Die katholische Kirche und die Medien. Wolfgang Beck

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derer, die Informationen veröffentlichen.182 So ist die Autoritätsnivellierung mit einer Demonopolisierung von Redaktionen und journalistischen Berufen verbunden.183 Jeder und jede kann sich aktiv zu jedem Sachverhalt öffentlich äußern und damit den persönlichen Wirkradius der eigenen Meinung erweitern. Der Soziologe Hartmut Rosa hat darauf verwiesen, dass insbesondere digitale Medien deshalb durch zwei Effekte bestimmt sind: die Beschleunigung184 (gesellschaftlich wie auch persönlich) und das Bemühen um Resonanz185.

      3. Keine Verkündigung ohne Medien

      Für das Auftreten Jesu, wie es in der Unterschiedlichkeit der vier Evangelien überliefert wird, ist die Botschaft von dem beginnenden Reich Gottes unter den Menschen von zentraler Bedeutung. Diese findet sich jedoch nicht nur in den Predigten Jesu oder dem, was die Evangelien als Wunderberichte überliefern, sondern grundlegend auch in der Konstituierung des Kreises von Jünger_innen und Aposteln. Die Konstituierung eines Zwölferkreises hat vor allem als Rückgriff auf die zwölf Stämme Israels und die darauf aufbauenden eschatologischen Erwartungen große symbolische Bedeutung. Diesem Zwölferkreis (dessen namentliche Zusammensetzung in den Evangelien uneinheitlich erfolgt) kommt vor allem die Aufgabe zu, den Menschen die Botschaft vom Reich Gottes auch nach dem Tod und der Auferstehung Jesu für die Mitmenschen erlebbar zu machen. Die Predigt, also die Verkündigung der Botschaft Jesu, ist zentrales Element dieser Beauftragung. Die Ausbildung einer christlich-kirchlichen Identität im Verlauf der ersten Jahrhunderte ist durch die Öffnung gegenüber „Heidenchristen“ als gleichberechtigte Gruppe neben der jüdischen Tradition und einer Absetzbewegung gegenüber der jüdischen Tradition geprägt. Dazu gehört auch die Ausbildung eines profilierten Missionsverständnisses, also des Anliegens, Menschen für die Reich-Gottes-Botschaft Jesu zu gewinnen. Vor allem im 20. Jahrhundert kommt es einerseits zu einer vielfältigen kritischen Reflexion des Missionsbegriffs, der über weite Strecken der Kirchengeschichte mit einem eurozentrischen Kolonialismus wie auch einer gewalttätigen Missionspraxis einherging. Dieses problematische Missionsverständnis konnte in der katholischen Kirche aufgrund langanhaltender Bedenken gegenüber den Idealen der Menschenrechte, gerade im Verständnis einer allgemeingültigen Religionsfreiheit, und daraus resultierender Toleranzdefizite erst in der Mitte des 20. Jahrhunderts überwunden werden. Die Frage der Mission stellt daher ein wichtiges Diskussionsfeld dar, wenn das Verhältnis von Religion und Gewalt reflektiert wird. Bis heute kann der Missionsbegriff nicht unter Absehung der problematischen Missionsgeschichte und der auch im Christentum zu identifizierenden Gewaltpotenziale verwendet werden. Der Begriff wird daher von Ansätzen der Evangelisierung (in Bezug auf weitgehend säkularisierte Gesellschaften wird häufig von Neu-Evangelisierung gesprochen) und der religiösen Kommunikation flankiert. Angesichts dieser Entwicklung im 20. Jahrhundert, bei der in Theologie und Kirche der Missionsbegriff kritisch hinterfragt wurde, kann in jüngerer Zeit seine neue Etablierung in kirchlichen Kreisen beobachtet werden. Mission wird dabei zunehmend wieder in einer inhaltlichen Verengung als strategisches Agieren zur Werbung um Kirchenmitglieder oder als Vermittlung von Glaubenssätzen verstanden. Dies stellt häufig eine Reduktion gegenüber solchen Ansätzen dar, die Verkündigung als religiöse Kommunikation und als ein dialogisches Geschehen verstehen und damit auch den biblischen Auftrag zu christlicher Glaubensverkündigung, die für christliches Glaubensleben als konstitutiv gelten kann, gegenüber modernen Kommunikationstheorien anschlussfähig macht. Als Beispiel für solch ein weiterentwickeltes Verständnis kirchlicher Verkündigung kann das Konzept gelten, das die katholischen Bischöfe Frankreichs 1996 mit einem Hirtenbrief prägnant vorstellen: Den Glauben anbieten.186 Dieses Verständnis religiöser Kommunikation unter den Vorzeichen pluralisierter Gesellschaften und eines positiven Gestaltens religiöser Toleranz kann als theologischer und kommunikationstheoretischer Ansatz verstanden werden, der eine eigene theologische Vergewisserung über das zentrale Fundament christlichen Glaubens ermöglicht: die Selbstmitteilung Gottes in seinem Sohn Jesus Christus. Diese zentrale Glaubensaussage des Christentums ist für die theologische Reflexion des Verhältnisses von Kirche und Medien von zentraler Bedeutung. Sie konkretisiert sich im Verständnis einer Verkündigungspraxis, wie sie etwa in der Kenosis-Christologie187 ausformuliert wird: Gott teilt sich mit, indem er eine Hinwendung zur Schöpfung vollzieht. Es ist eine Hinwendung, die keine Eindeutigkeit anstrebt und gerade darin einen Ethos zwischenmenschlicher Kommunikation auch für die kirchliche Verkündigung darstellt.

