Studienbuch Theaterpädagogik (E-Book, Neuausgabe). Marcel Felder

Studienbuch Theaterpädagogik (E-Book, Neuausgabe) - Marcel Felder


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Hans-Wolfgang (2007): «Die Schweiz». In: Spiel & Theater, 180, Okt 07, S. 42.

      Rellstab, Felix (2000): Handbuch Theaterspielen, Band 4, Theaterpädagogik. Wädenswil: Verlag Stutz Druck.

      Streisand, Marianne (2010): Geschichte der Theaterpädagogik. Zur Forschungskonzeption einer Geschichte der Theaterpädagogik im Kontext des Deutschen Archivs für Theaterpädagogik (DATP). In: Zeitschrift für Theaterpädagogik, 26. Jahrgang. Korrespondenzen. Heft 57. S. 5–7.

      Streisand, Marianne; Giese, Nadine; Kraus, Tom & Ruping, Bernd (Hrsg.) (2007): Talkin› about my generation. Archäologie der Theaterpädagogik. Berlin, Milow, Strasburg: Schibri-Verlag.

      Wardle, Irving (2000): [Klappentext]. In: Johnstone, Keith: Improvisation und Theater; die Kunst, spontan und kreativ zu agieren. Berlin: Alexander Verlag.

      Weintz, Jürgen (2008): Theaterpädagogik und Schauspielkunst. Ästhetische und psychosoziale Erfahrung durch Rollenarbeit. Berlin, Milow, Strasburg: Schibri-Verlag.

      von Mathis Kramer-Länger

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      Theaterpädagogik hat sich – wie im ersten Kapitel vielfältig dargestellt – über die Jahre und Jahrzehnte hinweg stetig (weiter-)entwickelt, wurde beeinflusst von sich immer wieder neu darstellenden Erkenntnissen und Rahmenbedingungen, seien es gesellschaftliche, pädagogische, künstlerische, bildungs- oder kulturpolitische. Die laufenden Veränderungen von Bildungsbegriff und Theaterverständnis spielten eine wichtige Rolle im Wandel von Selbst- und Fremdverständnis der Theaterpädagogik, und immer wieder spiegelten sich das Menschenbild und die anthropologischen Annahmen in den unterschiedlichen Ausprägungen theaterpädagogischer Arbeitsweisen.

      Weil Theaterpädagogik in dieser vielfältigen Entwicklung – wie im Kapitel 1 dargestellt – nicht einer einzigen Wurzel entspringt und sich über die Jahre hinweg nicht linear entwickelt hat, haben sich unterschiedliche Felder ergeben, in denen theaterpädagogisch gearbeitet wird. Diesen Feldern liegen – wie ebenfalls in Kapitel 1 erwähnt – unterschiedliche Verständnisse zugrunde, aus denen unterschiedliche Begrifflichkeiten und Arbeitsweisen entstanden sind. Aus diesen ergeben sich wiederum Definitionsansätze, gemäss denen theaterpädagogische Arbeit nach Einsatz- und Tätigkeitsgebiet beschrieben und benannt werden kann.

      Diese Definitionsansätze schliessen sich gegenseitig nicht aus, vielmehr ergänzen sie sich, indem sie Theaterpädagogik aus unterschiedlichen Blickwinkeln und mit Bezug zu unterschiedlichen Grundlagen- und Bezugswissenschaften betrachten. So ergeben sie zusammen ein Gesamtbild – gleichsam eine Landkarte – theaterpädagogischer Felder. Diese Landkarte dient der Verortung und Orientierung und ermöglicht es theaterpädagogisch Arbeitenden, ihrem jeweiligen Arbeitsfeld entsprechend ein konturiertes theaterpädagogisches (Selbst-)Verständnis zu entwickeln.

      Theaterpädagogik ergibt sich – lapidar und dem Wortsinn folgend gesagt – durch die Überschneidung der beiden Felder Theater und Pädagogik, mithin von Kunst und Bildung. Theaterpädagogik kann in diesem Sinne als Bildungs- oder Ausbildungsgebiet verstanden werden, bei dem es inhaltlich um Theater geht: Inhalt und Ziel der Theaterpädagogik ist, Menschen in Theater auszubilden – Theaterpädagogik ist das kunstpädagogische Gebiet, in dem Menschen Theater lernen.

      Als drittes Feld, das sich in der Praxis mit den beiden genannten überschneidet, ist die Therapie zu nennen: Im Laufe des letzten Jahrhunderts wurden in diversen therapeutischen Ansätzen aus dem Umfeld der Gestalttherapie Methoden entwickelt, die sich stark an Schauspiel, Inszenierung und Theater orientieren.

