu vergeben, die allein 1927 einen Wert von 70 Millionen RM erreichten.

      Schnell zeichnete sich ab, dass die zur Verfügung stehenden Mittel nicht für die Ausstattung des geplanten 21-Divisionen-Notheeres ausreichten. Im Februar 1928 verminderte das Truppenamt das „A-Heer“ in seinen Planungen auf 16 Divisionen. Zur Berechnung sollte sogar nur noch von 15 Divisionen ausgegangen werden. Dieses Konzept hatte bis Mitte 1930 Bestand.42 Am 29. September 1928 genehmigte der Chef der Heeresleitung das Heeresrüstungsprogramm 1928/​32, dem dieses reduzierte Notstandsheer zugrunde lag. Am 26. Oktober billigte die Regierung dieses 1. Rüstungsprogramm mit einem Finanzierungsaufwand von rund 350 Millionen RM. Davon entfielen ca. 280 Millionen RM auf die Erstausstattung des Notheeres. Der Löwenanteil wurde für den Ankauf von Artilleriemunition und -gerät sowie Maschinengewehren verwendet. Die Bestellungen bei den ‚schwarzen Firmen‘ erfolgten aus Geheimhaltungsgründen – wie schon in den Jahren zuvor – weiterhin über die 1926 von der Reichswehr ins Leben gerufenen Stahl- und Maschinengesellschaft mbh (Stamag). Die Lieferungen der zugelassenen Rüstungsschmieden, die das „Nollet-Soll“43 überschritten, wurden einem gesonderten Buchungsverfahren unterzogen.44 Die Einstellung von Haushaltsmitteln in die umfangreiche Ausarbeitung zeigt, dass es nicht um ein Gedankenspiel möglicher Rüstungshersteller ging. Vielmehr belegt sie Waffenkäufe der Reichswehr nicht nur bei den wenigen von den Alliierten zugelassenen Rüstungsschmieden, sondern auch bei einigen ‚schwarzen‘, nicht konzessionierten Betrieben.45 So lieferten mit Wissen und Genehmigung der Alliierten die Magdeburger Polte-Werke Hülsen und Geschosse; ungenehmigt aber stellten vier weitere Firmen diese Munition her; die Metallwarenfabrik Treuenbrietzen, Basse & Selve im sauerländischen Altena, die Lokomotivfabrik und Schiffsbauwerft Schichau in Elbing,46 sowie die Werkzeug- und Maschinenfabrik Donauwörth.47

       Polte-Kennmarke mit eingestanzter Personalnummer (Sammlung Baranowski)

      Die Kosten für die ‚fabrikatorischen Vorarbeiten‘ machten im Gesamtumfang des 1. Rüstungsprogramms den kleinsten Betrag aus. Dies verwundert, da die Reichswehr noch im Juni 1927 im Rahmen des von ihr selbst aufgelegten „Notprogramms“ knapp 40 Millionen RM für die Sicherstellung des allerdringendsten Heeresbedarfs in „Rumpfdeutschland unter Zugrundelegung der vorhandenen Maschinen [und] Einrichtungen“ gefordert hatte. Außerhalb der zugelassenen Firmen sah die ursprünglich aus dem März stammende überarbeitete Dringlichkeitsliste vom Juni 1927 die finanzielle Unterstützung von etwa 50 Betrieben vor, die wie die Lindener Zündhütchenfabrik in Empelde bei Hannover für mögliche Rüstungsaufträge zumeist „still liegend in Bereitschaft gehalten wurden“. Unter ihnen waren Dreyse & Collenbusch in Sömmerda, die Berlin-Karlsruher-Industriewerke,48 die zum Krupp-Imperium gehörende Panzerschmiede Grusonwerk in Magdeburg, AEG, die Siemens-Schuckert Werke Berlin, die Sächsischen Gussstahlwerke Döhlen (SGW),49 die Maschinenfabrik Wilhelm Wurl in Berlin-Weißensee, die Ardeltwerke in Eberswalde, die Erfurter Maschinenfabrik (Erma), Hanomag in Hannover und die Maschinenfabrik August Wallmeyer in Eisenach.50 Noch im Dezember 1927 hoffte das Heereswaffenamt, für die Jahre 1927 bis 1930 einen Betrag von mehr als 41 Millionen RM für fabrikatorische Rüstungsvorhaben aufwenden zu können.51 So waren 800.000 RM für die Ergänzung der bei Schwedt und bei Erma lagernden Maschinen für Handwaffen gedacht. Weitere 4,2 Millionen RM sollten u. a. für die Überholung von Werkzeugen bei Polte, Basse & Selve, Dreyse & Collenbusch, Dornheim-Suhl, Utendoerffer, den Berlin-Karlsruher-Industrie-Werke und für Maschinen in diversen Heereslagern fließen. Auch eine Umrüstung der Lindener Zündhütchenfabrik genoss höchste Priorität. Um das Werk in „erhöhte Bereitschaft“ zu versetzen, sollten weitere Mittel für den Ersatz der alten, handelsüblichen Maschinen der Fabrik durch moderne Produktionsmaschinen fließen. Die Verhandlungen mit den Firmenvertretern waren 1928 soweit gediehen, dass abschlussbereite Verträge vorlagen. Vorgesehen war auch die Bereitstellung von 20.000 Geschossnäpfchen durch Basse & Selve.52

