Lebensläufe Zeitläufte. Karlheinz Gerlach

Lebensläufe Zeitläufte - Karlheinz Gerlach


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begann 1765 seine berufliche Laufbahn als Lehrer für Mathematik an der von Friedrich II. nach dem verlustreichen Siebenjährigen Krieg 1765 gegründeten Académie des nobles (École militaire, Militärakademie) in Berlin, der preußischen Ausbildungsstätte für junge Adlige zum Militär- und Zivildienst. Castillon legte 1767 seine erste große Übersetzung vor, Euklids Elemente aus dem Altgriechischen ins Französische, übersetzte die fünfteilige Theorie der Gartenkunst von Christian Cay Lorenz Hirschfeld ins Französische (Théorie de l'art des jardins, Leipzig 1779-1785), schrieb über Logik und Musikwissenschaft, errang 1780 und 1782 Preise für wissenschaftliche Abhandlungen. Er war 25 Jahre alt, als die Berliner Loge Pégase (GLL) ihn am 1.9.1772 aufnahm. Sie beförderte ihn am 30.1.1773 zum Gesellen und in einer außerordentlichen Loge am 10.6.1773 unter der Leitung des deputierten Großmeisters → v. Zinnendorf zum Meister. Im selben Jahr stieg er in die Führung der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland auf: 20.10.1773-1774 und 29.12.1776-1781 deputierter Landesgroßmeister und 21.6.1775-1777 2. Großaufseher. Er war seit 1776 Mitglied des Großen Ordens-Kapitels „Indissolubilis“ (20.12.1776 Unterarchitekt [2. Gehilfe des Ordensgroßmeisters], 24.6.1782 Oberarchitekt [1. Gehilfe, Stellvertreter, des Ordensgroßmeisters], 16.8.1782 Kapitelmeister, 1809-1814 Ordensgroßmeister). Nach seinem Abschied aus seiner Loge am 19.11.1776 stiftete Castillon am 1.11.1776 in Berlin die Loge Zum Pilgrim, die er 1776-1814 38 Jahre als Logenmeister führte. Castillon erhielt 1787 die Professur für Philosophie an der Militärakademie (in der Burgstraße bzw. Heiligegeiststraße, wo er auch wohnte) und nach dem Tod seines Vaters 1791 dessen Professur der Philosophie an der Artillerieakademie. Er schrieb neben Jean-Jacques Rousseau die musikalischen Artikel für die von Denis Diderot und Jean le Rond d'Alembert herausgegebene Encyclopédie, ou dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers. Die Akademie der Wissenschaften zu Berlin ernannte ihn zum Mitarbeiter an dem von ihr herausgegebenen Journal littéraire de Berlin (Drucker → Georg Jakob Decker), wählte ihn am 7.9.1786 zum Ordentlichen Mitglied, am 8.1.1801 zum Direktor der Philosophischen Klasse (bis 1812) und im Dezember 1809 zum Beständigen Sekretar (bis 18.1.1810). Die Große Landesloge der Freimaurer von Deutschland wählte Castillon am 30.11.1781 (bis 24.6.1789) und erneut 1799 (bis 27.1.1814) zum Landesgroßmeister. Er engagierte sich 1794 in der Maurerischen Lesegesellschaft und wurde Mitglied des engeren Ausschusses des Maurerischen Leseinstituts. Er war am 6.1.1810 einer der Initiatoren des Freimaurer-Vereins. Die Große Landesloge ehrte den Verstorbenen am 2.5.1814 in einer Trauerloge, deren Trauerrede → Johann Erich Biester hielt.

      Châsot, Isaac François Egmonde Vicomte de (18.2.1716 Caen/Normandie-24.8.1797 Lübeck), kath., V Thomas Louis Vicomte de Châsot, Seigneur de Vary et d'Escorches, M Claude geb. de Prépetit, ∞ Lübeck 1760 16-jährige Camilla Torelli (1744-1820, V Stefano Torelli [1712-1784], Maler, ab Frühjahr 1759 in Lübeck, malte Audienzsaal des Rathauses aus, porträtierte Châsot, 1761 St. Petersburg, Hofmaler Katharinas II.),

      Söhne:

      → Ludwig August Friedrich Adolf v. Châsot

      Friedrich Ulrich Graf v. Châsot (3.6.1761 Lübeck-März 1800, Taufpaten Friedrich II., dessen Schwester Louise Ulrike [1720-1782, Königin von Schweden], der Senat von Lübeck), unverheiratet. Als sich die Zusage des polnischen Königs, ihn als Leutnant der Artillerie einzustellen, durch die Erste Polnische Teilung zerschlug, dienten er und sein Bruder Ludwig v. Châsot zwei Jahre in dem französischen Regiment Royal-Allemande, zogen mit ihrem Vater im Dezember 1779 nach Berlin, wo Friedrich II. den jungen Friedrich Ulrich v. Châsot als Leutnant in das Kürassierregiment Nr. 6 v. Rohr in Aschersleben einrangierte, 1782 Leutnant und Adjutant, dann Generaladjutant, 1794 Abschied als Rittmeister, a. Frankreich, 29.4.1780 affiliierte ihn in Aschersleben die Loge Zu den drei Kleeblättern, II. 3.1.1781, 20.12.1781 Zeremonienmeister, III. 6.1.1783, 1783-1785 1. Aufseher, letztmals 1792 genannt (im Meistergrad).

