Handbuch Medizinrecht. Thomas Vollmöller
Die Verträge zur HzV sind nach § 73b Abs. 4 S. 1 SGB V zur Sicherstellung eines flächendeckenden Angebots mit Gemeinschaften von Hausärzten zu schließen, die mindestens die Hälfte der hausärztlich tätigen Allgemeinärzte im KV-Bezirk repräsentieren. Diese Quote kann auch durch Zusammenschluss mehrerer Gemeinschaften erfüllt werden.[105] Als Vertragspartner auf Seiten der Leistungserbringer sind nach § 73b Abs. 4 S. 3 SGB V für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen oder subsidiär neben Verträgen mit den repräsentativen Gemeinschaften auch Hausärzte i.S.v. § 73 Abs. 1a SGB V, Gemeinschaften dieser, Träger von Einrichtungen, die eine HzV durch solche Hausärzte anbieten und KV, die von hausärztlichen Gemeinschaften dazu ermächtigt wurden, zugelassen. Diese Vertragspartner haben, anders als die repräsentativen Gemeinschaften, keinen Anspruch auf einen Vertragsabschluss.[106]
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Aufgrund des sich aus § 73b Abs. 4 S. 1 SGB V ergebende Kontrahierungszwangs besteht nach § 69 Abs. 2 S. 2 SGB V für diese Pflichtverträge keine vergaberechtliche Ausschreibungspflicht.[107] Die Pflicht zur Ausschreibung der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots nach § 73b Abs. 4 S. 5, 2. HS SGB V gilt nur für Ergänzungsverträge nach S. 3.
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Im Falle einer Nichteinigung dieser Vertragspartner kann ein Schiedsverfahren nach § 73b Abs. 4a SGB V beantragt werden. Dazu haben sich die Streitparteien zunächst auf eine Schiedsperson zu einigen, andernfalls wird diese durch die Aufsichtsbehörde bestimmt.[108] Klagen gegen die Benennung einer Schiedsperson haben keine aufschiebende Wirkung. Die Festlegung eines Vertragsinhalts durch die Schiedsperson ist kein Verwaltungsakt. Klagen sind nach § 73b Abs. 4 S. 5 SGB V gegen den Vertragspartner zu richten.[109] Zuständig sind in erster Instanz die Sozialgerichte.[110]
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Der durch Festlegung der Schiedsperson zu Stande gekommene Vertrag ist auch dann umzusetzen, wenn Klage erhoben ist. Schadensersatzansprüche der Krankenkasse gegen den beteiligten Hausärzteverband, wie auch gegen die teilnehmenden Ärzte wegen Unvereinbarkeit des umgesetzten Vertrages mit gesetzlichen Vorschriften, sind nicht gegeben. Eine Rückabwicklung des Vertrages scheidet in der Regel aus.[111]
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Ungeklärt sind mangels gesetzlicher Regelung zahlreiche Fragen, die sich aus dem Verhältnis des an der HzV teilnehmenden Hausarztes zu seiner KV ergeben. Einerseits haben die Krankenkassen nach § 73b Abs. 4 S. 1 SGB V zur „flächendeckenden Sicherstellung Verträge zu schließen“, was die KV von der unmittelbaren Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung einschließlich des Notdienstes befreit, soweit diese Verträge geschlossen sind. In der Regel werden die Hausärzte in beiden Systemen tätig sein, schon weil nicht alle Krankenkassen HzV-Verträge abgeschlossen haben. Unklar ist daher, inwieweit der bei der KV hinsichtlich der nicht teilnehmenden Hausärzte und hinsichtlich der in die HzV nicht eingeschriebenen Patienten verbleibende Sicherstellungsauftrag praktisch wahrgenommen werden kann.
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Mangels Zuständigkeit der KV für die HzV gilt das zwischen KV und Vertragsarzt bestehende Pflichtensystem einschließlich der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 ff. SGB V nicht.[112] Befugnisse der Krankenkassen und Pflichten der Hausärzte sind nach § 73b Abs. 5 SGB V in den HzV-Verträgen zu regeln. Die Krankenkassen haben allerdings die Befugnis zur Prüfung der Abrechnungen nach § 106d Abs. 3 SGB V. Daraus resultiert aber noch kein Anspruch auf Rückzahlung fehlerhaft abgerechneten Honorars. Ein solcher Anspruch muss im HzV-Vertrag unter Berücksichtigung der mit dem teilnehmenden Hausarztverband vereinbarten Zahlungswege geregelt werden.[113]
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Nicht geregelt sind die Rechtsschutzmöglichkeiten des Hausarztes innerhalb der HzV gegenüber seinem Hausärzteverband und den beteiligten Krankenkassen, z.B. wenn dort die Vergütungen nicht ausbezahlt werden, weil Streit über deren Höhe besteht.[114] Zweifellos gegeben ist die Zuständigkeit der Sozialgerichte nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG.[115] Da aber § 73b SGB V weder dem Hausärzteverband noch den beteiligten Krankenkassen eine Verwaltungsaktsbefugnis gegenüber den teilnehmenden Hausärzten vermittelt, hängt es letztlich von der vertraglichen Gestaltung der Abrechnungsregelungen ab, ob und wie ein Arzt mit dem Instrumentarium der §§ 54, 55 SGG seine Honoraransprüche durchsetzen oder sich gegenüber unberechtigten Einbehalten oder seinem Ausschluss schützen kann.
