Handbuch Medizinrecht. Thomas Vollmöller
außerhalb der bestehenden Zulassung ist im Rahmen der gesetzlichen Krankenkassen nur verordnungsfähig, wenn die vom BSG gegebenen Voraussetzungen erfüllt sind. Verordnungen zulasten der GKV, die nicht unter diese Voraussetzungen fallen, können zu einem Regress der KV gegenüber dem verordnenden Arzt führen. Dabei haben die KV wegen der erschöpfenden Vorgaben des BSG keinen Ermessensspielraum. Die Expertengruppen beim BMG haben bisher nur für ganz wenige Arzneimittel Stellungnahmen für die Anwendung außerhalb ihrer zugelassenen Indikation oder Indikationsgebiete abgegeben. Wenn für ein Arzneimittel eine derartige Stellungnahme fehlt, besteht keine Gefährdungshaftung des Herstellers nach § 84 AMG. Für den Arzt besteht aber Deckungsschutz im Rahmen seiner Berufshaftpflicht, wenn für die Anwendung eines Arzneimittels die Voraussetzungen gegeben sind, die das BSG gezogen hat. Es besteht auch Deckungsschutz, wenn ein Präparat nach gesicherter wissenschaftlicher Kenntnis im Rahmen einer nicht zugelassenen Indikation sinnvoll eingesetzt werden kann (siehe hierzu auch die Ausführungen im 15. Kap.). Für den allgemeinen Therapiebereich wird vorgeschlagen,[33] sich an der Verfahrensordnung des G-BA (dort § 18 Abs. 2, 3 und § 20) und den dort angeführten Prüfmaßstäben zu orientieren.[34]
Anmerkungen
Quaas/Zuck § 2 Rn. 7 ff. m.w.N.; Jaeger NZS 2003, 225.
OVG Rheinland-Pfalz Urt. v. 19.2.2019 – 6 A 10136/18, aus Schafsföten gewonnene Gefrierzell-Präparate zur parenteralen Anwendung bei Menschen (Frischzellentherapie bzw. Gefrierzellentherapie) sind bedenkliche Arzneimittel i.S.d. Arzneimittelgesetzes und können gemäß § 5 AMG verboten werden. Kein Ärzteprivileg gemäß § 13 Abs. 2b S. 1 AMG, Ratzel GesR 2019, 360, 361.
In diesem Zusammenhang kann auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht eine Rolle spielen, BVerfGE 65, 1, 43, Recht auf informationelle Selbstbestimmung; BVerfG Beschl. v. 9.1.2006 – 2 BvR 443/02, MedR 2006, 419, Einsichtsrecht in Krankenunterlagen eines im Maßregelvollzug Untergebrachten; BVerfG Beschl. v. 23.10.2006 – 1 BvR 2027/02, MedR 2007, 351, Unwirksamkeit weitgefasster Schweigepflichtentbindungserklärungen der Versicherungswirtschaft (hier: Berufsunfähigkeitsversicherung).
Quaas/Zuck § 2 Rn. 8 f.
Wohltuend sachlich Kirchhof Das Gesetz der Hydra, 2006, Kapitel VI, Der Traum von der ewigen Jugend, 141 ff.
BVerfG Beschl. v. 26.2.2013 – 1 BvR 2045/12.
BVerfG Beschl. v. 12.12.2012 – 1 BvR 69/09, eine Vorlagepflicht zum EuGH besteht nicht.
BVerfG Beschl. v. 26.3.2014 – 1 BvR 2415/13, NJW 2014, 2176.
BSG Urt. v. 8.3.1990 – 3 RK 24/89, NJW 1990, 2959; BSG Urt. v. 19.9.2007 – B 1 KR 6/07. Altersgrenze Männer 50 Jahre zulässig; BSG Urt. v. 3.3.2009 – B 1 KR 7/08, Altersgrenze Frauen 40 Jahre zulässig; BSG Urt. v. 25.6.2009 – B 3 KR 9/09 R, Leistungsausschluss nach drei erfolglosen Versuchen verfassungsgemäß.
BVerfG Urt. v. 28.2.2007 – 1 BvL 5/03, GesR 2007, 188 ff., Gesetzgeber könnte aber andere Regelung treffen.
BVerfG Urt. v. 28.2.2007 – 1 BvL 5/03, GesR 2007, 188 ff. Ziff. 3a unter Verweis auf BSG Urt. v. 3.4.2001 – B 1 KR 40/00, BSGE 88, 62, 64, § 27a begründe einen eigenen Versicherungsfall.
BGH Urt. v. 17.12.1986 – IV a ZR 78/85, MedR 1987, 182; BGH Urt. v. 23.9.1987 – IV a ZR 59/86, MedR 1988, 34; BGH Urt. v. 21.9.2005 – IV ZR 113/04 zu den Voraussetzungen der medizinischen Notwendigkeit und der Erfolgsaussichten; Kosten als außergewöhnliche Belastung aber auch bei nicht verheiratetem Paar steuerlich zu berücksichtigen, wenn Maßnahme in Übereinstimmung mit BO, BFH Urt. v. 10.5.2007 – III R 47/05, NJW 2007, 3596 unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung.
BVerfG Beschl. v. 28.1.2013 – 1 BvR 274/12, GesR 2013, 308 (diskriminierend).
BGBl. I 2015, 1368; Welti Das Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention – was bringt das Präventionsgesetz?, GuP 2015, 211 ff.
Zustimmend Schaks/Krahnert Die Einführung einer Impfpflicht zur Bekämpfung der Masern. Eine zulässige staatliche Handlungsoption, MedR 2015, 860 ff.
HK-AKM/Lissel Infektionsschutzrecht, 2605, Rn. 97 ff.
BVerwG Urt. v. 22.3.2012 – 3 C 16.11, BVerwGE 142, 205; VG München Beschl. v. 24.3.2009 – 18 E 09.1208; VG Berlin Beschl. v. 11.3.2015 – 14 L 35.15 und 14 L 36.15; VG Hamburg Beschl. v. 18.2.2009 – 2 E 345/09; a.A. VG Gera Beschl. v. 16.4.2019 – 6 E 557/19, es gebe keine allgemeine Impfpflicht, aber einen Anspruch auf Gestellung eines Platzes in einer Kindertageseinrichtung.
Der SPIEGEL 14/2019 v. 30.3.2019, 13 ff.; für besondere Personengruppen z.B. Soldaten gab es schon bisher eine Impfpflicht, BVerwG Beschl. v. 24.9.1969 – I WDB 11.68, BVerwGE 33, 339.
BVerwG Urt. v. 14.7.1959 – I C 170, 56, BVerwGE 9, 78 ff.; so auch BGH Gutachten v. 25.1.1952 – VRG 5/51, BGHSt 4, 375.
Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes über die Pockenschutzimpfung v. 24.11.1982, BGBl. I, 1529.
Schaks/Krahnert MedR 2015, 860, 864, 865 m.w.N.; Sachs/Murswick/Rixen GG, 8. Aufl. 2018, Art. 2 Rn. 186.
Wahrscheinlichkeit