Allgemeines Verwaltungsrecht. Mike Wienbracke
Beteiligtenfähigkeit im Verwaltungsprozess, siehe § 61 Nr. 3 VwGO i.V.m. z.B. § 8 Abs. 1 BbgVwGG[52];
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Da sich der Behördenbegriff v.a. beim ersten Zugriff erfahrungsgemäß häufig nur schwer erschließt, wird nachfolgend eine Kurzdarstellung des zugrundeliegenden Verwaltungsorganisationsrechts gegeben:[54] Originärer Träger der öffentlichen Verwaltung ist der Staat als Inhaber der ursprünglichen Herrschaftsgewalt. In der bundesstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 1 GG) kommt neben dem Zentralstaat „Bundesrepublik Deutschland“ auch den einzelnen Gliedstaaten, d.h. den 16 Bundesländern, Staatsqualität[55] zu, vgl. auch Art. 30 GG; die Kommunen sind insoweit den Ländern zuzuordnen.
JURIQ-Klausurtipp
Die Bestimmung des Verwaltungsträgers ist v.a. im Rahmen von § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO relevant, wonach die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage grundsätzlich gegen den Rechts-, d.h. Verwaltungsträger der Behörde zu richten ist. Bzgl. der allgemeinen Leistungsklage, der allgemeinen Feststellungsklage sowie des Normenkontrollverfahrens (§ 47 Abs. 2 S. 2 VwGO) gilt das Rechtsträgerprinzip ausnahmslos.[56]
Als juristische Personen (des öffentlichen Rechts) sind der Bund und die Länder zwar rechtsfähig, d.h. sie können Träger von Rechten und Pflichten sein, nicht jedoch auch handlungsfähig. Ebenso wie juristische Personen des Privatrechts (z.B. Aktiengesellschaft, AG) bedürfen daher auch der Bund und die Länder Organe, um handeln zu können.
Organe sind organisatorisch – nicht aber: rechtlich – selbstständige und vom Wechsel ihrer Inhaber unabhängige Einrichtungen eines Verwaltungsträgers (z.B. Gemeinde), die dessen Zuständigkeit nach innen (z.B. Gemeinderat; vgl. im Privatrecht etwa den Aufsichtsrat der AG) und/oder außen (z.B. Bürgermeister; bei der AG: der Vorstand) für diesen wahrnehmen.[57]
Über welche und wie viele Organe eine juristische Person des öffentlichen Rechts verfügt, kann bei Trägern der mittelbaren Staatsverwaltung (Rn. 50), die aufgrund des aus dem Demokratieprinzip folgenden institutionellen Gesetzesvorbehalts (Rn. 15) über kein Organerfindungsrecht verfügen, nur durch oder aufgrund eines formellen Gesetzes bestimmt werden. Demgegenüber beruht die Errichtung staatlicher Behörden nicht stets auf einem Bundes- bzw. Landes(organisations)gesetz (Rn. 140), sondern kann auch durch einen zuständigkeitsregelnden Organisationserlass – als atypischer Verwaltungsvorschrift mit Bindungswirkung gegenüber Gerichten und Bürgern (Rn. 238 ff.) – erfolgen.
Die Ausübung der den Organen zugewiesenen Zuständigkeiten wiederum erfolgt letztlich durch natürliche Personen (Organwalter), die allein über die nötige Handlungsfähigkeit verfügen. Das rechtlich relevante Verhalten eines Organwalters wird dessen Organ und das Organhandeln wird seinerseits dem betreffenden Verwaltungsträger zugerechnet.
An dieser Stelle sind auch die Behörden zu verorten: jede Behörde ist zugleich Organ – nicht aber umgekehrt, gibt es doch auch Organe, die nicht aufgrund gesetzlicher Ermächtigung konkrete Verwaltungsaufgaben im Außenverhältnis zum Bürger wahrnehmen (z.B. der Senat einer Universität). Im Gegensatz zu dem Rechtsträger, für den die Behörde – bzw. die in ihr tätigen natürlichen Personen – handelt, ist sie selbst nicht rechtsfähig. Intern sind Behörden regelmäßig noch in verschiedene Abteilungen, Referate, Dezernate etc. aufgegliedert.[58] Die kleinste Organisationseinheit bildet dabei das Amt, d.h. der institutionalisierte Aufgabenbereich, der einer bestimmten natürlichen Person (Amtswalter) zur Wahrnehmung zugewiesen ist. Ist die Behörde – wie häufig der Fall – monokratisch organisiert, so wird sie von einer Person geleitet (Behördenvorstand, z.B. Regierungspräsident) und in deren Vertretung („i.V.“) bzw. Auftrag („i.A.“) von den übrigen zeichnungsbefugten Behördenbediensteten gehandelt; ob es sich bei diesen um Beamte oder Angestellte handelt, ist insofern irrelevant, vgl. Art. 33 Abs. 4 GG. Demgegenüber haben Kollegialorgane (z.B. Gemeinderat) mehrere Organwalter als Mitglieder. Zu den Befugnissen der Behördenspitze gehört neben der Personalauswahl und der konkreten Aufgabenzuweisung auch das Recht, allgemeine Anordnungen zu geben sowie Einzelweisungen in konkreten Fällen zu erteilten (vgl. Rn. 72 f. und Rn. 239).