b) Besondere Versorgung nach § 140a SGB V
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Nach dem durch das GKV-VSG neu gefassten § 140a Abs. 2 SGB V können die Krankenkassen Versorgungsverträge über die ambulante vertragsärztliche Versorgung hinaus in die stationäre Versorgung und über die Versorgung mit Arzneimitteln oder Teilbereichen davon abschließen, ohne dass die KV daran mitwirken müssen. Ermöglicht werden soll eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende oder eine interdisziplinär fachübergreifende Versorgung sowie unter Beteiligung von Vertragsärzten besondere ambulante ärztliche Versorgungsaufträge. Die früher getrennt geregelte integrierte Versorgung und die besonderen Versorgungsaufträge aufgrund von Selektivverträgen wurden in einer Regelung zusammengefasst.
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Vertragspartner gegenüber den Krankenkassen können nach § 140a Abs. 3 SGB V wie in den früheren Modellen alle Leistungserbringer nach dem 4. Kapitel SGB V oder Gemeinschaften dieser, Träger von Einrichtungen, die eine besondere ambulante Versorgung durch solche Leistungserbringer anbieten, wie auch die KV sein. Neu hinzu gekommen sind Pflegekassen und Pflegeeinrichtungen, pharmazeutische Unternehmer und Hersteller von Medizinprodukten, zuletzt auch die Hersteller von besonderen digitalen Versorgungsangeboten, sog. „Gesundheits-Apps“.[116]
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Ein Anspruch auf Vertragsabschluss besteht auf Leistungserbringerseite nicht. Ob die Krankenkassen, wenn sie sich für ein besonderes Versorgungsmodell entschieden haben, die Aufforderung zur Abgabe entsprechender Versorgungsangebote öffentlich nach den vergaberechtlichen Vorschriften des GWB ausschreiben und nach objektiven Auswahlkriterien vergeben müssen, war für die „alten Verträge auf Basis von § 73c SGB V a.F. entschieden worden.[117] Bei der besonderen Versorgung nach § 140a SGB V dürfte es auf die Art des Versorgungsvertrages ankommen. § 99 GWB verlangt die Vergabe eines öffentlichen Auftrages. Damit besteht in den meisten Fällen die Pflicht zur Ausschreibung (vgl. Bäune Kap. 9, Rn. 30 ff.). Wenn der Versorgungsvertrag mit verschiedenen Leistungserbringern z.B. nur dazu dient, deren Angebote für bestimmte Versicherte zu organisieren und aufeinander abzustimmen (vgl. § 140a Abs. 2 S. 6 SGB V), dürfte eine Ausschreibungspflicht unabhängig vom Überschreiten der Schwellenwerte nicht gegeben sein.[118]
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Die einzelvertraglich definierten Versorgungsbereiche stehen nicht mehr allen Versicherten offen. Die Krankenkassen übernehmen den Sicherstellungsauftrag in den definierten Versorgungsbereichen und bieten diese Versorgung ihren Mitgliedern als Alternative zur vertragsärztlichen Versorgung an. Die Versorgung der eingeschriebenen Mitglieder erfolgt dann durch selektiv unter Vertrag genommene Leistungserbringer oder deren Gemeinschaften. Weitere Details der Einschreibung der Versicherten und deren Bindung an die unter Vertrag genommen Leistungserbringer. Ausnahmen vom Überweisungsgebot sind nach § 140a Abs. 4 S. 5 und 6 SGB V in den Teilnahmeerklärungen und den Satzungen der Krankenkassen zu regeln.
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Eine Mitwirkung der KV an den besonderen Versorgungsverträgen ist zwar zur Unterstützung ihrer teilnehmenden Mitglieder möglich, aber nicht verpflichtend. Systemkonform sieht § 140a Abs. 6 SGB V wiederum die Bereinigung der Gesamtvergütungen um die Leistungsanteile der vereinbarten Versorgungsbereiche vor, weshalb auch hier die gesamtvertragliche Vereinbarung eines Bereinigungsverfahrens notwendig ist (vgl. Rn. 239 ff. und vgl. Rn. 857).
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