Handbuch Medizinrecht. Thomas Vollmöller
zu berücksichtigen. Diese Empfehlungen entfalten als Verwaltungsinterna keine rechtliche Außenwirkung und sind daher gerichtlich nicht überprüfbar. Soweit sie Eingang in die Normsetzung des G-BA gefunden haben, ist die in der Empfehlung enthaltene wissenschaftliche Expertise im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung der Norm auf die Einhaltung der üblichen wissenschaftlichen Standards zu untersuchen.[65] Für die Bewertungen des IQWiG spricht eine Vermutung der Richtigkeit.[66]
e) Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen
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§ 137a SGB V verpflichtete den G-BA ein weiteres fachlich unabhängiges wissenschaftliches Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTiG) in Form einer privatrechtlichen Stiftung zu gründen.[67] Das Institut soll im Auftrag des G-BA an Maßnahmen zur Qualitätssicherung und zur Darstellung der Versorgungsqualität im Gesundheitswesen arbeiten. Den Trägerorganisationen des G-BA, den Patientenvertretungen und dem BMG ist ein Antragsrecht eingeräumt. Finanziert wird das Institut auf die gleiche Weise wie das IQWG. Der Stiftungsvorstand wird mit Zustimmung des BMG bestellt, welches auch ein Mitglied selbst entsendet. Das Institut soll fachlich unabhängig sein. Interessenkonflikte mit anderen Personen oder Institutionen im Gesundheitswesen, insbesondere den Trägerorganisationen des G-BA, den Ärztekammern und den medizinischen Fachgesellschaften sollen vermieden werden. Das IQWiG stellt ein Expertengremium dar, das in seiner persönlichen und fachlichen Integrität und Qualität, durch Transparenz und Unabhängigkeit gesetzlich und institutionell besonders abgesichert ist. Seinen gesetzeskonformen Bewertungen kommt eine Richtigkeitsgewähr zu.[68]
2. Der Bewertungsausschuss (BewA)
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Nach § 87 Abs. 1 S. 1 SGB V vereinbaren die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen (KBV und KZBV) mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen durch Bewertungsausschüsse jeweils einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen und für die zahnärztlichen Leistungen (EBM, ausführlich dazu vgl. Rn. 85 ff., BEMA-Z siehe Rn. 864, 965 ff.). Aus der Gesetzesformulierung ergibt sich zum einen, dass es sich beim BewA um ein gemeinsames Gremium handelt, das den genannten Körperschaften angegliedert ist und zum anderen, dass es sich beim EBM um eine kollektivvertragliche Vereinbarung handelt (vgl. Rn. 195). Die organisatorische Trennung der ärztlichen und zahnärztlichen Selbstverwaltung hat auch die Bildung getrennter Bewertungsausschüsse zur Folge.
a) Rechtsstatus
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Die Ausgestaltung des BewA als eigenständiges Gremium im Bereich der gemeinsamen Selbstverwaltung bedingt eine organschaftliche Parteifähigkeit im Verhältnis zu den anderen Beteiligten im System der gesetzlichen Krankenversicherung, die jedoch nicht so weit geht wie die rechtliche Autonomie des G-BA (siehe Rn. 64).[69] Das ergibt sich aus der Formulierung des § 87 Abs. 1 S. 1 SGB V, wonach die KBV und der Spitzenverband Bund einen einheitlichen Bewertungsmaßstab durch den BewA vereinbaren. Dennoch ist der BewA nicht lediglich ein (Unter-)Ausschuss des Normgebers „Bundesmantelvertragspartner“, sondern repräsentiert den Normgeber des EBM in der besonderen Organisationsform „Vertragsorgan“.[70] Den Bundesmantelvertragspartnern ist die Zuständigkeit entzogen, soweit sie dem BewA zugewiesen ist [71] Das Gesetz weist dem BewA die Aufgabe der Körperschaften zu, den EBM als Vertrag abzuschließen. Er genießt deshalb gegenüber diesen Körperschaften keine rechtliche Autonomie. Die Ausschussmitglieder unterliegen deswegen den Weisungen der entsendenden Körperschaft.[72] Sie haben dazu deren Vollmacht zum Abschluss des EBM als öffentlich-rechtlichen Vertrag. Die tragenden Körperschaften KBV und Spitzenverband Bund sind dennoch befugt, gegen Entscheidungen des BewA, die ihnen gegenüber ungeachtet ihrer Eigenschaft als Normverträge als Verwaltungsakt ergehen, Klage zu erheben.[73]
b) Zusammensetzung
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Der BewA besteht gem. § 87 Abs. 3 SGB V aus drei von der KBV bzw. der KZBV und drei vom Spitzenverband Bund bestellten Vertretern. Für diese gibt es keine Wahlperiode oder Amtsdauer, weshalb die Entsendekörperschaft ihre Vertreter jederzeit austauschen kann. Den Vorsitz führen abwechselnd ein Vertreter der Ärzte bzw. Zahnärzte und ein Vertreter der Krankenkassen. Kommt im BewA eine Vereinbarung ganz oder teilweise nicht zu Stande wird nach § 87 Abs. 4 SGB V auf Verlangen von wenigstens zwei Mitgliedern ein Erweiterter Bewertungsausschuss gebildet, in dem ein unparteiischer Vorsitzender und zwei weitere unparteiische Mitglieder hinzutreten.
