Unternehmenskriminalität ohne Strafrecht?. Charlotte Schmitt-Leonardy

Unternehmenskriminalität ohne Strafrecht? - Charlotte Schmitt-Leonardy


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den Zuständigkeitsbereich der Wirtschaftsstrafkammer nach § 74c Abs. 1 Nr. 1–6 GVG fällt und zum anderen im Rahmen tatsächlicher oder vorgetäuschter wirtschaftlicher Betätigung begangen wird und über eine Schädigung des Einzelnen hinaus das Wirtschaftsleben beeinträchtigen oder die Allgemeinheit schädigen kann; als zusätzliches Kriterium dient, dass ihre Aufklärung – wahlweise oder kumulativ – besondere kaufmännische Kenntnisse erfordert. Bei einigen der aufgeführten Straftatbestände, wie z. B. Vergehen nach dem Bank-, Depot- oder Börsengesetz, wird die Qualität eines Wirtschaftsdelikts unwiderlegbar vermutet. Bei anderen wiederum (z. B. Betrug oder Untreue) wird sie nur angenommen, „soweit zur Beurteilung des Falles besondere Kenntnisse des Wirtschaftslebens erforderlich sind“ (§ 74c Abs. 1 Nr. 6 GVG).[3]

      Anmerkungen

       [1]

      Bundeskriminalamt Bundeslagebild Wirtschaftskriminalität 2004, S. 6.

       [2]

      Ergänzend hierzu orientiert sich das Bundeslagebild an der Auslegung der AG Kripo gemäß der „Richtlinien für die Analyse und Erfassung polizeilicher Vorgänge“ vom 14.12.1994.

       [3]

      Diese Konzeption wird von Teilen der Literatur grundsätzlich kritisiert (z. B. Otto MschrKrim 1980, 397 (399)). Einerseits ermöglicht sie zwar die Bildung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften und verhindert eine uferlose Ausdehnung der Wirtschaftsdelikte als „allen sozialschädlichen Verhaltensweisen, die das Vertrauen in die geltende Wirtschaftsordnung gefährden“, andererseits führt diese Definition auch zum Ausschluss geradezu typischer Delikte. Z. B. werden die durch das 2. WiKG vom 15.5.1986, BGBl. I, S. 721 eingeführten Straftatbestände, wie etwa die Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) oder die Computerstraftaten (§§ 202a, 263a, 269, 270, 303a, 303b StGB – Ausnahme: Computerbetrug) nicht erfasst. Eine Begrenzung des Begriffs auf diesen Deliktskatalog ist also einerseits zu eng und andererseits ist diese Definition auch insofern zu weit gefasst, als sie die sehr allgemeinen Tatbestände des Betruges, der Untreue, des Wuchers, der Vorteilsgewährung und der Bestechung mit einbezieht. So auch Heinz in: Wirtschaftskriminalität und Wirtschaftsstrafrecht in einem Europa auf dem Weg zu Demokratie und Privatisierung, S. 13 (19).

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