Tod auf der Massagebank. Joachim Bräunig

Tod auf der Massagebank - Joachim Bräunig


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und schaute fragend in die Runde.

      „Wir waren so in die Buddelei vertieft, dass wir hitzeunempfänglich wurden“, sagte Werner.

      „Ihr müsst folgendes wissen“, sagte Julia an ihre Kinder gewandt, „in einer Entfernung von ungefähr zwei Kilometern von unserem Hotel befand sich eine stillgelegte Ausgrabungsstätte antiker Gegenstände, von denen es auf Zypern reichlich gibt. Wir wollten unbedingt ein Andenken von dieser Ausgrabungsstätte mit nach Hause nehmen und haben uns mindestens vier, eventuell sogar fünf Stunden in diesem Bereich aufgehalten, wobei wir nicht die Einzigen vor Ort waren. Zudem mussten wir den Heimweg von der Ausgrabungsstätte zum Hotel zu Fuß zurücklegen, da kein Bus fuhr. In Zypern gibt es keinen geregelten Busverkehr, die Busse fahren nach Gefühl, war unser Eindruck. Selbstverständlich waren keine großen Schätze mehr vorhanden, ansonsten wäre die Stätte nicht stillgelegt worden, aber dennoch fanden wir einzelne Scherben von möglichen Krügen oder Ähnlichem, die sich jedoch leider bei genauer Betrachtung durch einen Sachverständigen im Hotel als wertlos erwiesen. Dennoch haben wir einzelne Stücke mit nach Hause genommen und gelegentlich schauen wir diese Scherben wieder an, um uns an den schönen Urlaub zu erinnern. Es war gut, dass wir den Urlaub in unsere Frühjahrsperiode gelegt hatten, denn zu dieser Zeit war es noch einigermaßen erträglich, während in den Sommermonaten der Aufenthalt in Zypern dem Körper alles abverlangt.“

      „Zum Sonnenbrand reicht es dennoch“, warf Erhard ein.

      Die Zeit verging wie im Flug und das Servicepersonal schaute in den Räucherofen und stellte mit großer Genugtuung fest, dass die Räucherware fertig zum Verzehr war und bat die Gäste, sich jeweils ihren gewünschten Fisch auszuwählen.

      „Sollen wir das alles essen?“, fragte Richard Wieland ungläubig.

      „Selbstverständlich“, antwortete Werner mit einem Lächeln.

      „Ich mache seit zwei Wochen eine Diät“, schmunzelte Richard.

      „Davon weiß ich aber nichts“, staunte Lucy.

      „Musst nicht alles wissen.“

      „Wenn ich deinen Appetit in letzter Zeit betrachte, kann das nicht stimmen“, erwiderte Lucy und schaute mit einem energischen Blick in die Runde.

      „Ich muss gestehen, du siehst nicht nach einer Diät aus, sondern wohlgenährt“, ergänzte Julia.

      „Ich habe nicht gesagt, dass ich hungere.“

      „Wir bereiten ihnen den Fisch zum Verspeisen vor und bringen ihn an ihren Platz“, sprach der Chef des Servicepersonals und wies seine Mitarbeiter entsprechend ein.

      „Was wird mit dem Fisch, den wir nicht verzehren?“, fragte Richard erneut.

      „Sie können sicher sein, dass alles verbraucht wird. Ihr Gastgeber hat alles schon bezahlt und Sie können sich sicher sein, dass alles verzehrt wird.“

      „Das glaube ich ungesehen, aber nicht alles von uns“, gab Richard, welcher zuweilen sehr penibel sein konnte, zurück.

      „Du kannst manchmal direkt peinlich sein“, sprach Lucy und schaute ihren Mann zurechtweisend an.

      Die Geburtstagsfeier von Julia verlief sehr harmonisch und alle Gäste waren bester Stimmung und erzählten von gemeinsamen Erlebnissen beziehungsweise von Erlebnissen der letzten Zeit, sowohl im Berufsleben als auch im privaten Bereich und sie tauschten Zukunftspläne aus.

      Nach einiger Zeit erhob sich Werner und sagte: „Ich werde versuchen, einen Fisch zu angeln.“

      Die Anwesenden staunten und Julia sprach: „Willst du mit den Fingern angeln, da fängst du keinen Fisch.“

      „Lass dies meine Sorge sein“, konterte Werner und lief zur Anlegestelle.

