Handbuch Medizinrecht. Thomas Vollmöller
geschlossenen Verträgen.
8. Kapitel Vertragsarztrecht › D. Rechtsgrundlagen des Vertragsarztrechts › II. Die Verträge auf Bundes- und Landesebene
a) Vertragspartner
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Die Bundesmantelverträge werden nach § 82 Abs. 1 SGB V von der KBV und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen abgeschlossen, der nach § 217f Abs. 1 SGB V i.d.F. d. GKV-WSG ab dem 1.7.2008 die Aufgaben der früheren Spitzenverbände/Bundesverbände der Krankenkassen als deren Rechtsnachfolger übernahm und damit auch Vertragspartner der schon abgeschlossenen Bundesmantelverträge wurde, § 83 S. 1 SGB V i.d.F. d. GKV-WSG (siehe auch Rn. 32). Entsprechend der verschiedenen Kassenarten, die durch eigene Spitzenverbände repräsentiert waren, wurden traditionell für die Regionalkassen und für die Ersatzkassen getrennte Verträge abgeschlossen, nach Einführung des SGB V im Jahre 1989 erstmals mit Wirkung zum 1.10.1990.[58] Nach langen Verhandlungen konnten sich die Vertragspartner mit Wirkung zum 1.10.2013 auf einen einheitlichen Bundesmantelvertrag für alle Kassenarten einigen.[59] Für die vertragszahnärztliche Versorgung schloss die KZBV noch bis ins Jahr 2018 mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen ebenfalls getrennte Verträge für die Regionalkassen[60] und für die Ersatzkassen[61] ab. Erstmals im Jahre 2018 gelang es den Vertragspartnern, diese in einem einheitlichen Vertragswerk mit Wirkung ab dem 1.7.2018 zusammenzuführen.[62]
b) Inhalt
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Nach § 82 Abs. 1 SGB V enthalten die Bundesmantelverträge den allgemeinen Inhalt der Gesamtverträge. Nach § 87 Abs. 1 S. 2 SGB V sind auch Regelungen, die zur Organisation der vertragsärztlichen Versorgung notwendig sind, insbesondere Vordrucke und Nachweise, aufzunehmen. Ferner ist die Gestaltung der Arzneiverordnungsblätter vorzunehmen. Die Bundesmantelverträge nebst deren Anlagen (derzeit 33, abrufbar über die Homepage der KBV http://www.kbv.de/html/bundesmantelvertrag.php), die ihrerseits wichtige Regelungen enthalten, konkretisieren die zur vertragsärztlichen Versorgung gehörenden Behandlungsleistungen und grenzen diese gegenüber den anderen Versorgungssektoren ab. Es werden ferner die Behandlungspflichten der Ärzte und die Anspruchsberechtigung der Versicherten festgelegt. Auch werden der Umfang der Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung, wie auch die Kriterien der Beschäftigung eines Vertreters oder eines Assistenten, sowie die Tätigkeit außerhalb der Praxisräume und die stationäre belegärztliche Behandlung definiert. Zentrale Bedeutung hat die Definition des Behandlungsfalles[63] bzw. des Krankheitsfalles.
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Weitere Vorschriften regeln die von den Versicherten zu leistenden Zuzahlungen (Praxisgebühren), die Verwendung der Krankenversichertenkarte und die Überweisung zu anderen Leistungserbringern. Daran knüpfen Vorschriften über das Abrechnungsverfahren und die Datenverarbeitung einschließlich der Verwendung der Vordrucke an. Weitere Kapitel regeln das Verordnungswesen und die Prüfung der Abrechnungen und Wirtschaftlichkeit einschließlich Schadenersatz. Die Anlagen haben teilweise den Umfang eigenständiger Vertragswerke angenommen. Sie enthalten teils technische Regelungsgegenstände z.B. Formularwesen (Anlagen 2 und 3), Gestaltung und Inhalt der Krankenversicherungskarte bzw. elektronischen Gesundheitskarte (Anlagen 4, 4a und 20). Einige Anlagen definieren den Umfang und die Anforderungen an spezielle Versorgungsaufträge, z.B. die Psychotherapie (Anlage 1), die hausärztliche Versorgung (Anlage 5), die onkologische Versorgung (Anlage 7), die Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten (Anlage 9.1). Anlage 3 enthält die Qualitätssicherungsvereinbarungen nach § 135 Abs. 2 SGB V. Den technischen Fortschritt im Behandlungsalltag behandeln die Anlagen 31 (Telemedizinische Leistungen), 31a (Vereinbarung Telekonsil), 31b (Videosprechstunde) und 32 (Telematikinfrastruktur).