      Jedes der drei genannten Felder trägt einen Teil zur inhaltlichen und methodischen Besonderheit der Theaterpädagogik bei, jedes dieser drei gibt der Theaterpädagogik einen Aspekt ihrer Identität. Doch genau so wenig wie der Kern der Theaterpädagogik allein in der Vermittlung und Erziehung liegt, so wenig lässt er sich aufs Künstlerische oder aufs Therapeutische reduzieren: Theaterpädagogik liegt exakt im Schnittbereich, der sich aus der Überlappung dieser drei Felder ergibt.

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      Abb. 1: Theaterpädagogik im Schnittbereich von Theater, Pädagogik und Therapie

      Die Berührungen und Überschneidungen von Theater und Pädagogik sind vielfältig und oft ganz selbstverständlich – im überlappenden Bereich befinden sich sogar eigentliche Kerngebiete der beiden Felder Theater und Pädagogik.

      So ist es beispielsweise gleichsam axiomatisch, dass dem Theater ein Bildungsanspruch eigen ist. Von der antiken Tragödie, die mit der Katharsis eine läuternde Erkenntnis beim Publikum anstrebt, über Bertolt Brechts Stücke, in denen der V-Effekt sicherstellen soll, dass den Zuschauenden das analytische Erkennen der dargestellten Umstände möglich ist, liesse sich die Liste beliebig erweitern, in der sich dieser theaterimmanente Bildungsanspruch verfolgen lässt. In diesem Sinne ist Theater immer auch pädagogisch, wobei es den Anspruch hat, nie einer plumpen Didaktisierung zu erliegen, sondern sich immer an künstlerischen Aspekten zu orientieren.

      Andrerseits lassen sich in der Pädagogik immer auch theatrale Anliegen erkennen: Darstellung und Inszenierung sind zentrale Aspekte von Vermittlung, Ausbildung und Bildung. Darstellendes und szenisches Spiel haben eine eminente Bedeutung für das Lernen im Kindesalter und darüber hinaus. Spielszenen bieten Möglichkeiten, Wirklichkeit in der Interaktion zu erproben, ohne reale Konsequenzen zu riskieren.

      So berühren und überschneiden sich Theater und Pädagogik an unterschiedlichen Stellen ihrer jeweiligen Fachlichkeit. Theaterpädagogik bewegt sich in diesem vielfältigen Schnittbereich, nutzt zum einen pädagogische Aspekte von Theater und stellt zum andern theatrale Anliegen und Methoden in den Dienst von Vermittlungs-, Ausbildungs- und Bildungsprozessen.

      Dabei können in kunstpädagogischem Sinne theatrale Kompetenzen in den Fokus des Lernens, der Ausbildung gestellt werden, wie beispielsweise das Theaterspielen, darstellerische Kompetenzen also; oder auch das ‹Theaterschauen›1.

      Es geht im eigentlichen Sinn darum, Theater zu lernen. Eine Theaterpädagogin oder ein Theaterpädagoge sind so gesehen Fachlehrpersonen für Theater, die Lernanlässe schaffen, in denen theatrale Kompetenzen erlangt werden können – wie es Musiklehrer oder Sportlehrerinnen in ihren Gebieten tun. Theaterpädagogik im Rahmen von Kunstpädagogik hat demnach das Ziel, Menschen theatrale Kompetenzen zu vermitteln, die es ihnen ermöglichen, sich darstellerisch auszudrücken, innere und äussere Bilder mit ihrem Körper und ihrer Stimme darzustellen. Ebenso sollen diese Menschen Dargestelltes ansehen und ‹lesen› können. Inhalt und Ziel von Theaterpädagogik im kunstpädagogischen Sinne ist es also, Menschen zur aktiven Teilhabe an der darstellenden Kunstform Theater zu befähigen.

      Es kann aber auch der kultur- oder menschenbildende Aspekt von Theater ins Zentrum gerückt werden, d.h. die Beschäftigung mit der Kulturform Theater an und für sich, welcher bildender Wert zugeordnet werden kann. In dieser Hinsicht geht es einerseits darum, darstellendes Spielen und den Spieltrieb mit dem Ziel einer umfassenden Menschenbildung zu wecken und zu unterstützen. Andrerseits soll Theater als kulturelles Gut erfahren und erlebt werden, das unsere Gesellschaft prägt und ausmacht. In diesem Sinne sind Theaterpädagoginnen und -pädagogen Menschenbildnerinnen und Kulturpädagogen, wie es Lehrpersonen


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