Beispiel
Beamter B (Amtswalter) ist im Bauamt (unselbständige Untergliederung einer Behörde) der kreisfreien Stadt S (juristische Person) tätig. Die von B „i.A.“ unterzeichnete Baugenehmigung wird dem Oberbürgermeister (Behörde) von S zugerechnet.
Hinweis
Die in der Praxis anzutreffenden Bezeichnungen sind terminologisch nicht stets korrekt. So wird insbesondere der Begriff „Amt“ häufig auch in einem weiteren Sinne zur Bezeichnung einer Behörde (z.B. Finanzamt) oder eines Teils von dieser (z.B. Ordnungsamt) verwendet. Zudem werden mitunter Behörden (z.B. Regierungspräsidium) nach ihrem Behördenleiter (z.B. Regierungspräsident) benannt.
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Anstatt die ihm zukommenden Verwaltungsaufgaben unmittelbar durch eigene Behörden zu erfüllen (z.B. Kreiswehrersatzamt [Bund], Bezirksregierung [Länder]),[59] bedient sich der Staat (Bund und Länder) in bestimmten Bereichen – insbesondere auf der unteren Verwaltungsebene – anderer selbstständiger Rechtssubjekte[60] zur Aufgabenerledigung, wobei innerhalb dieser mittelbaren Staatsverwaltung u.a. noch weiter zwischen Verwaltungsträgern mit (z.B. Kommunen, Art. 28 Abs. 2 GG) und ohne Selbstverwaltungsbefugnissen (z.B. Beliehene; Rn. 51) differenziert werden kann.[61] Diese im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben (v.a. Art. 83 ff. GG) zulässige Dezentralisation bietet oftmals Vorteile in puncto Sach- und Bürgernähe, Flexibilität und Einbeziehung von Sachverständigen usw. Dass auch insoweit rechtmäßig gehandelt wird (vgl. § 118 Abs. 1 GemO BW, Art. 109 Abs. 1 bay. GO, § 119 Abs. 1 GO NRW), überwacht der Staat[62] im Wege der Rechtsaufsicht (z.B. gem. §§ 121 ff. GO NRW: Unterrichtung, Beanstandung, Aufhebung, Anordnung, Selbst-/Ersatzvornahme, Bestellung eines Beauftragten, Auflösung der Gemeindevertretung[63]) bzw. – sofern sich die Kontrolle auch auf die Zweckmäßigkeit erstreckt (z.B. §§ 9 Abs. 2, 3 Abs. 1 OBG NRW) – mittels des Instruments der Fach-/Sonderaufsicht (vgl. § 118 Abs. 2 GemO BW, Art. 109 Abs. 2 bay. GO, § 119 Abs. 2 GO NRW, z.B. allgemeine Weisung; Rn. 73).[64]
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Träger dieser derivativen, d.h. von Bund und Ländern als originären Verwaltungsträgern abgeleiteten, (mittelbaren Staats-)Verwaltung sind die als juristische Personen organisierten Körperschaften[65], Anstalten[66] und Stiftungen[67] des öffentlichen Rechts sowie natürliche oder juristische Personen des Privatrechts, soweit ihnen bestimmte Verwaltungsaufgaben durch oder aufgrund Gesetz[68] zur selbstständigen hoheitlichen Wahrnehmung übertragen worden sind (Beliehene, vgl. § 44 Abs. 3 BHO; z.B. Luftfahrzeugführer, § 12 Abs. 1 LuftSiG; TÜV-Sachverständige, § 29 Abs. 2 S. 2 StVZO). Der Beliehene ist im Umfang der ihm jeweils übertragenen hoheitlichen Kompetenzen selbst „Behörde“ i.S.v. § 1 Abs. 4 VwVfG – mit allen sich hieraus ergebenden Konsequenzen.