Die Wassernixe. mehrbuch

Die Wassernixe - mehrbuch


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um dessen Person zu thun machte. »Ich halte es für besser allzeit zu reisen auf dem Land, wenn ein Gentlum besitzt so viel wie Masser Oloff. War 'ne Zeit, wo ein Fährboot ging unter mit Leuten, eine Menge; und Niemand jemals ist heraufgekommen, um zu sagen, wo er ist gefallen hinab.«

      »Hier steckt ein Irrthum!« unterbrach der Rathsherr, seinen jungen Freund beunruhigt anblickend. »Ich zähle vierundfünfzig Jahre, und kann mich keines solchen Unglücks entsinnen.«

      »'Sis doch sehr zunderbar, wie leicht vergißt der junge Volk! Sechs Leute in jenem Boot ertrunken sind. Eine zwei Yankih, ein Franzos aus Canada, und ein armer Frauenzimmer von Jarseys. Alle jemande waren sehr leid über den armen Frauenzimmer!«

      »Deine Rechnung stimmt ja nicht, Meister Cupido,« versetzte der Alderman, der nirgends mehr zu Hause war und nie geläufiger, als in arithmetischen Dingen. »Zwei Yankihs, ein Franzose und dein Frauenzimmer aus Jersey, machen nur vier.«

      »Gutt, kann seyn, 's war nur eine Yankih, ich aber ganz gewiß weiß, daß alle ertrinken, denn der Gubbenör seine schönen Pferde auch hat verloren, in jenem Fährboot.«

      »Wahrhaftig, der alte Knabe hat doch Recht, denn nun erinnere ich mich des Unglücks mit den Pferden, als wenn es erst gestern geschehen wäre. Indeß, der Tod ist der Monarch der Erde, und Niemand von uns darf hoffen, seiner Sense zu entwischen, wenn die bestimmte Stunde da ist! Doch Pferde gibt es heut keine zu verlieren, wir können also immerhin unsere Seereise mit heiteren Gesichtern und leichten Herzen antreten, Patroon. Gehen wir?«

      Oloff Van Staats, oder der Patroon von Kinderhook, wie man ihn aus Höflichkeit in der Kolonie gewöhnlich nannte, besaß viel persönlichen Muth. Gleich den meisten Nachkommen der Holländer, zeichnete ihn bei Gefahren Festigkeit, und da, wo es Widerstand galt, ausdauernde Gegenkraft aus. Der Grund zu dem kleinen, eben vorgefallenen Wortkampf zwischen seinem Freund und seinem Sklaven, war daher nicht etwa, daß sie ihn für zaghaft gehalten hätten, sondern daß der Eine zärtlich wie ein Vater um seine Sicherheit besorgt war, der Andere seinerseits besondere Ursache zu wünschen hatte, daß der junge Mann das Vorhaben, die Seefahrt mitzumachen, nicht aufgeben möchte. Der junge Mann machte dem Streit ein Ende, indem er dem Knaben, welcher den Mantelsack trug, ein Zeichen gab und sich bereit erklärte, mitzukommen.

      Cupido zögerte an dem Eingang, bis sein Herr um die Ecke war, schüttelte dann den Kopf, voll von den Ahnungen, welche Unwissenheit und Aberglaube einzugeben geeignet sind, trieb hierauf die junge Brut von Schwarzen, welche sich an die Thür gedrängt hatten, ins Haus zurück und schloß endlich alles mit scrupulöser Genauigkeit und Sorgfalt hinter sich zu. Wiefern die Ahnungen des Negers durch die That gerechtfertigt wurden, wird sich im Laufe der Erzählung zeigen.

      Die breite Gasse, in welcher Oloff's Wohnung lag, war nur einige hundert Ellen lang. An dem einen Ende stand das Fort, am andern zog sich eine hohe Verpallisadirung entlang, welche man mit dem Namen, die Stadtmauer, beehrte, und die als Schutzwehr gegen plötzliche Einfälle der Indianer diente, denn die niedriger liegenden Bezirke der Colonie wurden damals nicht blos stark, der Jagd wegen, von Wilden besucht, sondern viele Indianer hatten dort auch ihren gewöhnlichen Aufenthalt.

      Man muß mit dem allmähligen Anwachs der Stadt sehr vertraut seyn, um in dieser Beschreibung die herrliche Straße wieder zu erkennen, die sich heut mehrere englische Meilen hin durch den Mittelpunkt der Insel zieht. Von dieser Allee, damals wie noch jetzt »der breite Weg« genannt, stiegen unsere Abenteurer, im Gespräch begriffen, in den tiefer gelegenen Theil der Stadt hinab.

      »Bei so einem Neger, wie der Cupido, bleibt das Dach auf dem Hause, wenn der Herr abwesend ist, Patroon;« bemerkte der Aldermann, als sie die Stoop verlassen hatten. »Er sieht aus wie ein Hängeschloß, und es muß sich schon ohne störende Träume schlafen lassen, wenn man einen solchen Wächter in der Nähe hat. Hätt' ich doch meinen Stallschlüssel mitgebracht und ihn dem ehrlichen Kerl eingehändigt!«

      »Ich hörte meinen Vater immer sagen, daß die seinigen unter seinem Kissen am sichersten lägen,« erwiederte mit unerschütterlichem Gleichmuth der Eigenthümer der hunderttausend Morgen.

