Lebensläufe Zeitläufte. Karlheinz Gerlach
italienischen Barockoper sangen meist Kastraten die weiblichen Rollen, in Berlin außer Concialini, um nur die Freimaurer zu nennen, → Pablo Antonio Bedeschi (Künstlername Paolino), → Luini Bonetto, → Antonio Uberti (Künstlername Porporino) und → Felice Salimbeni. Concialini wurde wenige Wochen nach seinem Berliner Engagement Freimaurer. Die Loge L'Amitié nahm ihn am 1.11.1765 im I. und II. Grad auf und beförderte ihn in wenigen Jahren bis auf den VII. Grad. Sie wählte ihn 1766 zum Ökonomen (bis 1771), 1771 zum Zeremonienmeister der französischen Sprache (bis 1781?), 1778 zum Direktor der Logenbibliothek, 1789 zum Großzeremonienmeister (Grand Maître des Cérémonies), welches Amt er 1792/1796 gleichzeitig mit dem des Bibliothekars ehrenhalber ausübte. Wie andere Freimaurer setzte auch Concialini seine Begabung zum Wohle der Armen ein. Er gab 1777 ein Benefizkonzert für eine Witwe und ihre vier Kinder, dessen Erlös von 445 Rtl die Loge ihr überreichte. 1780 gab er gemeinsam mit dem Violinisten → Karl Hermann Heinrich Benda Wohltätigkeitskonzerte im Hotel Stadt Paris. Seine Loge legte das gedruckte Konzertreglement Friedrich II. vor, der es indes mit Verdruß aufnahm und der Loge am 13.11.1780 mitteilte, daß sie "von den ersten Grundsätzen der wahren Freimaurerei" abweiche, stattdessen sich amüsiere, "ein Liebhaberkonzert zu veranstalten, durch welches nur wenig zu ihrer Wohltätigkeit beigetragen werden kann. Wahrlich, das heißt, mit einem so ehrwürdigen Orden sein Spiel zu treiben, und Seine Majestät finden sich keineswegs veranlaßt, dergleichen Frivolitäten zu unterstützen." Die Berliner Freimaurer überhörten die Kritik, die ja kein Verbot war, und gaben trotzdem die Konzerte, Concialini noch Ende der neunziger Jahre. Er stellte am 13.11.1800 als Mitglied der Berliner Filia Zur siegenden Wahrheit ein Entlassungsgesuch, um in der Immediatstadt Charlottenburg gemeinsam mit anderen Freimaurern die mit dem Einverständnis von Königin Luise nach ihr benannte Loge Luise zur gekrönten Schönheit (RY, 3.8.1801 installiert) zu stiften. Die Loge wählte ihn am 30.6.1801 und erneut am 26.11.1801 zum Zeremonienmeister, am 15.5.1802 und erneut am 9.5.1804 zum 2. Steward, am 2.3.1803 zum 1. Steward und am 25.5.1803 zum 1. Zensor. Auch Concialinis Charlottenburger Diener Hibou wurde Freimaurer.
Karl Friedrich Hibou (* 14.1.1756 Potsdam), a. 1.5.1801 Luise als dienender Bruder, II. 23.6.1801, III. 18.8.1802
Concialini wechselte, weil die Loge Luise nicht recht aufkommen konnte (und 1807 einging), am 24.8.1804 zur Berliner Loge Zu den drei Seraphim, einer Tochter der Großen National-Mutterloge, deren Musikalischem Kollegium er angehörte. Die Loge führte ihn zuletzt 1811/12 als Ehrenmitglied. Der 1796 pensionierte Sänger wohnte in einem ihm von Friedrich Wilhelm II. geschenkten Haus in Charlottenburg. Er besuchte täglich Gräfin v. Lichtenau (Wilhelmine Enke, 1753-1820), Mätresse und Vertraute Friedrich Wilhelms II., die seinen Gesang bewunderte. Sie sangen gemeinsam, und er leitete die Hauskonzerte und kleinen Opern in ihrem Haustheater. Er traf in ihrem Haus → Michael Philipp Boumann, den sie förderte, und → Karl Gotthard Langhans. In den letzten Jahren trübten sich die Beziehungen zwischen der Gräfin und Concialini. Als Napoleon mit der Grande Armée in Rußland einfiel, lud Graf Hermann Ludwig Heinrich von Pückler-Muskau (1785-1871) ihn in die Oberlausitz ein, wo er sicherer schien; er war seit Jahrzehnten mit der Familie Callenberg ― Graf Pücklers Mutter Clementine [1778-1850] war eine geborene Gräfin v. Callenberg ― bekannt und in Muskau ihr Gast. Concialini starb im selben Jahr im Muskauer Schloß Herrmann Graf Pücklers. Er wurde am 27.10.1812 auf dem protestantischen Kirchhof bestattet. (Friedrich: Concialini)
Contessa Salice, Christian Jakob (21.12.1767 Hirschberg/Schlesien-11.9.1825 Liebenthal bei Greiffenberg/Schlesien), kath., Gv Anton Lorenz Contessa (1690-1748), Kaufherr in Hirschberg, Gm Johanna Rosalie geb. Kretschmer, V Christian Contessa (1736-1793), Kaufmann, Leinwandgrossist in Hirschberg, M Johanna Elisabeth geb. Mockwitz († 1801, V Hofrichter, Amtsschöppe, M geb. Voeteri, Ungarin), ∞ 1790 Hedwig Galli († 1826, V Kaufmann in Gleiwitz).
