Handbuch Medizinrecht. Thomas Vollmöller
Eine Ausnahme von der Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung enthält § 15 Abs. 3 BMV-Ä für gerätebezogene Untersuchungsleistungen. Rechtsgrundlage ist § 105 Abs. 2 SGB V, wonach die wirtschaftliche Erbringung medizinisch-technischer Leistungen in Gemeinschaftseinrichtungen gefördert werden soll. § 1a Nr. 14 BMV-Ä definiert dies als Sonderfall der Leistungszuordnung im Rahmen der persönlichen Leistungserbringung.
335
Hiernach können sich Vertragsärzte zur gemeinschaftlichen Leistungserbringung zusammenschließen (Leistungserbringergemeinschaft). Die teilnehmenden Vertragsärzte müssen nicht derselben Fachgruppe angehören, aber selbst zur Erbringung der in die Gemeinschaft einbezogenen Leistungen berechtigt sein. Daher scheiden psychologische Psychotherapeuten mangels technischer Leistungen in ihrem Leistungsspektrum aus. Ermächtigte Krankenhausärzte und ermächtigte Einrichtungen sind definitionsgemäß keine Vertragsärzte und daher nicht zur Teilnahme berechtigt. MVZ zählen dagegen nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 Ärzte-ZV zu den „Vertragsärzten“, aber nur dann, wenn ein Mitglied über die erforderliche fachliche Befähigung verfügt.[86]
336
In einer solchen Gemeinschaft können die Leistungen von einem der beteiligten Ärzte persönlich oder durch einen gemeinschaftlich angestellten Arzt nach § 32b Ärzte-ZV erbracht werden.[87] Voraussetzung ist eine fachliche Weisung durch einen der beteiligten Ärzte. Die angewiesenen Leistungen sind dann persönliche Leistungen des anweisenden Arztes. Ist für die Leistung eine besondere fachliche Qualifikation erforderlich, müssen alle beteiligten Ärzte über diese Qualifikation verfügen.[88] Bei Röntgenleistungen muss jeder Teilnehmer über die Fachkunde Röntgenleistungen innerhalb seines Fachgebietes verfügen. Andernfalls wäre er nicht in der Lage, die geforderten „fachlichen“ Weisungen zu erteilen.
337
Gerätebezogene Untersuchungsleistungen sind solche, bei denen sich der Arzt zur Diagnose oder Therapie eines Gerätes bedient.[89] Sie erfordern einen, die ärztliche Untersuchungsleistung überwiegenden, technischen Anteil, wie das bei Röntgenleistungen, CTs oder MRTs der Fall ist. Durchleuchtungen z.B. Sonographie, Linksherzkatheder-Untersuchungen und Stress-Echokardiographien sind dagegen nicht gerätebezogen, weil die ärztliche Befundung parallel zum Durchleuchtungsvorgang vorgenommen werden muss und daher im Vordergrund steht.[90] Für gerätebezogene Laborleistungen ist die Eingehung einer Leistungserbringergemeinschaft nach § 15 Abs. 4 BMV-Ä seit dem 1.1.2009 ausgeschlossenen. Damals bestehende Gemeinschaften genießen Bestandsschutz.
338
Die Leistungen dürfen in der Praxis eines der Teilnehmer oder in einer gemeinsamen Einrichtung erbracht werden. Der beauftragende Vertragsarzt muss dann einen ausgelagerten Praxisraum/ausgelagerte Praxisstätte nach § 24 Abs. 5 Ärzte-ZV, § 1a Nr. 20 BMV-Ä anzeigen, wenn die Leistungen außerhalb seines Vertragsarztsitzes erbracht werden.
339
Die Leistungserbringergemeinschaft ist keine Kooperationsform, sondern eine Rechtsfigur, die die Abrechnung von Leistungen ermöglicht, die nicht persönlich erbracht wurden. In den Bundesmantelverträgen der Zahnärzte gibt es keine vergleichbare Rechtsfigur. Der Zusammenschluss der beteiligten Vertragsärzte zur Leistungserbringergemeinschaft bedarf einer gesonderten gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung.
340
Die Leistungserbringergemeinschaft ist von der Apparategemeinschaft zu unterscheiden. Letztere ist eine berufsrechtlich[91] als Organisationsgemeinschaft definierte Gesellschaft, deren Zweck die gemeinsame Anschaffung und/oder Nutzung von medizinisch-technischem Equipment ist.[92] Sie kann Geräte betreffen, mit denen auch eine Leistungserbringergemeinschaft hinsichtlich der damit zu erbringenden Untersuchungsleistungen vereinbart werden kann.