      »Oh, der Fluch Kain's! Auf einem Katzenrücken soll man doch nie einen Marderpelz suchen; aber, Herr Van Staats, als ich diesen Morgen zu Ihnen ging, wollte es mein Geschick, daß ich den gewesenen Gouverneur antreffen mußte, den seine Gläubiger in den Frühstunden, wo er sich von unbequemen Mahnern ungesehen glaubt, frische Luft schöpfen lassen. Sie haben hoffentlich das Glück gehabt, Patroon, Ihr Geld zurückbezahlt zu bekommen, ehe das königliche Mißfallen den Menschen heimsuchte.«

      »Ich habe das gute Glück gehabt, ihm nie welches anzuvertrauen.«

      »Das war noch besser, denn es wäre eine unfruchtbare Auslage gewesen; große Gefahr des Kapitals und keine Zinsen. Inzwischen sprachen wir von allerhand Angelegenheiten, und unter andern erdreisteten wir uns auch, ein Wort über Ihre Liebesbewerbung um meine Nichte fallen zu lassen.« »Weder die Wünsche von Oloff Van Staats, noch die Neigung der schönen Barbérie, sind Gegenstände für den Gouverneur und seinen Rath,« sagte trocken der Patroon.

      »Sind auch nicht als solche behandelt worden. Der Viscount gab gute Worte, und wäre er nicht gar zu unbillig gewesen, so würden wir uns wohl verständigt haben.«

      »Es freut mich, daß die Unterredung mit einiger Zurückhaltung geführt wurde.«

      »Der Mensch übersprang allerdings alle Vernunftgrenzen, denn er verlor sich in persönliche Anspielungen, die kein kluger Mann billigen konnte. Inzwischen gab er Hoffnung, daß die Coquette doch noch nach den Inseln wegbeordert werden dürfte.«

      Wir haben schon erwähnt, daß Oloff Van Staats ein hübscher junger Mann war, der eine ansehnliche Person, hohen Wuchs und die Manieren eines gebildeten Mynheer hatte; ein Britte blos als Unterthan, war er in seinen Gefühlen, Sitten und Ansichten ganz Holländer. Bei der Anspielung auf die Gegenwart seines anerkannten Nebenbuhlers stieg ihm das Blut in's Gesicht: ob aber dieser Aufwallung Stolz oder Aerger zum Grunde lag, war mehr, als sein Gefährte zu entdecken vermochte.

      »Wenn Kapitän Ludlow eine Küstenfahrt in den Westindien dem Dienste in diesen Gewässern vorzieht, so wünsche ich ihm Glück in seinem Bestreben,« lautete die zurückhaltende Antwort.

      »Er macht den Liberalen, hat aber weiter nichts, als einen hochtönenden Namen und leere Koffer,« bemerkte der Alderman etwas kurz. »Meines Dafürhaltens müßt' er es uns Dank wissen, wenn wir den Admiral ersuchten, daß er einen so verdienten Offizier dahin schicken möchte, wo er Gelegenheit findet, sich auszuzeichnen. Die Freibeuter machen ja den Zuckerhandel zu einer wahren Teufelsjagd, und weiter im Süden fangen selbst die Franzosen an, lästig zu werden.«

      »Er hat allerdings den Ruf eines wachsamen Kreuzers.« »Hol' der Blixum diese philosophische Kälte! Wenn Sie bei Alida Glück machen wollen, Patroon, so müssen Sie die Affaire mit mehr Lebendigkeit betreiben. Das Mädchen hat etwas vom Franzosen in ihrem Temperament, und mit Ihrem besonnenen und schweigsamen Wesen werden Sie den Tag nicht gewinnen. Dieser Besuch nach ›Lust in Ruh‹ ist Amor's eigenes Machwerk, und ich hoffe Euch Beide so einverstanden zurückkehren zu sehen, wie der Statthalter und die General-Staaten, wenn sie nach einem tüchtigen Zank wegen der jährlichen Geldbewilligung, die Sache freundschaftlich ausgeglichen haben.«

      »Der Erfolg dieser Bewerbung liegt mir mehr als alles, am ....« Der junge Mann, gleichsam über seine eigene Geschwätzigkeit verwundert, brach kurz ab, stieß die Hand in die Weste, die er in der Eile beim Anziehen nicht ganz zugeknöpft hatte, und bedeckte mit der breiten Fleischmasse denjenigen Theil des menschlichen Körpers, welchen die Dichter keineswegs als den Sitz der Liebe zu bezeichnen pflegen.

      »Magen? Wenn das Ihre Meinung ist, Sir, so werden Sie Ihre Hoffnung nicht getäuscht finden.« versetzte der Alderman etwas beißender als sich mit seiner Behutsamkeit vertrug. »Die Erbin von Myndert Van Beverout wird keine Braut ohne Mitgift seyn, und auch Monsieur Barbérie hat seine Lebensrechnungen nicht geschlossen, ohne für die Bilanz gehörig Sorge zu tragen – aber was zum Teufel! dort stoßen die Schiffer vom Kai ab ohne uns. Trab' voraus, Brutus, und sag' ihnen, sie sollen die gesetzliche Minute abwarten. Die Halunken sind nie präcis; bald fahren sie ab, ehe ich fertig bin, bald lassen sie mich


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