      Werner Geisler hatte mit dem Eigentümer des Pavillons vereinbart, dass der eine Angel bereitstellt, ohne dass Werner angeln musste. Die Gäste beobachteten das Treiben von Werner an der Anlegestelle mit der bereitgelegten Angel und konnten sich sein Verhalten nicht erklären, aber sie wollten ihn nicht stören und hatten alle eine gewisse Vorahnung, dass Werner ein bestimmtes Ziel verfolgte. Nach einigen Minuten seines etwas konfus wirkenden Treibens hatte Werner ein Paket an der Angel und rief: „Schaut, was ich geangelt habe.“

      Die Anwesenden blickten gebannt auf Werner und waren sich jetzt sicher, dass er für seine Frau eine weitere Überraschung geangelt hatte. Das Paket war nicht besonders groß und er lief damit auf Julia zu und bat sie: „Würdest du das Paket bitte für mich öffnen?“

      Julia war völlig überrascht und schaute ihren Mann mit großen fragenden Augen an. Dann ergriff sie das Paket, welches in Silberpapier eingewickelt war. Sie schaute noch immer fragend Werner an, der mit einem Lächeln sagte: „Das Paket haben mir die Fische übergeben.“

      Julia entfernte das Papier und hielt ein Schmuckkästchen in der Hand. Sie war von dem ganzen Geschehen dermaßen überrascht, dass ihre Finger zitterten und sie immer wieder zu Werner schaute. Schließlich gelang es ihr, das Kästchen zu öffnen, und der Inhalt versetzte sie in völliges erstaunen und nahm ihr fast den Atem. In dem Schmuckkästchen befand sich ein sehr wertvoller goldener Diamantring. Der große Diamant war in der Fassung von mehreren kleinen Diamanten umgeben. Julia starrte auf den Ring und suchte nach Worten, um ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen, aber ihr fehlten anfangs die Worte. Immer wieder schüttelte sie den Kopf und ihr standen die Tränen in den Augen. Sie hatte schon immer viel Wert auf ihr Äußeres gelegt und sich Schmuck zugelegt, aber stets darauf geachtet, dass es finanziell in ihren Rahmen passte. Dieser Ring übertraf jedoch all ihre Wertvorstellungen. Die Freunde drängten Julia nicht, sondern hatten die Situation schnell begriffen und ließen ihr die erforderliche Zeit, ihr Glück zu begreifen.

      Nach einiger Zeit sagte Julia, mit fast tonlosen Worten: „Du bist verrückt“, und starrte Werner an.

      „Ich hoffe, dass ich dir eine kleine Freude bereiten kann.“

      „Das ist der Wahnsinn.“

      „Ich weiß, dass du gern Schmuck trägst, aber immer auf den Preis achtest.“

      „Ich kann es kaum fassen.“

      „Der Ring soll ein kleines Dankeschön für unsere gemeinsamen Jahre und deine große Aufopferung für unsere ganze Familie sein“, sagte Werner mit freudiger Stimme.

      „Damit habe ich niemals gerechnet.“

      „Dann habe ich es richtig gemacht“, strahlte Werner.

      Plötzlich sprang Julia von ihrem Stuhl hoch, rannte auf ihren Ehemann zu und drückte ihn ganz fest an sich, wobei sie die Tränen nur mühsam verbergen konnte.

      „Vielen, vielen Dank. Du bist ein wahrer Schatz und meine ewige Liebe“, flüsterte sie ihm ins Ohr.

      „Ich liebe dich auch“, erwiderte Werner.

      „Jetzt wird alles gut“, hauchte Julia.

      Werner schaute etwas verdutzt und sagte: „Was meinst du?“

      „Jeder kann ein kleines Geheimnis haben“, entgegnete Julia.

      „Du sprichst in Rätseln.“

      „Lass uns den Tag genießen und noch viele schöne gemeinsame Jahre“, lächelte sie Werner an, der noch immer, angesichts dieser rätselhaften Bemerkung von Julia, welche die Gäste nicht mitbekommen hatten, leicht irritiert wirkte, dies sich jedoch vor den Gästen nicht anmerken lassen wollte.

      Zu späterer Stunde erhob sich Werner Geisler und sagte zu den Gästen: „Wir müssen jetzt aufbrechen, ansonsten verpassen wir die große Feier meiner Frau.“

      „Welche Feier meinst du nun schon wieder?“, fragte Erhard.

      „Wir fahren jetzt zurück nach Wendisch Rietz und ich bitte euch alle mit mir und meiner Gattin den schönen Tag im ‚Hotel am Hafen‘ ausklingen zu lassen. Ich hoffe, ihr gebt uns die Ehre.“

      „Das Feiern nimmt ja heute überhaupt kein Ende“, warf Lucy ein.


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