Die katholische Kirche und die Medien. Wolfgang Beck
bieten einzelne Diözesen bei dem Design und der Pflege von Internetseiten an wie auch mit dem Angebot von Fortbildungsmaßnahmen für Haupt- und Ehrenamtliche.
Neben den neuen Aufbrüchen, die in der inhaltlichen und grafischen Gestaltung von Pfarrbriefen im Zuge von strukturellen Veränderungen der Pfarreien zu beobachten sind, wie auch im gewachsenen Bemühen, gemeindliche Milieuverengungen auch in der Ästhetik der pastoralen Praxis kritisch zu reflektieren, gibt es mittlerweile ähnliche Initiativen auf diözesaner Ebene.
Die Diözese Essen beschloss 2013 als erste angesichts des eklatanten Rückgangs von Abonnementzahlen die Einstellung ihrer diözesanen Kirchenzeitung114 zugunsten einer neuen Mitgliederzeitschrift mit dem Titel „Bene“. Solche Mitgliederzeitschriften, die vorrangig aus Kirchensteuermitteln finanziert werden, konnten sich jedoch auch nach diözesanen und lokalen Versuchsphasen bislang nicht etablieren. Sie markieren zudem den Übergang von kirchlichem Journalismus zu einem bloßen Kirchen-Marketing.115 Es kann davon ausgegangen werden, dass eine derartige Mitgliederzeitschrift sehr viel stärker der veränderten Verhältnisbestimmung von Kirchenmitgliedern entspricht, die zwar nur punktuellen Kontakt zu Gottesdiensten oder gemeindlichem Leben suchen, sich aber dennoch bewusst für ein Verbleiben in der Kirche entschieden haben und diese mit der Zahlung ihrer Kirchensteuer unterstützen.
2.3.2. „Körperschaft öffentlichen Rechts“
Das kirchliche Medien-Engagement baut auf einer Reihe von rechtlichen Grundlagen auf, die in Deutschland das Verhältnis zwischen Staat und Kirche als Kooperationsmodell fundieren. Dies ermöglicht es den Kirchen als Körperschaften öffentlichen Rechts auch innerhalb staatlicher beziehungsweise öffentlich-rechtlicher Rundfunkangebote, eigene Sendeplätze mit rein kirchlichen Themen und in eigener Verantwortung für die inhaltliche Gestaltung zu prägen.
Damit stellt die deutsche Situation des Kooperationsmodells zwischen dem Staat und ausgewählten Religionsgemeinschaften im Status einer „Körperschaft öffentlichen Rechts“ im Vergleich zu fast allen anderen Staaten einen Solitär dar: Es bietet den rechtlichen Rahmen für eine ganze Reihe religiöser Verkündigungsmöglichkeiten innerhalb öffentlich-rechtlicher Medien. Im vierzehntägigen Rhythmus werden beispielsweise evangelische und katholische Sonntagsgottesdienste in ARD oder ZDF übertragen. Das „Wort zum Sonntag“ stellt ein weiteres Beispiel für derartige Kooperationen dar. Mit ihm erhalten die großen christlichen Kirchen einen prominenten Sendeplatz im Samstagabendprogramm der ARD.116 Als zweitälteste Sendung im deutschen Fernsehen ist das „Wort zum Sonntag“ immer wieder auch aufgrund seiner klassischen Gestaltung belächelt und in seinem Bedeutungsverlust analysiert117 worden. Es verfügt aber dennoch über eine beträchtliche Einschaltquote und erreicht durchschnittlich etwa eine Million Zuschauer_innen.118 Die Formen der Kooperation zwischen Staat und Gesellschaft stellen nicht nur ein Spezifikum des bundesdeutschen Verhältnisses von Staat und Kirche dar: „Diese rundfunkstaatsvertraglich abgesicherte Zugangskonstellation, in deren Zusammenhang man auch vom sogenannten Drittsenderecht der Kirchen spricht (eigenverantwortliche Sendungen Dritter!), stellt für die Verkündigung der Kirche im öffentlich-rechtlichen Rundfunksystem – auch im Blick auf andere Systeme weltweit – ein nicht zu unterschätzendes Privileg dar.“119 Diese Privilegien verdeutlichen auch, dass kirchliche Sendungen in den staatlichen Medien auf eine gesamtgesellschaftliche Verantwortlichkeit ausgerichtet sind und inhaltlich nicht bloß auf einen rein binnenkirchlichen Adressat_innenkreis ausgerichtet sein sollen.
Ähnliches gilt für Morgenandachten120 und andere kirchliche Sendungen im Hörfunk, die auf „Drittsenderechten“ aufbauen, eine gesellschaftliche Pluralität innerhalb des öffentlich-rechtlichen Rundfunks abbilden und dem gesellschaftlichen Zusammenhalt dienen sollen.121 Auch hier wurde mit der Etablierung digitaler Medien immer wieder eine Krise bis hin zum Niedergang des ganzen Mediums prognostiziert. Dennoch hat sich der Hörfunk einen festen Platz im Zusammenspiel unterschiedlicher Medien erhalten können.