      François de Châsot, 1734 Leutnant im französischen Infanterieregiment Bourbonnais, nahm im Polnischen Thronfolgekrieg (1733-1738) an der Belagerung der Festung Philippsburg (ab 1.6.1734) teil, floh nach einem tödlichen Duell in das kaiserliche Lager Prinz Eugens von Savoyen (1683-1736), in dem er mit → Friedrich Prinz von Preußen Freundschaft schloß. Châsot verbrachte den Winter 1734/35 in der Ruppiner Garnison des Kronprinzen, er ihm 1736 in Schloß Rheinsberg eine ständige Wohnung zuwies und ihn in den Bayard-Orden aufnahm. König Friedrich II. beauftragte Châsot im Ersten Schlesischen Krieg mit der Organisation und Ausbildung des neuen Jägerkorps, einer leichten beweglichen Truppe. In der Schlacht bei Mollwitz am 10.4.1741 erlitt er, als er den bedrängten König retten wollte und sich als König ausgab, durch einen Pallaschhieb am Kopf eine schwere Verwundung. Er avancierte im Frühjahr 1741 zum Rittmeister im Dragonerregiment Nr. 5 (Chef → Friedrich Markgraf von Brandenburg-Bayreuth). Am 25.10.1742 schlug → Bielfeld ihn der Loge Aux trois Globes vor, die einstimmig für ihn ballotierte. Die Protokolle erwähnen ihn nur noch einmal, als er am 31.1.1743 als Visiteur, nicht als Mitglied, die Loge besuchte. Im August 1744 zog Châsot, nunmehr Major und Chef des 2. Bataillons des Dragonerregiments Nr. 5, in der Avantgarde der Armee des Königs erneut in den Krieg (Zweiter Schlesischer Krieg). Er nahm am 4.6.1745 an der Schlacht bei Hohenfriedeberg teil, nach der er sein Wappen änderte: Schild mit preußischem Adler, zwei Fahnen und der Inschrift H.F. für Hohenfriedeberg, daneben 66 für die von dem Dragonerregiment den Österreichern abgenommenen Fahnen. Das Jahr 1746 änderte erneut seinen Lebenslauf. Er duellierte sich am 14.1.1746 mit Major Stanislaus v. Bronikowski, einem Polen, der an den Folgen starb. Der Fall kam vor das General-Auditariat. Châsot erhielt auf Order des Königs ein Jahr Festungshaft in Spandau, die er am 17.6.1746 antrat, aber bereits nach einem Monat, durch königlichen Befehl begnadigt, wieder verließ. Friedrich II. ernannte ihn 1750 zum Oberstleutnant und beauftragte ihn, in Mecklenburg Truppen zu werben. Chasôt besuchte von seiner Garnison im pommerschen Treptow an der Rega aus häufig den Hof in Neustrelitz, wo ihm Adolf Friedrich III. Herzog von Mecklenburg-Strelitz und Herzogin Sophie Dorothea von Holstein-Plön die Intendanz der Hofkapelle (Konzertmeister Johann Christian Hertel) übertrugen; er ließ im Schloß einen Musiksaal errichten und sorgte für Neueinstellungen. Friedrich II. lud ihn regelmäßig nach Berlin zum Karneval, der Opernsaison, ein. Antoine Pesne malte ihn damals in Maskentracht. Im Mai 1751 kam es nach einem Duell erneut zu einem Zerwürfnis mit Friedrich II., der ihn nun in einen längeren Urlaub schickte. Chasôt reiste nach einer Abschiedsaudienz in Potsdam am 26.10.1751 nach Frankreich. Er erhielt nach seiner Rückkehr im April 1752 seinen Abschied aus der Armee, kaufte in der Freien Reichsstadt Lübeck das Gut Ackerhoffe (Marli, heute ein Stadtbezirk Lübecks), erhielt am 20.6.1754 das Bürgerrecht und am 19.10.1759 die Ernennung zum Obersten und Kommandanten der Stadt. Er schrieb Friedrich II., daß er die während des Siebenjährigen Krieges im von den Preußen besetzten Dresden weilende Camilla Torelli heiraten wolle. Der König empfing sie in seinem Hauptquartier und sorgte für den militärischen Schutz ihrer Reise nach Lübeck. Châsot seinerseits begünstigte preußische Werbungen. In dem russisch-dänischen Konflikt 1762 gelang es ihm, von Lübeck größeren Schaden abzuhalten; König Friedrich V. von Dänemark ernannte ihn daraufhin 1762 zum vom Lübecker Senat anerkannten Generalleutnant. Chasôt besuchte Friedrich II. am 8.12.1779 in Potsdam, wonach dieser seine Söhne in die preußische Armee aufnahm, erneut am 24.1.1784 auf Einladung des kranken Königs und vermutlich 1785, bei welcher Gelegenheit → Cunningham ihn für sein Gemälde Rückkehr Friedrichs des Großen vom Manöver (um 1787) porträtierte.

      Châsot, Ludwig August Friedrich Adolf Graf v. (Louis Egmonde Adolphe Comte de) (10.10.1763 Lübeck-13.1.1813 Pskov/Rußland, Taufpaten/Gevatter Adolf Friedrich IV. Herzog von Mecklenburg-Strelitz, seine Ehefrau Herzogin Louise Friederike von Württemberg, Friedrich August von Holstein-Gottorp Bischof von Lübeck), kath., V → Isaac-François Egmonde de Châsot, ∞ Magdeburg 1797 Eleonore v. Gansauge (1779-14.2.1830), Erbin von Königsborn (heute Ortsteil von Bieberitz/Jerichower Land),

      Schwiegervater:

      Abraham (1786 nobilitiert) v. Gansauge (* 1725), Holzhändler in Tangermünde, Pächter von Schönebeck, 1780 Geh. Kriegsrat, begann 1776 mit dem Privileg Friedrichs II. den Braunkohleabbau in der Grube Altenweddingen, besaß 1779 vermutlich die erste Dampfmaschine im deutschen Bergbau, M Anna Elisabeth geb. Gagel


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