      Am 5. Dezember 1927 leitete das Heereswaffenamt dem Truppenamt den endgültig korrigierten und erweiterten „Fabrikenplan“ zu, der, aufgeschlüsselt in 17 Punkte, eine Vielzahl weiterer Einzelprojekte aufführte. Allein für die Überholung, Reparatur und Ergänzung des Maschinenparks für Kartusch- und Patronenhülsen sollten weitere 7,1 Million RM investiert werden. Für die Verlegung der Pulverfabriken von Troisdorf nach Dömitz, von Rottweil nach Premitz und die Einrichtung der Dynamitfabrik für Röhrenpulver in Krümmel bei Geesthacht, sowie für den Ausbau der bereits produzierenden Firma Wasag und der Walsroder Fabrik Wolff & Co. waren insgesamt 4,2 Millionen RM projektiert. Weitere 5,14 Millionen RM hatte das Heereswaffenamt für die Anschaffung von Spezialmaschinen und die Ergänzung von Werkzeugen sowie Werkbestandteilen für mechanische Zeitzünder, wie sie die Firma Thiel produzierte, vorgesehen.53 Ein vergleichsweise geringer, militärisch gesehen aber sehr bedeutender Betrag von 195.000 RM war für Erhaltung, Pflege und Umtransporte der ‚schwarz‘ angelegten Maschinen- und Werkzeuglager in Treuenbrietzen, Rothenburg, Königsberg, Milbertshofen sowie Sömmerda eingeplant. Auch die Firmen Göggl (München-Moosbach), Schäffer (Stettin), Polte (Magdeburg), Erma (Erfurt), Haase & Wrede (Berlin), F. Werner (Berlin-Marienfelde) und der Industrieanlagen GmbH (Berlin-Haselhorst) sollten ihre „schwarze“ Lagerhaltung aus diesen Mitteln bestreiten.54

      Bei dem Programm handelte es sich um Maximalpositionen, die, wären sie verwirklicht worden, erhebliche Einschnitte zu Lasten der materiellen Rüstung nach sich gezogen hätten. „Nahe55 ist sich darüber klar, dass die für unsere Verhältnisse sehr hohen Summen, die für die Vorbereitung der Umstellung einer auch nur begrenzten Industrie notwendig sind, in kurzer Zeit nicht zur Verfügung stehen werden“. Dennoch bat das Heereswaffenamt zu prüfen, „ob es nicht zweckmäßig ist, die Anhäufung größerer Bestände zu vermeiden und so die ersparten Mittel lieber in die Umstellungsvorbereitungen der wichtigen Fabriken zu stecken“.56 Ende Januar 1928 wurde das Begehren des Truppenamtes abgelehnt. Zwar werde die Notwendigkeit der fabrikatorischen Vorbereitung für die Massenfertigung anerkannt, doch aus Sicht der übergeordneten Stellen lasse sich das Vorhaben des Heereswaffenamtes „mit einem Gesamtkostenaufwand von rd. 50 Millionen RM in das bisherige Rüstungsprogramm“ derzeit nicht aufnehmen. Die geforderten Mittel könnten weder aus dem Erprobungsfonds noch aus den Beträgen der Beschaffungsmitteln „herausgeschnitten werden“, die das Heereswaffenamt für die fabrikatorische Rüstung für erforderlich erachtete. Allenfalls könnten einzelne, vordringliche Forderungen, soweit sie nur geringe Mittel in Anspruch nehmen, befriedigt werden. Für jedes Gebiet müsse von Zeit zu Zeit geprüft werden, „welche Mittel für die fabrikatorische Rüstung abgezweigt werden können“.57

      Im Frühjahr 1928 waren die 40 bis 50 Millionen RM, die zunächst angedacht waren, zu einem „fabrikatorischen 10 Millionen Programm“ geschrumpft. Nach Hansen wurde der Betrag für die Geltungsdauer des ersten Rüstungsprogramms von 1928 bis 1932 auf 13,785 Millionen RM festgeschrieben, später geringfügig auf 14,818 Millionen RM erweitert.58 Bis 1932 flossen aus dem „Fabrikenfonds“59 des Kriegslastenhaushalts insgesamt 69,06 Millionen RM in die direkte Unterstützung von Rüstungsbetrieben; der wesentliche Teil wurde jedoch bereits vor Auflage des ersten Rüstungsprogramms gezahlt, so dass die Zahl einen falschen Eindruck erwecken könnte.60 Bis Ende 1927 profitierten allein die wenigen zugelassenen Firmen von finanziellen Zuwendungen aus diesem Fonds. So gingen allein 1926 12 Millionen RM an Simson in Suhl, 1,6 Millionen RM an Rheinmetall Sömmerda, 7,45 Millionen RM an Rheinmetall Düsseldorf, 1,1 Millionen RM an die Fahrzeugfabrik Eisenach, 9,5 Millionen RM an den Bochumer Verein, 3,5 Millionen RM an die Wasag, 1,5 Millionen RM an Krupp Essen und weitere 0,33 Millionen RM an die Berliner Maschinenbau AG, vormals Schwarzkopf.61 Erst ab 1928 wurden Mittel des „Fabrikenfonds“ zur Unterstützung nicht zugelassener Firmen herangezogen. Der Aufstellung des „x-Haushaltes“ für 1929, der sämtliche Ausgaben gleich welcher Bestimmung für illegale Rüstungsvorhaben aufnahm, weist für das Rechnungsjahr 3,432 Millionen RM an Zuwendungen für ‚fabrikatorische Zwecke‘ aus. Unter den Nutznießern war wiederum Polte. Zur Ergänzung seines Maschinenparks für Infanterie-Munition erhielt der Magdeburger Rüstungsproduzent über 800.000 RM; davon stammten 538.800 RM aus dem „Rüstungs-“ und weitere 270.000 RM aus dem „Fabrikenfonds“.

      In den Ausbau von Munitionsfabriken


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