Ein herausragendes Beispiel für kirchliche Präsenz in Programmen von privaten Fernsehsendern ist die Serie „Schwarz greift ein“, die seit 1999 für den Sender Sat1 produziert wurde und eine kirchliche Kooperation im Rahmen des Unterhaltungsprogramms darstellt.
Die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten und Privilegien, die den Kirchen im öffentlichen Rundfunk und (in deutlich geringerem Umfang) auch bei privaten Sendern zugestanden werden, haben Überlegungen zu eigenen Fernseh- und Rundfunksendern in alleiniger Verantwortung der Kirchen immer wieder blockiert. Zwar gibt es entsprechende Angebote in vielen anderen Staaten.122 Sie sind jedoch nur mit einem enormen finanziellen Aufwand möglich und erreichen in der Regel nur eine sehr viel kleinere Zuschauer_innen- und Zuhörer_innenschaft aus kirchlich fest beheimateten Kreisen. In dem Kooperationsmodell kirchlicher Verkündigungssendungen innerhalb nichtkirchlicher Medienangebote entsteht hingegen eine sehr viel größere Reichweite, die Möglichkeit, die begrenzten Zielgruppendefinitionen123 einer ohnedies milieuverengten Kirchenmitgliedschaft zu überschreiten und ein Einbringen in gesamtgesellschaftliche Diskurse. Diese größere Zielgruppenbreite auf Basis des Kooperationsmodells ergibt sich auch durch Programmgestaltung und Ausrichtung einzelner Medienangebote.
So richtet sich das Rundfunkangebot des Deutschlandradios an einem stärker akademisch ausgerichteten Adressat_innenkreis aus. Ansätze, mit Rundfunkangeboten auch jüngere Bevölkerungsschichten zu erreichen, haben zur Entstehung neuer Sender, wie z. B. „1Live“, geführt. Seit der Jahrtausendwende konnten sie sich auffallend erfolgreich einerseits gegenüber Fernsehsendern wie MTV und auch gegenüber digitalen Medien behaupten. In ihrer Unterschiedlichkeit wird schnell erkennbar, dass kirchliche Sendebeiträge124 hier von Menschen wahrgenommen werden, die sonst kaum durch klassische Verkündigungsformen der Kirchen erreicht werden.125 Dieses „Erreichen“ neuer Hörer_innen und Zuschauer_innen ist jedoch nicht in einer restaurativ-missionarischen Form zu instrumentalisieren. Es ist vielmehr ein Lernort für die Kirche selbst, die hier ohne Rückgriffe in vormoderne Machtmechanismen ausschließlich Inhalte ihrer Botschaft und deren Konfrontation mit den alltäglichen Lebenserfahrungen als etwas „Lebensrelevantes“126 anzubieten hat.
Das Verhältnis von Religion und Öffentlichkeit unterliegt in modernen Gesellschaften massiven Wandlungsprozessen. Die Präsenz von (meist extremistischen) Ausformungen von Religion in den Medien und öffentlichen Debatten im 21. Jahrhundert sind vereinzelt sogar Anlass, von einer „Wiederkehr der Religion“ zu sprechen.
In dem Bemühen von medienhermeneutischen Ansätzen wird ein prophetischer Ansatz bedeutsam, der nicht nur von vagen Zukunftsprognosen und auch nicht nur von kritischen Gegenwartsanalysen bestimmt ist, sondern sich als aktives Einmischen in Prozesse der Gegenwart versteht, um darin zeitgenössische Solidarität zu realisieren. So ist die naheliegende Frage, wie ein „Einmischen“ in den Mediensektor in der katholischen Kirche beobachtet und analysiert werden kann.
In der Nachkriegsgeschichte der katholischen Kirche in Deutschland sind mit der institutionellen Ausdifferenzierung der Kirche auch eine Fülle von Medienaktivitäten entstanden. Besondere Impulse gingen zudem vom Zweiten Vatikanischen Konzil und dem Dekret „Inter Mirifica“127 zum Umgang der Kommunikationsmittel aus.
Zu ihnen gehören auf Ebene der Diözesen Pressestellen, aber auch religions- und medienpädagogische Arbeitsstellen, die einerseits Medien für Katechese und Religionsunterricht für Haupt- und Ehrenamtliche anbieten und andererseits der Entwicklung von Medienkompetenzen bei pastoralen Akteur_innen fördern sollen. Im weiteren Sinn sind auch Diözesanbibliotheken und Pfarrbibliotheken zu diesem Angebot zu zählen. Einzelne Diözesen haben darüber hinaus in der Gestaltung eines eigenen, regionalen Medienprofils profilierte Schwerpunkte gebildet. Das kann beispielhaft an dem Internetradio www.domradio.de der Erzdiözese Köln veranschaulicht werden, aus dem seit seiner Gründung im Jahr 2000 ein wichtiger Anbieter von kirchlichen und gesellschaftlichen Informationen, Debatten und gottesdienstlichen Angeboten geworden ist.
Zahlreiche Medienaktivitäten wurden zudem auf Bundesebene gebündelt und in Trägerschaft der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) entwickelt. Dies galt für den „Film-Dienst“, bei dem alle in Deutschland gezeigten Kinofilme