Handbuch Medizinrecht. Thomas Vollmöller
dieser Leistungen und Maßnahmen der Qualitätssicherung und Wirtschaftlichkeit vereinbart.[127] Nach Abs. 3 sind die Krankenhäuser zur ambulanten Durchführung der in dem Katalog aufgeführten Eingriffe automatisch zugelassen. Sie müssen allerdings in den Leistungsbereichen, in denen sie ambulant operieren, auch stationäre Krankenhausbehandlungen erbringen.[128] Die Erweiterung der Krankenhausleistungen auf die ambulanten Leistungen der §§ 115a und 115b SGB V ist im Zusammenhang mit § 39 Abs. 1 SGB V zu sehen, der den Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlungen ausdrücklich auch auf diese ambulanten Leistungen ausdehnt.
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Für die spezialfachärztliche Versorgung nach § 116b SGB V, deren inhaltliche Ausgestaltung der G-BA in Richtlinien regelt, vereinbaren der Spitzenverband Bund, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die KBV nach § 116b Abs. 6 S. 2 SGB V gemeinsam und einheitlich die Kalkulationssystematik, diagnosebezogene Gebührenpositionen in Euro sowie deren verbindliche Einführungszeitpunkte nach Inkrafttreten der jeweiligen Richtlinie des G-BA, sowie Details des Abrechnungsverfahrens.
6. Vereinbarungen über zahntechnische Leistungen
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Nach § 88 SGB V sind Vereinbarungen über die zahntechnischen Leistungen, die nach § 28 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 SGB V zur vertragszahnärztlichen Behandlung gehören, zu treffen. Die Vereinbarungen werden auf zwei Ebenen abgeschlossen. Zunächst vereinbart der Spitzenverband Bund mit dem Verband Deutscher Zahntechnikerinnungen (VDZI) nach § 88 Abs. 1 SGB V ein bundeseinheitliches Verzeichnis der abrechnungsfähigen zahntechnischen Leistungen (BEL).[129] Die Vertragszahnärzte sind an dieser Vereinbarung insoweit beteiligt, als das BEL im Benehmen mit der KZBV vereinbart werden muss.[130] Nicht beteiligt ist die KZBV an den nach § 88 Abs. 2 SGB V von den Landesverbänden der Krankenkassen mit den Zahntechnikerinnungen zu vereinbarenden Vergütungen für die im BEL aufgeführten zahntechnischen Leistungen.
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Unabhängig von den Regelungen des § 88 SGB V vereinbaren der GKV-Spitzenverband und der VDZI nach § 57 Abs. 2 S. 1 SGB V jährlich, wiederum ohne Beteiligung der KZBV, die bundeseinheitlichen durchschnittlichen Preise für die zahntechnischen Leistungen bei den Regelversorgungen für Zahnersatz im befundorientierten Festzuschuss-System. Auf deren Basis legen die Landesverbände der Krankenkassen mit den Innungsverbänden der Zahntechniker nach § 57 Abs. 2 S. 3 SGB V die Preise für die Regelversorgungen nach § 56 Abs. 1 SGB V fest, die die bundeseinheitlichen durchschnittlichen Preise um bis zu 5 % über- oder unterschreiten dürfen. Der Grund für die Einführung der Sonderregeln für die Festlegung der Preise für Zahnersatzleistungen war die Herausnahme des Zahnersatzes aus der Regelversorgung für Versicherte. Dafür war eine gesonderte Finanzierung des Zahnersatzes vorgesehen, die aber inzwischen wieder entfallen ist.[131] Daher besteht der Grund für eine gesonderte Vereinbarung neben den Vereinbarungen nach § 88 SGB V nicht mehr.
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Sowohl diese regional vereinbarten Vergütungen, als auch die Preise des BEL sind Höchstpreise. Über die Höchstpreise hinausgehende Vergütungen darf der einer Innung angehörende Zahntechniker gegenüber dem auftraggebenden Zahnarzt nicht verlangen.[132] Die Höchstpreislisten sind keine Taxe i.S.v. § 632 BGB. Sie gelten dennoch gegenüber den nicht innungsgebundenen Zahntechnikern über die Rechtsfigur der sog. „Außenseitererstreckung“.[133] Zahnärzte, die im eigenen Labor technische Leistungen erbringen, müssen die Höchstpreise sowohl bei den Leistungen der Regelversorgung, als auch beim BEL insgesamt um 5 % unterschreiten, §§ 57 Abs. 2 S. 6 und 88 Abs. 3 SGB V.
