Handbuch Medizinrecht. Thomas Vollmöller
Arztes muss nach § 32b Abs. 2 S. 3 i.V.m. § 21 Ärzte-ZV grundsätzlich derjenigen eines Vertragsarztes entsprechen.[37] Die damit angestrebte Sicherung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung kann nur gewährleistet werden, wenn die Leistungen von demjenigen persönlich erbracht werden, der auf der Grundlage der Regelungen über die Anstellung von Leistungserbringern als befähigt angesehen worden ist, qualitätsgerechte Leistungen zu gewährleisten.[38]
307
Nach § 20 Ärzte-ZV[39] steht der Eignung für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit ein Beschäftigungsverhältnis oder eine andere ehrenamtliche Tätigkeit entgegen, wenn diese verhindern, dass der Vertragsarzt entsprechend seinem Versorgungsauftrag den Versicherten nicht persönlich zur Verfügung stehen und die üblichen Sprechstundenzeiten anbieten kann. § 15 Abs. 1 S. 1 BMV-Ä wiederholt den sich aus dem Gesetz ergebenden Grundsatz und verpflichten den, an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt, seine Tätigkeit persönlich auszuüben.[40] Ziff. 2.2. Allg. Bestimmungen EBM verweist auf diese Regelungen und macht die persönliche Leistungserbringung zur Voraussetzung der Berechnungsfähigkeit der Gebühren. In gleicher Weise muss der ermächtigte Arzt seine vertragsärztliche Tätigkeit persönlich ausüben, § 32a Ärzte-ZV. An dieser Stelle unterscheidet sich die vertragsärztliche ambulante Tätigkeit von der ärztlichen Tätigkeit im Krankenhaus, wo weitergehende Delegationen an das nichtärztliche Personal üblich sind. Die Einschaltung von nachgeordneten Ärzten ist im Rahmen einer Ermächtigung grundsätzlich unzulässig. Dies wird von ermächtigten Krankenhausärzten häufig nicht erkannt. Es reicht auch nicht, wenn sich ein ermächtigter Pathologe die Befunde seiner Abteilungsärzte nachträglich zu eigen macht.[41]
2. Der Umfang der Verpflichtung
308
Die Verpflichtung des Vertragsarztes zur persönlichen Leistungserbringung umfasst das gesamte dem Arztvorbehalt unterliegende Leistungsspektrum im Rahmen des durch die Zulassung bzw. Ermächtigung konkretisierten Versorgungsauftrages. Das ergibt sich aus der Zulassung oder Ermächtigung resultierenden Verpflichtung des Vertragsarztes zur persönlichen Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung in Verbindung mit dem erwähnten Behandlungsanspruch des Versicherten. Das Gebot gilt nicht nur für Behandlungsleistungen, sondern auch für die Verordnungstätigkeit des Arztes. Danach sind Verordnungen vom Vertragsarzt nicht nur persönlich zu entscheiden, sondern nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 AMVV auch eigenhändig zu unterzeichnen.[42] Als Ausnahmen vom Prinzip der persönlichen Leistungserbringung nennen die Zulassungsverordnungen die ärztliche Vertretung,[43] die Beschäftigungen von Assistenten[44] oder von angestellten Ärzten.[45]
3. Ärztliche Vertreter und Assistenten
309
Bei Krankheit, Urlaub oder Teilnahme an ärztlicher Fortbildung oder an einer Wehrübung ist nach § 32 Abs. 1 S. 2 und 3 ZV-Ä/ZV-ZÄ eine Vertretung eines Vertrags-(zahn)arztes innerhalb von zwölf Monaten bis zur Dauer von drei Monaten ohne Genehmigung zulässig; bei Ärztinnen im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einer Entbindung bis zur Dauer von zwölf Monaten. Dasselbe gilt mit Ausnahme der Schwangerschaftsvertretung nach § 32a S. 2 Ärzte-ZV für ermächtigte Krankenhausärzte. § 32 Ärzte-ZV gilt nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 Ärzte-ZV auch für psychologische Psychotherapeuten. Die Vertretung bei genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen einschließlich der probatorischen Sitzungen ist aber nach § 14 Abs. 3 BMV-Ä unzulässig, womit Abwesenheitsvertretungen in der psychotherapeutischen Praxis letztlich nur beim psychotherapeutischen Einzelgespräch nach GOP 23220 EBM möglich sind. Rechtlich ist damit losgelöst vom Sinn eines solchen Vertretungsverbotes die Frage nach der Ermächtigungsgrundlage für eine Einschränkung des Zulassungsrechtes durch eine kollektivvertragliche Regelung zu stellen.[46]
310
Auch genehmigte angestellte Ärzte dürfen nach § 32b Abs. 6 Ärzte-ZV/Zahnärzte-ZV aus den gleichen Gründen und im gleichen Umfang vertreten werden. Zusätzlich darf ein angestellter Arzt bis zu 6 Monate vertreten werden, wenn er freigestellt ist oder wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist. Wird die Abwesenheit des Arztes durch Mehrarbeit der anderen Ärzte der BAG oder des MZV ausgeglichen, sind die Vertretungsregelungen zwar nicht direkt anwendbar. Erlaubt ist aber die vorübergehende Überschreitung der zulassungsrechtlich genehmigten Arbeitszeit in dem Umfang, wie eine genehmigungsfreie Vertretung zulässig wäre.[47]
311
Die Vertretungsregelungen erlauben damit konkrete Ausnahmen von der ansonsten umfassenden Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung.[48] Der Vertreter wird anstelle des Vertragsarztes tätig.[49] Er erhält keinen eigenen Status. Vertretungen von länger als einer Woche am Stück müssen der KV nach § 32 Abs. 1 S. 4 Ärzte-ZV angezeigt werden. Das Unterlassen der gebotenen Anzeige einer Vertretung stellt eine wenigstens einfache Pflichtverletzung dar, die geahndet werden kann.[50] Wenn tatsächlich eine Vertretungssituation vorgelegen hat, dürfte das aber, anders als bei der genehmigungspflichtigen Vertretung, nicht zur Unzulässigkeit der Vertretung an sich führen.