Bruder
Karl Wilhelm Franz Contessa Salice (1777-1825), romantischer Schriftsteller, Landschaftsmaler, 1814 Freund E. T. A. Hoffmanns
Christian Jakob Contessa stammte aus einer Ende des 17. Jahrhunderts aus Saló am Comersee in das habsburgische Schlesien eingewanderten italienischen Patrizierfamilie. Er besuchte 1782-1784 das Jesuitenkollegium in Breslau, wo er Freundschaft mit → Joseph Zerboni schloß, absolvierte eine kaufmännische Lehre in Hamburg, wo er unter dem Einfluß Klopstocks erste Gedichte schrieb und wo ihn die Freimaurerloge Zur goldenen Kugel aufnahm. Er unternahm 1788, kurz vor Beginn der Französischen Revolution, eine Bildungsreise nach London, Paris, Südfrankreich, Spanien, die entscheidend für die Entwicklung seiner politischen Anschauungen wurde. Nach seiner Rückkehr affiliierte ihn am 25.9.1788 die Hirschberger Loge Zu den drei Felsen (22.10.1788 Mitgliedschaft, GLL), wählte ihn am 16.4.1789 zum Sekretär (bis 1793), am 16.4.1793 zum 2. und am 16.4.1794 zum 1. Aufseher sowie am 16.4.1795 zum Logenmeister. Contessa übernahm 1793 das väterliche Leinwandgeschäft in Hirschberg. Damals berieten er, → Ignaz Aurelius Feßler, → Johann Karl August Christian Fischer und → Zerboni in Warmbrunn die Gründung des geheimen Evergetenbundes (altgriechisch Wohl- und Guttäter) als eines höheren freimaurerischen Grades. Das Bundesziel war die Vorbereitung republikanischer Gesinnungen und Grundsätze. Zwei Jahre danach, 1795, gründeten er, → August Wilhelm v. Leipziger und → Zerboni die republikanische Geheimgesellschaft Moralisches Femgericht, deren Konstitution (I. Grad) er ausarbeitete. Die eine Revolution fürchtenden Ancien régimes sahen in den Geheimgesellschaften eine große Gefahr. Auf der Grundlage eines Reichsgutachtens des Regensburger Reichstages ergingen Verbote der Geheimgesellschaften an den Universitäten. In Berlin forderte Friedrich Wilhelm II. ein schärferes Vorgehen gegen die aufgeklärten Publizisten und neologischen Theologen. Besonders Schlesien bereitete Sorgen, das in eine Wirtschaftskrise geraten war mit sozialen Unruhen, die auf Brandenburg überzugreifen drohten. Die preußische Polizei deckte das geheimbündlerische Moralische Femgericht auf und verhaftete seine Mitglieder, Contessa im Februar 1797. Die Berliner Führung der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland fürchtete, nach der Verhaftung ihres Hirschberger Logenmeisters mit der republikanischen Geheimgesellschaft als Mittäter in Verbindung gebracht zu werden und schloß am 24.2.1797 diesen Br. Contessa von unser Verbindung einstweilen gänzlich aus, entließ ihn aus seinem Logenamt und übertrug → Christoph Johann Geyer die Logenführung. Das innere und öffentliche Ansehen der Loge war erschüttert. Contessa, der in den Festungen Spandau und Stettin einsaß, wurde nach einem Jahr, am 6.2.1798, auf Veranlassung des schlesischen Staatsministers → Graf v. Hoym aus der Haft entlassen. Die Aufdeckung des Moralischen Femgerichts und die Verhaftung Contessas und weiterer Mitglieder, alle Freimaurer, waren für Friedrich Wilhelm III. einer der Gründe, 1798 in der Monarchie alle Geheimbünde zu verbieten (Edikt wegen der geheimen Verbindungen). Friedrich Wilhelm III. begnadigte Contessa 1798. Die Hirschberger Stadtverordnetenversammlung wählte ihn nach der Einführung der Städteordnung 1808 zu ihrem Vorsteher. Er beteiligte sich 1812 an der Vorbereitung der Befreiungskriege und wurde 1814 zum Kommerzienrat ernannt. Contessa kaufte 1812 das säkularisierte Benediktinerinnenkloster und Gut Liebenthal bei Hirschberg, wo er, nachdem er sich aus seinem Leinenunternehmen zurückgezogen hatte, wohnte − Liebenthal war Treffpunkt des romantischen Dichterkreises der Serapionsbrüder. Er schrieb Ritterdramen, Erzählungen, Alfred (1809, Schauspiel nach Schillers Vorbild), Der Freiherr und sein Neffe (1824, frühester Zeitroman des 19. Jahrhunderts). Contessa kehrte wenige Jahre vor seinem Tod in die aktive Freimaurerei zurück, als er mit anderen 1824 im niederschlesischen Bad Warmbrunn die Loge Zur heißen Quelle gründete (Konstitution der GNML3W).
Cori, Angelo (Ange) († 1775), aus London.
Friedrich II. engagierte 1742/43 den Londoner Beleuchtungsfachmann Angelo Cori, einen klugen und selbstständig urteilenden Mann, als Inspecteur de l'Opera, als Oberinspektor der Garderobe, der Requisiten und der Komparserie der Hofoper, mit dem hohen Jahresgehalt von 1200 Rtl. Er stellte auf Veranlassung des Opernintendanten → Ernst Maximilian Ignaz Freiherr v. Sweerts ein Kulisseninventar der kgl. Oper (Inventaire des décorations de l'Opera du Roi, Berlin 1754-1756) zusammen mit detailgenauen Angaben der Einzelteilen der vorhandenen Dekorationen, mit den Namen der Bühnenbildner