Acevado - Wann bleibst du?. Jule Heer

Acevado - Wann bleibst du? - Jule Heer


Скачать книгу
zu einem spöttischen Grinsen verzog.

      „Na klar, ganz nett. Du bist ja drauf, den bestaussehenden Jungen der Schule als ganz nett zu bezeichnen! Ich kenne kein Mädchen, das sich nicht sofort und ohne darüber nachzudenken in Ace verguckt hätte, aber glaub mir, sobald sie ihn näher kennengelernt haben, wollten sie alle nichts mehr mit ihm zu tun haben. Das wird bei dir kaum anders sein.“ Sie holte tief Luft, um hinzuzufügen: „Aber ich werde dich natürlich trotzdem gerne mit ihm bekannt machen, morgen in der Mittagspause, was hältst du davon?“

      Ich schluckte und versuchte, die Informationen erst mal zu verdauen. Doch ich schaffte es kaum, klar zu denken, und keuchte deshalb nur ungläubig: „Wirklich jedes Mädchen?“

      Chloe grinste höhnisch, was mich ärgerte. Sie behandelte mich wie eine Liebeskranke, die in Behandlung gehörte!

      „Nun ja, Süße, sagen wir es so: Ich musste ihm wirklich schon einige vorstellen. Und nichts gegen dich, aber auf Dauer nervt es, dass sich sein ganzer Harem immer an mich wendet, nur weil sie wissen, dass ich von allen an der Schule den besten Draht zu ihm habe.“

      Ich runzelte überrascht die Stirn, wobei ich geflissentlich über den Begriff Harem hinweghörte. „Echt?“

      Chloe rollte genervt mit den Augen und nickte. „Ja, echt. Und jetzt lass mich schnell zu ihm rübergehen, damit ich ihn wegen morgen fragen kann, bevor die Pause vorbei ist!“ Sie wollte schon losstapfen, doch ich griff geistesgegenwärtig nach ihrem Ärmel und zog sie zurück. Sie schleuderte mir einen wütenden Blick zu, aber ich ließ mich davon nicht irritieren.

      „Aber was willst du denn zu ihm sagen? Dass ich ihn kennenlernen will, weil ich mich in ihn verliebt habe?“ Ich schauderte, als ich das aussprach, weil ich mir gar nicht sicher war, ob ich ihn überhaupt kennenlernen wollte. Allein bei dem Gedanken, direkt vor ihm zu stehen oder gar mit ihm reden zu müssen, brach mir der Angstschweiß aus. Er schien wie aus einer anderen Welt zu sein, er hatte etwas Erhabenes, unbeschreiblich Anziehendes und gleichzeitig Abschreckendes an sich, was die Idee, sich ganz normal mit ihm zu unterhalten oder mit ihm zu essen, unwirklich werden ließ. Wahrscheinlich machten deswegen auch die meisten Schüler, zumindest die, die noch recht bei Trost waren, einen großen respektvollen Bogen um ihn. Ich würde in seiner Anwesenheit vermutlich kein einziges Wort herausbringen.

      Chloe sah mich jedoch nur kopfschüttelnd an und sagte fast schon resigniert: „Natürlich nicht, ich frage ihn, ob wir morgen zusammen in der Cafeteria essen, was wir im Übrigen ohnehin fast immer tun, und ob er was dagegen hat, wenn eine Freundin von mir mitkommt. Zufrieden?“

      Ich schluckte und ließ ihren Ärmel los, was sie wohl als ein Ja deutete und sich in Bewegung setzte. Verunsichert sah ich ihr hinterher und wünschte mir dabei, so viel Selbstbewusstsein wie sie zu haben. Mit hoch erhobenem Haupt und ohne auf die argwöhnischen Seitenblicke zu achten, die ihr zugeworfen wurden, stolzierte sie direkt auf Acevado, den ihres Erachtens hübschesten Jungen der Schule, zu. Okay, bei dem, was ich hier bisher so an Jungs gesehen hatte, war er das tatsächlich. Mehr als das, er war umwerfend!

      Dann kam Chloe vor Ace zum Stehen, sie warfen sich verschwörerische Blicke zu und umarmten sich kurz. Ob Chloe wohl spürte, dass mindestens zehn Augenpaare sie von hinten eifersüchtig anstarrten? Und was würde sie dazu sagen, wenn sie wüsste, dass ich dazugehörte?

      Wie es für sie typisch war, plapperte Chloe sogleich heftig auf Acevado ein, und als sie ausgesprochen hatte, konnte ich sehen, dass er seufzte und sie genervt musterte. Sofort rutschte mir das Herz ins Höschen, natürlich, auch für ihn musste es unheimlich anstrengend sein, wenn Chloe regelmäßig verliebte Mädchen anschleppte, die ihn treffen wollten. Auch wenn Chloe eine Ausrede benutzt hatte, roch er den Braten vermutlich gleich. Verdammt, was hatte ich mir nur dabei gedacht, Chloe loszuschicken, um ein Date für mich klarzumachen? Aber halt, ich hatte gar nichts gedacht. Ich war mir ja nicht mal sicher, ob ich zu einem Treffen mit ihm überhaupt bereit war. Chloe war es doch gewesen, die darauf bestanden hatte, ihn danach zu fragen, und das sollte noch nicht mal dazu dienen, mir zu helfen, sondern sie wollte erreichen, dass ich meine Schwärmerei aufgab.