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„Einfacher“ und „Erweiterter“ Bewertungsausschuss sind „dasselbe“ Gremium im Rechtssinne, weshalb Zuständigkeitsverletzungen keine Folgen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der getroffenen Beschlüsse haben.[74] Zur Beschlussfassung über Vergütungen der ASV nach § 116b SGB V ist der BewA nach § 87 Abs. 5a SGB V um drei Vertreter der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) zu ergänzen. Kommt dieser „Ergänzte Bewertungsausschuss“ zu keinem Ergebnis, wird er auf Verlangen von mindestens zwei Mitgliedern um einen unparteiischen Vorsitzenden und ein weiteres unparteiisches Mitglied erweitert. Für die Abstimmung werden die Stimmrechte der „Kassenbank“ auf die Zahl der Vertreter der KBV und der DKG reduziert. Die Beschlussfassung erfordert eine Zweidrittelmehrheit der stimmberechtigten Mitglieder. Wird diese nicht erreicht, setzen die unparteiischen Mitglieder den Beschluss fest.
c) Aufgaben
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Die zentralen Aufgaben des BewA sind nach § 87 Abs. 1 S. 1 SGB V die Schaffung eines einheitlichen Bewertungsmaßstabes für die ärztlichen und eines für die zahnärztlichen Leistungen und die laufende Überprüfung und Weiterentwicklung der Leistungsansätze im Hinblick auf das Fortschreiten der medizinischen Wissenschaft und Technik und dem Erfordernis der Rationalisierung im Rahmen wirtschaftlicher Leistungserbringung entsprechend den in § 87 Abs. 2 SGB V gemachten Vorgaben. Die Bewertung der Leistungen ist auf betriebswirtschaftlicher Basis vorzunehmen. § 87 Abs. 2h SGB V enthält Vorgaben für die Bewertung der zahnärztlichen Leistungen, die nach § 87 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 SGB V nicht mit einer Zeitbewertung versehen werden müssen.
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Die durch das GRG zum 31.3.2000 angeordnete Gliederung der Leistungen der vertragsärztlichen Versorgung in einen hausärztlichen und einen fachärztlichen Versorgungsbereich[75] muss der BewA nach § 87 Abs. 2a SGB V im EBM mit getrennten hausärztlichen und fachärztlichen Leistungsbereichen umsetzen.
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Die einzelnen Aufgaben und Details für die Ausgestaltung des ärztlichen EBM nehmen laufend zu und werden vom Gesetzgeber selbst zunehmend detaillierter in § 87 Abs. 2a–k SGB V vorgegeben. Insbesondere ist nach Abs. 2e jedes Jahr zum 31.8. im EBM ein bundeseinheitlicher Orientierungswert in EURO zur Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen festzustellen. Bei der Anpassung des Orientierungswertes sind die in Abs. 2g genannten Kriterien zu berücksichtigen. Der Orientierungswert ist Grundlage der Punktwertvereinbarung der Gesamtvertragspartner nach § 87a Abs. 2 SGB V, nach der die regionale Gebührenordnung mit Euro-Preisen zu erstellen ist.
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Nach § 87 Abs. 5b SGB V hat der BewA innerhalb von 6 Monaten nach Inkrafttreten eines Beschlusses des G-BA über die Einführung einer neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethode, anderer Richtlinienbeschlüsse, die Auswirkung auf das Leistungsgeschehen haben und bei Änderung der Fachinformation eines Arzneimittels, die zur