6. Laborleistungen
341
Soweit Laboruntersuchungen dem Arztvorbehalt unterstehen, weil sie Heilkundequalität haben,[93] sind sie vom Vertragsarzt grundsätzlich persönlich zu erbringen.[94] Der eingeschränkte Bezug von Teilen laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen ist einheitlich mit allen anderen Voraussetzungen der laboratoriumsmedizinischen Befunderhebung abschließend in § 25 BMV-Ä geregelt. Nach Abs. 1 besteht die Befunderhebung aus 4 Teilschritten: ärztliche Untersuchungsentscheidung (1), Präanalytik (2), laboratoriumsmedizinische Analyse unter Bedingungen der Qualitätssicherung (3) und Ärztliche Beurteilung der Ergebnisse (4). Anders als im Privatbereich[95] spielt die Unterscheidung zwischen Basislabor und Speziallabor für den Bezug aus einer Laborgemeinschaft keine Rolle.
342
Nach Abs. 2 Nr. 1 darf Teil 3 einschließlich der beim Arzt verbliebenen Anteile von Teil 2 bei den allgemeinen Laboratoriumsuntersuchungen nach Abschnitt 32.2 EBM unter den in Abs. 3 beschriebenen Voraussetzungen aus Laborgemeinschaften (§§ 1a Nr. 14a, 25 Abs. 3 BMV-Ä), deren Mitglied der Bezieher sein muss, bezogen werden.[96] Teile 1, 2 (teilweise) und 4 muss der Vertragsarzt selbst in seiner Praxis leisten. Die Abrechnung der bezogenen Leistungen hat für den beziehenden Vertragsarzt durch die Laborgemeinschaft unter Angabe des beziehenden Vertragsarztes und Nachweis der der Gemeinschaft entstandenen Kosten, maximal zu den Höchstpreisen nach Abschnitt 32.2. EBM zu erfolgen. Nach Abs. 4 ist der beziehende Arzt für die Qualität gem. den Richtlinien der Bundesärztekammer verantwortlich. Der beziehende Arzt darf die bezogenen Leistungen selbst nicht abrechnen.
343
Das gilt auch dann, wenn er sie selbst in der Laborgemeinschaft erbracht hat, wobei eine Laborgemeinschaft schon dann gegeben ist, wenn mehrere Vertragsärzte dieselbe Laboreinrichtung als ausgelagertem Praxisraum nutzen.[97] Auf das Vorhandensein einer gesellschaftsvertraglichen Abrede kommt es nicht an. Im Hinblick auf die aus der Mitgliedschaft in einer Laborgemeinschaft resultierenden Haftungsrisiken ist der Bezug von Laborleistungen generell kritisch zu sehen.[98] Neben der gesamtschuldnerischen Haftung der Mitglieder für Honorarrückforderungen gegenüber der Laborgemeinschaft sind steuerliche Risiken wegen möglicher Umsatz- und Gewerbesteuerpflicht wie auch strafrechtliche Risiken im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Korruptionsdelikte der §§ 299a ff. StGB zu bedenken.
344
Die speziellen Untersuchungen nach Abschnitt 32.3 EBM dürfen hinsichtlich aller vier Teile der Befunderhebung generell nicht bezogen werden. Sie müssen nach § 25 Abs. 2 Nr. 2 BMV-Ä von den Vertragsärzten persönlich durchgeführt und abgerechnet werden, wenn diese dazu qualifiziert sind. Andernfalls müssen diese Laborleistungen an einen Laborarzt überwiesen werden.
345
Überweisungen von Laborleistungen dürfen nach Abs. § 25 Abs. 4a BMV-Ä nur an Fachärzte ausgestellt werden, bei denen diese Leistungen zum Kernbereich ihres Fachgebietes gehören. Bei welchen Fachärzten das der Fall sein soll, ist nach der Protokollnotiz 3 zu § 25 BMV-Ä v. 31.8.2019 mit Wirkung ab dem Jahr 2020 in der Qualitätssicherungsvereinbarung „Speziallabor“ nach § 135 Abs. 2 SGB V geregelt. Damit obliegt es dem Auftrag gebenden Arzt, gem. § 24 Abs. 5 S. 2 BMV-Ä, eine namentliche Überweisung an einen bestimmten Laborarzt auszustellen.
8. Kapitel Vertragsarztrecht › E. Grundprinzipien des Vertragsarztrechts › IV. Das Wirtschaftlichkeitsgebot
1. Begriffsdefinition
346
Nach § 12 Abs. 1 S. 1 SGB V müssen die Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Sie dürfen das notwendige