Heilende Metalle - eBook. Olaf Rippe
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Der Großmeister der alchemistischen Kunst, Paracelsus, in einer Darstellung aus dem 17. Jahrhundert, mit diversen Gerätschaften im Hintergrund. (Kupferstich, Pharmaziehistorisches Museum, Basel)
Folgt man der Substanzbildung naturphilosophisch, bildet sich die Substanz10 aus dem Geistigen, der Essenz, dem Wesen eines Dinges. Man könnte es auch den Begriff11 nennen. Es gibt einen Weg von der Kraft zur Form oder Substanz; der Weg dazu geht über die vier Elemente, die mit den Qualitäten Wärme, Kälte, Trockenheit und Feuchtigkeit verbunden sind. Der Weg führt von der reinen Wärme des Feuers, dem eigentlich geistigen Prinzip, zur ebenfalls warmen Luft, dem Gasigen, welches noch komprimierbar ist, hin zum Wasser, dem wässrigen und kühlen Element, in dem noch das Bewegliche vorherrscht, das aber schon nicht mehr komprimierbar ist, um dann in der Kälte und Trockenheit der Erde anzukommen; der Weg geht also von einem geistigen dynamischen Prinzip hin zum Stofflichen. – Fest und unbeweglich stellt sich die heutige Materie12 dar. Wir haben in der uns umgebenden Natur somit einen Dreiklang aus Kraft, Form und Substanz. Unter Abgabe von Wärme kristallisiert die Kraft aus der Form in die Substanz.
Jede alchemistische Aufarbeitungsart, auch die Potenzierung, geht nun diesen Weg zurück vom Stoff zur Essenz. Dazu darf keines der Elemente oder Stufen ausgelassen werden. Wärmeprozesse sind dabei besonders wichtig – die Arznei muss durch das Feuer gehen, um geboren zu werden.
Das Erdelement wird zerbrochen. Es wird pulverisiert. In der Alchemie benutzt man dazu die im Text beschriebenen Aufschlussverfahren, wie beispielsweise die Calcination13. Ein Pulver entspricht in der naturphilosophischen Anschauung bereits dem Element Wasser, denn es hat keine Eigenform mehr, sondern nimmt die Form des Lagergefäßes an und bildet eine horizontale Oberfläche, man kann es durch Rohre leiten usw. Dann muss ein Aufschluss erfolgen, um den festen Stoff ins Flüssige zu überführen. Das Problem ist dabei, die Essenz zu halten, während der Corpus zurückgedrängt wird. Die Alchemie hat dazu viele unterschiedliche Kunstgriffe entwickelt, während die Homöopathie dazu die Potenzierung verwendet.
Bei den alten Alchemisten wurde ein Stoff nicht aus einzelnen Molekülen zusammengesetzt gedacht, ungeachtet ihrer Herkunft und der durchgeführten Prozesse. Vielmehr ging es um die »Biografie der Substanz«. Alles wurde in einen prozessualen Zusammenhang gestellt.
Iatrochemiker in der Tradition des Paracelsus sahen die Metalle als noch mit dem Kosmos verbunden. Rudolf Steiner nennt sie »Luftgeborene« und »Erdbezwungene«14. Er verweist darauf, dass früher noch alle Metalle flüssig waren wie das Quecksilber heute noch, sie waren also alle Merkur.15 Es gilt also, diesen lebendigen Zustand wieder zu erzeugen.
Die vier Elemente umgeben die Szenerie, die in eine dunkle (Wasser/Erde) und lichte Hälfte (Luft/Feuer) unterteilt ist. Die zwei Lichter und die fünf Wandelplaneten sind in beiden Hälften zu finden. In der lichten Hälfte sitzen die drei Jungfrauen und halten die Symbole für Feuer und Wasser in der Hand. Dem Feuer zugeneigt, hält die mittlere Figur ein Hexagramm, Symbol für die chymische Hochzeit und das große Werk. In der dunklen Hälfte sehen wir in einem Berg sieben Figuren sitzen. Sie verkörpern die Metalle mit Apollon in ihrer Mitte als Gold. Davor sieht man einen Brunnen – er soll darstellen, dass man nur durch das »Lösen« (Element Wasser) und durch seine Kunstfertigkeit (fehlender Seilzug und Eimer) die göttliche Kraft aus der Substanz freisetzen kann. (Musaeum hermeticum, 1625)
Seit ungefähr zwei Jahrhunderten denken und beschreiben wir die Welt stofflich, Jahrtausende vorher hat man die Welt (hypothesen- und modellfrei) prozessual beschrieben. Die konkrete Ausführung der Beschreibung von Prozessen und Qualitäten sind die Vier-Elemente-Lehre und die Tria Principia.16 Der Begriff der Qualität, wie er heute verwendet wird, entspricht dem Quantitätsbegriff. Die eigentliche Bedeutung des Qualitätsbegriffes beschreibt Garvin17 und schildert damit auch genau das Problem. Wir leben heute in einer Welt von Maß, Zahl und Gewicht. Durch diese Brille schauen wir auf die Welt und setzen gleich, was nur vergleichbar ist, in Bezug auf den Corpus – wir beschreiben damit die äußere Form, nicht aber den Inhalt, und gehen dabei aber davon aus, dass die Form den Inhalt definiert. – Aber selbst eine noch so genaue Analyse des Papiers und des Buchformats wird nie den geschriebenen Textinhalt und noch weniger die Gedanken zwischen den Zeilen exakt beschreiben.