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Regelungen über die Zusammenarbeit zwischen Zahnarzt und gewerblichem Zahnlabor enthalten die Vereinbarungen nicht.[134] Die Gesamtverträge der Krankenkassen mit den KZV enthalten Regelungen, die das Rechtsverhältnis der Vertragszahnärzte mit den KZV bzw. Krankenkassen betreffen und insoweit auf das Rechtsverhältnis der Vertragszahnärzte zu den gewerblichen Laboren ausstrahlen, dieses aber nicht inhaltlich ausgestalten.[135] Seitdem die Versicherten bei Zahnersatzversorgungen Anspruch gegenüber ihrer Krankenkasse auf befundorientierte Festzuschüsse nach § 55 Abs. 1 S. 1 SGB V haben, entsteht der Krankenkasse durch Überschreitung der Höchstpreise, wie auch durch Kickbacks kein Schaden mehr, weil die Festzuschüsse nach § 55 Abs. 1 S. 2 SGB V auf Basis der Höchstpreise unabhängig von den tatsächlich in Rechnung gestellten Preisen festgesetzt werden.[136]
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Sowohl das BEL, wie auch die Höchstpreisvereinbarungen, sind öffentlich-rechtliche Verträge nach § 53 SGB X. Da die Vertragszahnärzte über die gesamtvertraglichen Regelungen hinsichtlich der von ihnen betriebenen Praxislabore auch an das BEL gebunden sind und damit die von Krankenkassen und Zahntechnikerinnungen vereinbarten Höchstpreise auch für sie gelten, ist die Nichtbeteiligung der KZV am Abschluss der Verträge über zahntechnische Leistungen systemwidrig. Es handelt sich insofern um Verträge zu Lasten Dritter, deren Wirksamkeit gegenüber den Vertragszahnärzten nach § 57 Abs. 1 SGB X von deren Zustimmung abhängt.[137] Diese Zustimmung kann über die Gesamtverträge fingiert werden, wenn diese Regelungen über die Verbindlichkeit der Höchstpreislisten für die Vertragszahnärzte enthalten.
7. Vergütungsvereinbarung zum Standard- und Basistarif der PKV
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Der durch das GKV-WSG eingeführte § 75 Abs. 3b SGB V sieht als Folge der den KV in Abs. 3a übertragenen Sicherstellung der Versorgung der im brancheneinheitlichen Standardtarif bzw. im Basistarif der PKV nach § 153 VAG versicherten Personen vor, dass die KV und die KBV mit dem Verband der privaten Krankenversicherer einvernehmlich mit Wirkung für die Mitgliedsunternehmen und im Einvernehmen mit den beamtenrechtlichen Trägern der Beihilfe Vereinbarungen abschließen können, mit denen von den gesetzlich geregelten Vergütungsätzen des Standardtarifs nach § 257 Abs. 2a i.V.m. § 314 SGB V und nach § 257 Abs. 2a i.V.m. § 315 SGB V und des Basistarifs nach § 12 Abs. 1a VAG abgewichen werden kann. Davon haben die beteiligten Vertragspartner Gebrauch gemacht und mit Wirkung ab 1.4.2010 die Vergütung der ärztlichen Leistungen mit einigen Ausnahmen zum 1,2-fachen Satz der GOÄ vereinbart.[138] Für zahnärztliche Leistungen kam noch keine Vereinbarung zustande.[139]
8. Rechtsqualität der Verträge
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Alle innerhalb des vom SGB V eröffneten Aufgabenbereichs von den unterschiedlichen Beteiligten geschlossenen Verträge sind öffentlich-rechtlich und unterliegen damit den formellen Bestimmungen der §§ 53 ff. SGB X, soweit das insoweit vorrangige SGB V keine Abweichungen vorsieht.[140] Die Verträge sind nach § 72 Abs. 2 SGB V schriftlich abzuschließen.[141] Die Erstellung einer einheitlichen Vertragsurkunde ist bei den Kollektivverträgen nicht erforderlich und wegen deren vielfältigen Bestandteilen, die zu verschiedenen Zeiten vereinbart werden, auch gar nicht möglich. Bezugnahmen sind zulässig und im Hinblick auf die gesetzlich vorgegebenen Vertragsstrukturen auch ausreichend. Die Unwirksamkeit einzelner Regelungen führt abweichend von § 58 Abs. 3 SGB X in der Regel nicht zur Gesamtnichtigkeit, da die Vertragspartner gesetzlich verpflichtet sind, den Vertrag hinsichtlich der übrigen Bestandteile abzuschließen.[142]
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Rechtsprechung[143] und Literatur[144] sind sich einig, dass den zur Ausgestaltung der vertragsärztlichen Versorgung nach § 2 Abs. 2 S. 3 i.V.m. §§ 69 ff. SGB V geschlossenen Verträgen eine normative Wirkung zukommt. Auch der EBM ist ein solcher Vertrag mit Normwirkung.[145] Die Normwirkung der Verträge ist aus der im Gesetz angeordneten Verbindlichkeit für die Mitglieder der Vertragsparteien und teilweise auch für Dritte, die über die gesetzlichen Transformationsmechanismen in den Geltungsbereich der Verträge einbezogen werden, ableitbar. Darüber hinaus führt die traditionell „gemeinsame“ Selbstverwaltung der vertragsärztlichen Versorgung durch die