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wird.
Manchmal ereignet sich der Schritt vom Sehen zum Erkennen unmittelbar, ohne daß eine Zwischenstufe ausdrücklich benannt wird. Ez 10,20 spricht aus, wie der Prophet in seiner Vision von der Herrrlichkeit Gottes, wie sie die vorhergehenden Verse beschreiben, in den Kerubim die Lebewesen aus der ähnlichen Vision in Kap. 1 wiedererkennt.
Wenn Ez 14,22 das Schicksal der zweiten Deportation vorwegnimmt, heißt es an die Adresse der Betroffenen der ersten Deportation, die die aus der zweiten aufzunehmen haben werden:
Objekt des Sehens sind die „Wege und Taten“ der Jerusalemer, die den Exulanten durch die erneute Deportation Überlebender sichtbar werden; damit also etwas, das ein sittliches und religiöses Urteil herausfordert. Es ist ein Urteil, das den Betroffenen freigestellt wird. Sie sollen nicht durch eine Argumentationskette überzeugt werden, sondern durch das, was sie mit eigenen Augen wahrnehmen können. Wie das Sehen Verstehen ermöglichen und die Fähigkeit verleihen soll, sich ein eigenes Urteil zu bilden, wird hier besonders deutlich. Denn mit dem Trost, mit dem sich die schon Exilierten über die Zerstörung Jerusalems hinweghelfen, ist die Einsicht in Sinn und Berechtigung dieser als Gericht zu verstehenden Katastrophe mitgedacht. Die Gotteserkenntnis wäre die höchste Stufe in diesem Verstehensprozeß, der gemäß der ez Theologie vom Sehen den Ausgangspunkt nimmt.
Im 18. Kap. wird das „Sehen“ zum Anlaß einer Verhaltensänderung innerhalb einer kasuistisch wirkenden Beispielreihe. Bei diesem Generationenvergleich zu Beginn des Kapitels, der deutlich macht, daß die Eingebundenheit in eine Familie die eigene freie Willlensentscheidung nicht behindern muß, leitet ein solches „Sehen“ bei dem „guten“ Sohn in V. 14 die Entscheidung ein, sich nicht an das trügerische Beispiel des „schlechten“ Vaters zu halten:
„Und siehe, er zeugt einen Sohn und der sieht alle Sünden seines Vaters, die er tut, er sieht sie und tut nicht ihnen entsprechend.“
Damit ist auch hier das Sehen kein gleichgültiges, neutrales Beobachten, sondern die Voraussetzung für ein geistiges Urteil, dem eine persönliche Entscheidung für das eigene Handeln folgt.
In 18,28 verhält es sich ganz ähnlich, nur daß hier der einsichtige Sünder die eigenen Taten sieht, wie trotz fehlender ausdrücklicher Benennung des Objekts anzunehmen ist, und dadurch zu einer Kehrtwende in seinem Leben bewogen wird.
Im 23. Kap. hat, im Gegensatz zum 18., wo das „Sehen“ des Schlechten Anlaß zu Besinnung und Umkehr wird, dieses „Sehen“ bei der Jerusalem verkörpernden Oholiba den umgekehrten Erfolg. Von ihr heißt es in V. 11:
Von dem zu Sehenden geht oft eine Warnung aus, wie sie in 33,1-9 der Prophet als Wächter vermitteln soll. Es stellt den Menschen vor eine Wahl und macht dem Einzelnen sowohl die Freiheit zu wählen, als auch die mit einer getroffenen Wahl verbundenen Konsequenzen bewußt. Man möchte bei Verwarnung zunächt an Worte denken, die zu hören waren. Aber ein Prophet wie Ezechiel hat auch viel durch Symbolhandlungen gewirkt, bei denen es zunächst, bevor eine Erklärung folgte, nur etwas zu sehen gab (Vgl. z.B. 12,1-7; 37,15-17). Aber auch viele seiner Reden bedienen sich der Bildworte, wie sie sich an eine sinnenfrohe Phantasie wenden. Der ganze Abschnitt 33,1-9 kann in gewisser Hinsicht als paradigmatisch für das Verhältnis von Sehen und Hören aufgefaßt werden: das anrückende Schwert wird gesehen; die weitergegebene Warnung davor wird gehört. Damit erhält das prophetische Sehen eine größere Exklusivität gegenüber dem Hören. Denn weit sehen vermag hiernach nur der auf einen besonderen Posten gestellte Wächter, der Prophet, während das Zuhören für alle gilt.
In 16,6 ist es Gott selbst, der bei seinem Vorübergang das Findelkind sieht:
- „da ging ich an dir vorüber und sah dich, und siehe deine Zeit, die Zeit der Liebe.“ Gott sieht erneut die durch die Metapher „Liebe“ angedeuteten Möglichkeiten, die dem Entwicklungsstadium der jungen Frau entsprechen. In Ez 23,13 geschieht es ihm mit Oholiba, der Schwester von Ohola:
Eine scheinbar neutrale Stelle findet sich in 19,11. Von dem Weinstock, der unmittelbar vorher mit der wahrscheinlich das Königshaus