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Im BMV-Z sind nach § 87 Abs. 1a SGB V das Abrechnungsverfahren für Zahnersatz entsprechend der Regelversorgung nach § 56 Abs. 2 SGB V zu vereinbaren, ferner die Verpflichtung zur Erstellung eines Heil- und Kostenplanes für eine Zahnersatzversorgung und deren Abrechnung einschließlich der formalen Anforderungen an die Rechnungslegung für die zahntechnischen Laborleistungen.
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Die Richtlinien des G-BA werden über § 92 Abs. 8 SGB V in die Bundesmantelverträge und über diese in die Gesamtverträge einbezogen.
c) Qualitätssicherungsvereinbarungen nach § 135 Abs. 2 SGB V
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Unabhängig von der Möglichkeit, Qualifikationsanforderungen auf der Grundlage von §§ 72 Abs. 2, 82 Abs. 1 SGB V direkt im BMV-Ä oder nach § 82 Abs. 2 SGB V im EBM festzulegen, können die Partner der Bundesmantelverträge auch nach § 135 Abs. 2 SGB V besondere Anforderungen für die Ausübung und Abrechnung von Leistungen vereinbaren, die wegen der Anforderung an ihre Ausführung oder der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen, einer besonderen Praxisausstattung oder andere Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen.[64]
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Auf dieser Grundlage bestimmt § 11 Abs. 1 S. 1 BMV-Ä, dass die in § 135 Abs. 2 S. 1 SGB V beschriebenen Leistungen nur ausgeführt und abgerechnet werden dürfen, wenn die unter Berücksichtigung des Weiterbildungsrechts jeweils in den Anlagen des BMV-Ä vereinbarten Voraussetzungen erfüllt werden. Die Erbringung von Leistungen, für die besondere Qualifikationsanforderungen vereinbart worden sind, bedarf gem. § 11 Abs. 2a S. 1 BMV-Ä einer Genehmigung der KV, wenn in der speziellen Anlage zum BMV-Ä nichts anderes vorgegeben ist.
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Auf dieser Basis wurden einheitliche Fachkundenachweise für ärztliche Sachleistungen und hoch spezialisierte technische Leistungen geschaffen, mit denen die Erbringung und Abrechnung dieser Leistungen von bestimmten personellen Qualifikationen und apparativen Voraussetzungen abhängig gemacht werden. Die Fachkunde ist als gegeben anzunehmen, wenn sie Bestandteil der vom Arzt absolvierten landesrechtlichen Weiterbildung ist. Ist das nicht der Fall, können weitere fachärztliche Qualifikationen verlangt werden, wenn die Leistungen definitionsgemäß noch dem Fachgebiet zurechenbar sind. Es können auch andersherum Fachärzte von diesen Leistungen ausgeschlossen werden, wenn deren Qualifikationen nicht zum Kernbereich ihres Fachgebietes gehören. Qualifikationen, die nicht zu dem Fachgebiet gehören, für die die Zulassung erteilt worden ist, sind generell nicht berücksichtigungsfähig und berechtigen nicht zur Erbringung vertragsärztlicher Leistungen.[65] Das führt in der Realität zu eigentümlichen Ergebnissen, bei denen nicht klar ist, ob damit die Versorgung verbessert oder eher die interdisziplinäre Behandlungsweise behindert wird. In manchen Fällen kann auch die Priorisierung bestimmter Leistungen zum Vorteil einer Fachgruppe ein Motiv gewesen sein.[66]
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Ein Kardiologe darf trotz anerkannter Zusatzbezeichnung „Magnetresonanzthomographie“ keine Leistungen nach der „Kernspinvereinbarung“ erbringen.[67] Wer Leistungen nach der Kernspintomographie-Vereinbarung erbringen will, braucht eine Weiterbildung in diagnostischer Radiologie.[68] Ein Facharzt für Radiologische Diagnostik/Diagnostische Radiologie erfüllt anders als der Facharzt für Radiologie nach früherem Weiterbildungsrecht nicht die fachlichen Anforderungen der Strahlendiagnostik-Vereinbarung.[69] Auch Laborärzte benötigen eine Genehmigung nach der Vereinbarung zu den Laboratoriumsuntersuchungen.[70] Der im Weiterbildungsrecht gegebene Trend zur Aufspaltung