      Wut brodelte in meinem Inneren, als ich daran dachte, und ich fragte mich, was sie dazu verleitet hatte, sich in mein – zugegebenermaßen recht plötzlich vorhandenes – Liebesleben einzumischen. Und wer sagte denn eigentlich, dass ich mit dem Verliebtsein aufhören wollte? Es hatte doch gerade erst angefangen und ganz ehrlich: Schlecht fühlte es sich nicht an, eigentlich ganz im Gegenteil. Es war, als wäre in dem Moment, in dem ich ihn gesehen hatte, die Sonne in meinem Herzen aufgegangen und als würde alles auf einmal einen Sinn ergeben. Der Umzug, die neue Schule, einfach alles. Ich wollte die Gefühle zu ihm nicht einfach wegschmeißen und eines wusste ich plötzlich ganz genau: Egal, was Ace beim Mittagessen in der Cafeteria tun oder sagen würde, ich könnte gar nicht aufhören, in ihn verliebt zu sein, ich würde höchstens merken, dass ich mein Herz an den Falschen verschenkt hatte ...

      Von meinem Posten am Rand des Schulhofes aus sah ich, dass Chloe jetzt noch etwas zu Ace sagte und ihn fast schon flehend ansah. Dann nickte er, und obwohl ich Angst vor dieser Verabredung hatte, fiel mir ein Stein vom Herzen. Denn einen Korb hätte ich vermutlich nicht verkraftet.

      Für Chloe war die Sache damit offensichtlich geklärt, denn sie wandte sich von ihm ab und in meine Richtung. Doch bevor sie wieder zu mir zurückkam, deutete sie mit dem ausgestreckten Finger auf mich. Ich wurde sofort puterrot, als Acevado in meine Richtung sah, und versuchte mich möglichst unsichtbar zu machen. Ich wich seinem Blick zwar aus, doch aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, wie er sich versteifte und noch etwas zu Chloe sagen wollte, doch sie hatte sich bereits mit einem selbstsicheren Lächeln auf den Lippen wieder auf den Weg zu mir gemacht.

      Ich verschränkte die Arme vor der Brust und tat so, als würde ich sie nicht kennen. Ich weiß, das war vielleicht ein bisschen gemein, aber die Sache war mir grottenpeinlich, vor allem, weil Aces beunruhigender, durchdringender Blick immer noch auf mir ruhte.

      Er wusste jetzt, dass ich mich bei seinem bloßen Anblick in ihn verliebt hatte. Gab es etwas Schlimmeres? Ich ballte die Hände zu Fäusten, weil verbunden mit dieser Schmach die Wut auf Chloe größer wurde.

      „Hey.“ Da stand sie auch schon wieder neben mir, grinste breit und tat, als hätte sie mich nicht gerade vor Ace, dem ersten Jungen, in den ich mich bisher verliebt hatte, völlig bloßgestellt, während mir selbst noch nicht klar war, wie das alles innerhalb weniger Minuten, wenn nicht sogar Sekunden, hatte passieren können. Dass ich mich in ihn verliebt hatte, meine ich.

      „Es hat geklappt! Glaub mir, schon morgen wirst du dich fragen, wie du jemals auf die Idee gekommen bist, es könnte was zwischen euch sein.“ Sie grinste immer noch, aber es hatte jetzt etwas Gehässiges, fast schon Schadenfrohes, was mich zusammenzucken ließ. Ich mochte Chloe wirklich, aber sollte sie sich nicht als Freundin, wenn sie das denn überhaupt schon war, mit mir freuen, dass ich verliebt war, und mir helfen, ihn auf mich aufmerksam zu machen? Okay, sie hatte ihn auf mich aufmerksam gemacht, wenn auch nicht gerade auf die Weise, wie ich mir das vorgestellt hatte.

      Aber wie kam sie überhaupt darauf, ich hätte mir in Bezug auf Ace Chancen ausgerechnet? Das hatte ich mit keinem einzigen Gedanken getan. Ace schien für mich unerreichbar zu sein, jemand, der einfach zu begehrt, zu einzigartig war, um sich für ein etwas missraten aussehendes, ihn anschmachtendes Mädchen wie mich zu interessieren, das noch dazu völlig neu hier war und von nichts eine Ahnung hatte.

      Wie falsch ich mit dieser Annahme lag, sollte ich bereits am darauffolgenden Tag erfahren.

      *

      4

      Der restliche Montag hatte sich ätzend langsam dahingezogen, ich wollte nur noch nach Hause und mit meinen Gedanken und Gefühlen allein sein, um überhaupt einordnen zu können, was da mit mir passiert war, dass ich dermaßen viel für einen Wildfremden empfinden konnte. Doch schließlich um Punkt 13 Uhr, ich hatte montags glücklicherweise nur sechs Stunden Unterricht, läutete es, ich sprang auf und verabschiedete mich reichlich knapp von Chloe.

      Ich hatte den ganzen Tag über nur noch die nötigsten


Скачать книгу