»Wie ihr es nun vom Golde gehört habet, in der gleichen Weise sollet ihr es auch von den allen anderen Metallen verstehen, dass ihr kein metallisches Arcanum oder eine metallische Arznei in den Körper bringen sollet, es sei denn, dass es vorher flüchtig gemacht wurde und nicht mehr ein Metall werden kann.«
PARACELSUS, BD. III: 255
Steffan Michelspacher, Cabala, 1616.
Das Bild stellt den alchemistischen Prozess der Metallaufschließung dar. Sieben Stufen führen zum Palast mit sieben Fenstern von Königin (Mond) und König (Sonne), der eine Blume mit drei Blüten in der Hand hält (Trinität). Die Planetenprinzipien stehen links und rechts auf dem Berg, ganz oben ist Hermes auf seinem sechseckigen Sockel. Die Elemente und Sternzeichen bilden den Himmel.
Im unteren Bildteil sieht man eine Figur mit verbundenen Augen (der Ignorant), während ein anderer die Hasen beobachtet, die ins Innere der Erde schlüpfen (Wissender). Paracelsus hierzu: »Wer nun diese sieben Staffeln und Stiegen geht, der kommt an einen so wunderbaren Ort, wo er viele Geheimnisse bei der Verwandlung aller natürlichen Dinge sieht und erfährt.« (Paracelsus, Bd. III: 259ff.)
• Calcination, auch Reverberation und Zementation: Durch starkes Feuer werden die körperlichen Dinge zu Kalk und Asche. Alle Oxidationsvorgänge bilden Aschen. Die Form ist dann zerstört, es ist aber noch lange nicht subtil. Beim Verkohlen bleibt die Form erhalten, beim Veraschen geht sie verloren.
• Sublimation, auch Exaltation, Elevation und Fixation: Der Destillation nicht ungleich; scheidet das Geistige vom Körperlichen, das Flüchtige vom Festen, das Reine vom Unreinen.
• Solution/Lösung, auch Dissolution, Resolution: eine in der Kälte, eine in der Wärme (durch Feuer). Dieser Grad folgt oft auf die Sublimation und Destillation der Materie, welche am Boden liegen bleibt. Hier hat die Alchemie eine Vielzahl von Prozessen und Lösungsmitteln entwickelt, die man sich mit heutigem naturwissenschaftlichem Denken nur schwer bis gar nicht erklären kann.
• Putrefaction/Fäulnis, auch Digestion und Zirkulation: Die Fäulnis hat so große Wirkung, dass sie die alte Natur verzehrt und alle Dinge in eine neue und andere Natur verwandelt. Putrifikation wird für praktisch jede Form von Auszug (heute eher Mazeration) oder Vergärung verwendet.
• Destillation, auch Aszendieren, Lavieren, Imhibieren, Kohobieren, Fixieren: Durch die Destillation werden alle Wässer, Flüssigkeiten und Öle subtil – es verändert das Wesen. Hier wird die Reinigung der Salze beschrieben. Bei der Destillation geht es zum einen um die Trennung in die Tria principia, aber auch um die Trennung von Ethanol, Methanol und Wasser. Es geht jedoch auch darum, den Stoff subtiler (geistiger) zu machen und ihn zu energetisieren.
• Koagulation (heißer oder kalter Weg), Anreicherung
• Tinctur/Färben, Tingieren – Veredelung, auch Multiplicatio (Anreicherung). Eigentlich ist eine pflanzliche Urtinktur gefärbt und damit nicht destilliert. Hier ist der Begriff aber als 7. Stufe in einem etwas anderen Sinne gebraucht. Siehe Quinta Essentia unter Aurorapharma.
Der wässrige Weg, die Via humida
Lösungen
Die einfachste Form, ein aufnahmefähiges Arzneimittel herzustellen, ist eine »Lösung«. Als Lösung bezeichnet man ein homogenes Gemisch aus mindestens zwei Stoffen. Das Auflösen selbst ist ein physikalischer Vorgang.
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