312
Vertretungen über den Zeitraum von 3 Monaten im Jahr hinaus und aus anderen, als den in § 32 Abs. 1 SGB V genannten Gründen, sind nach § 32 Abs. 2 Ärzte-ZV von der KV zu genehmigen. Im Betracht kommen Gründe der Sicherstellung, Kindererziehung bis zu 36 Monate und Pflege von Angehörigen bis zu 6 Monate. Die Dauer ist zu befristen, mit der Möglichkeit der Verlängerung. Auf die Genehmigung besteht ein Rechtsanspruch.[51] Die Genehmigung darf einem Praxisinhaber/Antragsteller nur unter den konkret gegebenen Verhältnissen für eine bestimmte Person erteilt werden.[52]
313
Der Patient muss ungeachtet der rechtlichen Zulässigkeit einer Vertretung mit einer Behandlung durch den Vertreter einverstanden sein. Die Zustimmung ist anzunehmen, wenn der Patient in der Sprechstunde die Leistungen des Vertreters widerspruchslos in Anspruch nimmt. Bei operativen Leistungen oder Leistungen, bei denen der Patient vor Inanspruchnahme nicht mehr die Möglichkeit hat, sich für oder gegen die Inanspruchnahme eines ärztlichen Vertreters zu entscheiden, bedarf es einer Vereinbarung im Behandlungsvertrag, welche die Vertretung des verpflichteten Arztes erlaubt.
314
Für den ärztlichen Vertreter gelten dieselben rechtlichen Anforderungen wie für den von ihm vertretenen Vertragsarzt. Ärzte dürfen sich nach § 20 Abs. 1 S. 2 MBO grundsätzlich nur durch Fachärzte desselben Fachgebietes vertreten lassen.[53] Verfügt der Vertreter über eine eigene Zulassung, muss er demselben Versorgungsbereich wie der Vertretene angehören.[54] Der Vertreter hat diejenigen Leistungen persönlich zu erbringen, die auch der vertretende Praxisinhaber im Falle seiner Anwesenheit persönlich erbringen müsste. Dazu braucht der Vertreter nach § 14 Abs. 1 BMV-Ä dieselbe fachliche Qualifikation wie der vertretene Vertragsarzt. Das kommt vor allem bei den Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die nach § 135 Abs. 2 SGB V spezielle Qualifikationen voraussetzen, zum Tragen. Verantwortlich für die Erfüllung der vertragsärztlichen Pflichten durch den Praxisvertreter bleibt nach §§ 32 Abs. 4 ZV-Ä/ZV-ZÄ[55] der Praxisinhaber, der die Leistungen des Vertreters als eigene Leistungen abrechnen darf. Daher muss er sich versichern, dass der Vertreter alle Qualifikationsanforderungen erfüllt. Andernfalls darf er sich bei speziellen Leistungen nicht vertreten lassen.[56]
315
Vorstehende Ausführungen gelten auch bei Entlastungs- und Sicherstellungsassistenten entsprechend, weil § 32 Abs. 2 S. 2 Ärzte-ZV für die genehmigungspflichtigen Dauervertretungen und die sog. Entlastungs- bzw. Sicherstellungsassistenten die gleichen Voraussetzungen normiert. Ein formaler Unterschied liegt nur darin, dass eine Vertretungssituation die Abwesenheit des Vertretenen erfordert. Eine Entlastungs- und Sicherstellungssituation setzt dagegen ein eingeschränktes Leistungsvermögen des Vertragsarztes voraus, wo der Vertragsarzt aber genauso zeitweilig abwesend