      Für die Bestimmung des Christentums ist sein Verständnis als Offenbarungsreligion vor diesem Hintergrund von zentraler Bedeutung, demzufolge Gott mit dem Menschen in seiner Geschöpflichkeit in Dialog tritt.188

      Insofern Medien in einer sehr allgemeinen Bestimmung als Vergrößerung des menschlichen Wirkradius verstanden werden, gehören sie selbstverständlich zum menschlichen Leben und finden sich damit auch in biblischen Texten. Eine besondere Bedeutung erhalten sie jedoch dort, wo sie religiös konnotiert sind und als zentraler Bestandteil der Kommunikation zwischen Gott und dem Menschen beziehungsweise im Speziellen dem Volk der Israeliten gedeutet werden. Wenn das Blut an den Türen der Israeliten (Ex 12,7) sie von den Ägyptern unterscheidet und damit ihre Flucht aus der Sklaverei in das Gelobte Land ermöglicht, erhält es eine mediale Funktion und ermöglicht erst die Kommunikation zwischen Gott und den Israeliten. Die Liste derartiger Medien in den biblischen Texten ist lang, sodass sie hier nur exemplarisch benannt werden sollen: Motive wie die Feuersäule (Ex 13,21) als Medium göttlicher Kommunikation werden so konstitutiv für das Gelingen dieser Beziehung, dass sie zum Symbol der Gottesnähe generell avancieren und sich durch biblische Bücher, unterschiedliche Gattungen und verschiedene Epochen hindurch bis zur Offenbarung des Johannes als letztem Buch des Neuen Testaments fest etablieren (Offb 10,1 und Offb 14,15).

      Parallel zu diesen besonderen Symbolen, die als Medien im Dienst göttlicher Kommunikation stehen, gibt es die Vorstellung, dass Menschen als personales Medium fungieren, durch die hindurch Gott seinen Willen mitteilt. Dies gilt biblisch in besonderer Weise für Moses, der in der biblischen Tradition Inbegriff der menschlichen Indienstnahme wird. Diese Vorstellung setzt sich in der Tradition der Propheten fort. Das Prophetenbuch Jona kann hierbei als Beispiel für die Herausforderungen betrachtet werden, die sich aus dieser Indienstnahme als göttliches Medium ergeben können: Nicht nur die Konflikte zu den Zeitgenossen, die in göttlichem Auftrag zur Umkehr gerufen werden sollen, stellen sich Jona als bedrohlich dar. Auch scheint es immer wieder zu Missverständnissen zwischen ihm und Gott zu kommen, in deren Entwicklung Fauna und Flora in Dienst genommen werden müssen, um Jona einen Lernprozess zu ermöglichen. Damit er versteht, worum es Gott geht, braucht es nicht nur den großen Fisch, um seine Flucht zu verhindern. Es braucht nach Jonas Predigt in Ninive auch noch eine kleine Pflanze und einen Wurm, mit deren Hilfe Jona erst versteht, warum Gott so barmherzig und liebevoll mit den störrischen Menschen umgeht. Hier kommen mehrere Medien zum Einsatz, um den Kontakt zwischen Gott und Mensch halbwegs gelingen zu lassen.

      Das Bewusstsein für die besondere Erwählung einzelner Menschen neben dem Wissen um die Erwählung Israels als Gottes eigenes Volk bildet in den biblischen Texten des Alten Testaments einen eigenen Traditionsstrang, auf dem die neutestamentliche Überlieferung selbstverständlich aufbaut. Die Rolle Johannes’ des Täufers, Mariens oder auch die symbolische Erwählung von Aposteln zum Zwölferkreis erfolgen auf dieser Grundlage. Und insbesondere das Verständnis Jesu als erwarteter Messias mit den Titeln Menschensohn, Kyrios und später Christus führen das personale Medienbewusstsein fort,189 bis hinein in das christliche Bekenntnis von der Menschwerdung Gottes. Jesus selbst fungiert hier für den Theologen der frühen Kirche, Origenes, zur personifizierten Botschaft vom Reich Gottes, zur „autobasileia“190. Er ist das Medium schlechthin, in dem nach frühkirchlicher Überzeugung der Mensch Gott begegnen kann.

      Nicht nur als strategische Notwendigkeit, sondern als zentrales Element der Reich-Gottes-Botschaft ist der Auftrag zur Verkündigung von Beginn der sich bildenden Gemeinschaft um Jesus an zu finden. Die Aussendung von Jünger_innen bildet ab, was sich mit der Entstehung erster christlicher Gemeinschaften vor allem in Verbindung mit Synagogen beobachten lässt: eine Verkündigungspraxis, die weit mehr ist als bloßes Marketing oder Öffentlichkeitsarbeit.

      Es gehört zu den tragischen und nicht biblisch fundierten Missverständnissen insbesondere der christlichen Geschichte, dass derartige religiöse


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