Jugendsprache. Eva Neuland
mit Neuen MedienNeue Medien zugenommen: Jugendliche als Internetnutzer bilden mittlerweile einen viel beachteten Forschungsschwerpunkt (u.a. AndroutsopoulosAndroutsopoulos, Jannis sowie ReinkeReinke, Marlies 2003, KleinbergerKleinberger Günther, Ulla/Spiegel, Carmen Günther/Spiegel sowie DürscheidDürscheid, Christa 2006, KotthoffKotthoff, Helga/Mertzlufft (Hrsg.) (2014) sowie Spiegel/Gysin (Hrsg.) (2016)). Die Analysen beziehen dabei medientypische Charakteristika neuer Formen von SchriftlichkeitSchriftlichkeit ein, z.B. WortbildungWortbildung in Form von Akronymen (z.B. lol, hdl), InflektivkonstruktionenInflektivkonstruktion (grins, heul, freu), Verwendung graphostilistischer Mittel (z.B. IterationIteration von Graphemen und Satzzeichen für besondere Hervorhebungen und Betonungen) sowie der Einsatz von Symbolen wie EmoticonsEmoticons.
Analysiert werden Kommunikationen in sozialen NetzwerkenNetzwerkesoziale Jugendlicher wie schülerVZ (Hellberg sowie Gysin 2014) und WhatsApp-ChatsChat (Wyss/Hug 2016), aber auch virtuelle Inszenierungen (Voigt 2014) und SelbstinszenierungenSelbstinszenierung und sprachbezogene Reflexionen zu Schreiben und Grammatik (Wagner/KleinbergerKleinberger Günther, Ulla/Spiegel, Carmen sowie Bahlo/Becker/Steckbauer 2016).
Für die medienanalytische Jugendsprachforschung stellt sich in besonderer Weise die Frage, inwieweit nicht nur allgemeine, sondern jugendtypische Charakteristika in der digitalen Kommunikation zu identifizieren sind1.
3.8 InteraktionsforschungInteraktionsforschung
Viele Beiträge der jüngeren linguistischen Jugendsprachforschung lassen sich unter den Oberbegriff der InteraktionsforschungInteraktionsforschung Interaktionsanalysensubsummieren. Dabei steht der mündliche Sprachgebrauch, oftmals von GruppenGruppe Jugendlicher in bestimmten Kommunikationssituationen im Mittelpunkt. Es wird mit übersatz- bzw. überäußerungsmäßigen Analysekriterien v.a. der linguistischen PragmatikPragmatik (der Jugendsprache)Pragmatik gearbeitet, um kommunikative MusterMuster herauszufinden, nach denen die Interaktion der Jugendlichen untereinander funktioniert.1Neuland, Eva
Zahlreiche neuere Studien zu ausgewählten kommunikativen Handlungsmustern und -praktiken sind hier zu erwähnen, in denen strukturelle wie funktionale Aspekte des gemeinsamen sprachlichen Handelns eine Rolle spielen, u.a.:
BlödelnBlödelnBlödelnBlödeln und Frotzeln sind Formen gruppeninterner ScherzkommunikationScherzkommunikation, die interaktiv praktiziert werden und die Gruppenkohärenz gerade auch durch das gemeinsame Gelächter stärken. Das folgende Beispiel einer Blödelei von Siebtklässlern stammt aus der Studie von Walther (Walther 2015, S. 317):
[…] | ||||||||
01 | Ru | das spray ich dann ganz groß an die Wand*Streber | ||||||
02 | La | musste aber Lautschrift machen | ||||||
03 | Ru | oh krass | ||||||
04 | Lu | Lautschrift ↑ drunter musste dann die Lautschrift machen | ||||||
05 | Ru | nein ich schreib [buchstabiert] s t r a i b e r | ||||||
06 | Lu | straiber | ||||||
07 | Ru | ey das klingt geil | ||||||
08 | Lu | strawberry kannste glei noch dran schreiben | ||||||
09 | Ru | [singend] strawberry fields forever | ||||||
10 | [singend] fields forever [lacht] | |||||||
[Mädchen schauen sich verwundert an] | ||||||||
11 | Ru | [lacht und zeigt auf die Mädchen] die Gesichter ↑ * egal | ||||||
12 13 | Lu | [lauter und belehrend] ihr kennt wohl nicht * Erdbeerfelder für immer oder was ↑ | ||||||
14 | Ru | ey haste dir das jetz ma angekuckt das | Musical↑ | |||||
15 | Lu | ne habsch ni | ||||||
16 | Ru | ey das is so krass | ||||||
[…] |
Beispiel: „Streber“
(Zit. n. Walther 2014, S. 317)
LästernLästern:Beim LästernLästern tauschen sich die Interaktanten über (vermeintliche) Schwächen und kritikwürdige Verhaltensweisen nicht anwesender Personen aus, wobei die VerständigungVerständigung über Verstöße gegen Normen und Werte sozialen Handelns sozial abgrenzend und zugleich gruppenverstärkend wirkt. Lästereien finden sowohl über Personen außerhalb der Gruppe (Erwachsene, Lehrkräfte2) wie über andere Jugendliche statt, wie das folgende Beispiel von SchubertSchubert, Daniel (2009, 205) zeigt:
Sa: | die hat sooo***die hat so billige | ||||
((gedehnt)) | |||||
Ve: |
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